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Beflügelte Oldies im Rathaus

Informationstechnologie. - Unter dem Schlagwort "E-Government" wird dem Bürger versprochen, bei Behördengängen nicht länger in der Schlange stehen und lange warten zu müssen - wenn er denn ins virtuelle Rathaus geht. Doch bislang ist daraus nicht viel geworden, bis auf die elektronische Steuererklärung und einige Formulare zum Selbstdrucken. Der Grund: die Software der Kommunen ist veraltet und untereinander oftmals inkompatibel. Das E-Government-Labor des Berliner Fraunhofer-Instituts für Offene Kommunikationssysteme tritt an, um den Mangel zu beheben.

Von Wolfgang Noelke |
    Jeder, der umzieht weiß, dass man sich persönlich noch einmal abmelden muss in der Kommune, die man verlässt. Hat man dies vergessen, muss man dafür sogar mehrere hundert Kilometer reisen. Abmelden vom neuen Wohnort aus war nur selten möglich: Dort gab es andere Formulare, mit denen die Bürokraten des alten Wohnortes nichts anzufangen wussten. Selbst wenn beide Meldebehörden ihre Bürgerdaten elektronisch verarbeiten würden und eventuell miteinander vernetzt wären, käme auf der anderen Seite nur Datensalat an. Nicht einmal innerhalb vieler Landkreise kann man deswegen die Vorteile der Vernetzung ausspielen, weil jede Kommune vielleicht ein anderes, eventuell vor Urzeiten geschriebenes Computerprogramm nutzt. Diese Probleme will jetzt das Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme in Berlin lösen. Laborleiter Gerd Schürmann:

    Zur Zeit ist es ja so, dass die Kommunen noch nicht richtig glauben, dass die Interoperabilität technologisch möglich ist, dass also verschiedene Herstellerplattformen zusammenspielen und dass diese so genannten Alt-Verfahren überhaupt integriert werden können. Unser Beitrag ist, dass es tatsächlich technisch machbar ist. Diese Dienste-Integration oder Adapter werden entweder von den Herstellern oder von Fraunhofer FOKUS gebaut. Das ermöglicht zwischen den Kommunen ein bruchloses Arbeiten.

    Diese so genannten Adapter zu konstruieren, dauert einige Wochen oder manchmal sogar Monate, je nachdem, wie komplex ein kommunales System bereits ausgebaut ist. Diese teure und zeitaufwendige Programmierarbeit müssen die Kommunen jedoch nicht allein tragen. Ein einmal konstruiertes Adapterprogramm, so Gerd Schürmann, steht anschließend vielen Kommunen zur Verfügung:

    Die Anforderungen an die Kommunen hinsichtlich der Dienste, die dem Bürger bereitgestellt werden, steigen immens. Andererseits: Die Zahl des Personals sinkt. Das heißt, um das auszugleichen, müssten die Kommunen ganz viele Fachverfahren kaufen. So viel Geld ist aber überhaupt nicht vorhanden. Also ist die Idee: eine Kommune stellt beispielsweise einen Dienst bereit, eine andere Kommune einen anderen Dienst und jetzt muss man natürlich den Bürgern der einen Kommune den Dienst der anderen Kommune bereitstellen und dazu braucht man die Interoperabilität. Dadurch wird das Ganze viel kostengünstiger.

    Hilfreich, so Kai-Uwe Schmidt, Spezialist für diese digitale Zusammenarbeit der Programme, ist die vor einigen Jahren entwickelte digitale Programmsprache XML. Hier sind unabhängig von den verwendeten Programmen, mit denen beispielsweise die Daten einer Geburtsurkunde geschrieben wurden, die Nutzdaten von den Programmdaten grundsätzlich getrennt - und übertragen werden nur die Nutzdaten. Diese Nutzdaten nach der Übertragung in ein anderes Programm einer anderen Kommune wieder richtig einzuordnen ist die einzige Aufgabe der kleinen Adapterprogramme:

    Da es verschiedene Verwaltungsvorschriften innerhalb Deutschlands gibt, sind verschiedene Plattformen, verschiedene Betriebssysteme, verschiedene Implementierungen der Fachverfahren zurzeit im Einsatz. Um bundesweit gemeinsam operieren zu können, sind diese neuen Technologien wie XML, diese Fachadapter notwendig, um die interkommunale Kommunikation zu ermöglichen.

    Mehr als 20 Rechner und mindestens ebenso viele verschiedene Softwarewelten arbeiten zusammen in dem hinter dicken Stahltüren verschlossenen Labor des Fraunhofer-Instituts FOKUS. Eine Internetverbindung, über die interessierte Kommunen mal schnell ausprobieren könnten, ob die Technik auch funktioniert, bietet das Institut nicht, bedauert Kai-Uwe Schmidt mit Hinweis auf die Sicherheit:

    Sie können sich im Prinzip nicht hier reinschalten. Das Labor ist nach außen hin abgeschottet. Was Sie können: Sie können ihre Sachbearbeiter hierher schicken, wir können Ihnen verschiedene Szenarien demonstrieren, sie können auch sagen, was sie einsetzen und können diese Szenarien hier auch integrieren und demonstrieren. Das Weiteren ist geplant, dass wir mobile Workshops anbieten, das heißt, dass wir tatsächlich von Kommune zu Kommune reisen mit entsprechenden Laptops, nicht ganz mit dieser Rechenpower, die wir hier haben, aber auch mit Szenarien, die wir dann live dort demonstrieren können.