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Begabtenförderungswerk für Muslime vergibt Stipendien

Bis 2017 sollen bei Avicenna 400 Stipendiaten finanziell gefördert werden. Die Gelder werden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung zur Verfügung gestellt. Das Begabtenförderungswerk für Muslime ist nach dem persischen Universalgelehrten Avicenna benannt.

Von Verena Herb |
    "Heute ist ein historischer Tag für die etwa vier Millionen in Deutschland lebenden Muslime."

    Sagt Bülent Ucar, Professor für Islamische Religionspädagogik an der Uni Osnabrück und Vorsitzender des Avicenna-Studienwerks, das heute als 13. Mitglied in den Kreis der staatlich geförderten Begabtenförderungswerke aufgenommen wurde. Bülent Ucar und auch Bildungsministerin Johanna Wanka, CDU machen deutlich: Das Potenzial unter jungen Muslimen in Deutschland sei groß und werde bisher kaum gefördert. Avicenna soll nun ein weiterer Schritt in diese Richtung sein.

    Nach Schätzungen sind drei Prozent der Studierenden in Deutschland Muslime, Tendenz steigend – so Johanna Wanka:

    "Das heißt, wir haben muslimische Studenten und Doktoranden und wir haben dort ein großes intellektuelles Potenzial und wir haben herausragende, sehr gute muslimische Studentinnen und Studenten, die wichtig sind für das was wir in Deutschland brauchen, für Innovation und Kreativität."

    Deshalb sei es nur eine logische Konsequenz, dass neben den konfessionellen Begabtenförderungswerken, die es schon gibt – dem evangelischen Studienwerk, dem katholischen Cusanuswerk und dem jüdischen Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk – mit dem Avicenna-Studienwerk nun auch Förderung für muslimische Studierende hinzukomme. Johanna Wanka:
    "Der Kreis der Begabtenförderwerke in Deutschland wird um eines reicher, erweitert. Und die Pluralität, die uns ein wichtiges Anliegen ist, wird damit, glaube ich, auch deutlich unter Beweis gestellt."

    Zwei ehemalige Stipendiaten – ein Muslim, ein Nicht-Muslim – schrieben Bülent Ucar, der ebenfalls Direktor für Islamische Theologie an der Universität Osnabrück ist, einen Brief, in dem sie ihm von der Idee eines Studienwerkes speziell für Muslime erzählten und deutlich machten: Dies sei ein längst überfälliges Signal. Im April 2012 wurde daraufhin der Verein Avicenna in Osnabrück gegründet – und zum Wintersemester 2014/2015 sollen die ersten Stipendiaten angenommen werden.

    Die müssen – neben herausragenden akademischen Leistungen - auch gesellschaftliches Engagement zeigen. Ziel ist es, bis 2017 400 Stipendiaten zu fördern: Das Grundstipendium beträgt – je nach Einkommenslage – 670 Euro plus 150 Euro Büchergeld. Doktoranden erhalten 1050 Euro plus 100 Euro Forschungskostenpauschale. Diese Fördergelder werden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung zur Verfügung gestellt.

    Neben der finanziellen Unterstützung komme jedoch die nicht minder wichtige ideelle Förderung dazu. Bülent Ucar:

    "Übergeordnetes Ziel der ideellen Förderung des Avicenna-Studienwerkes ist die Persönlichkeitsentwicklung unserer Stipendiaten in verschiedenen Themenclustern. Stipendiatisches Engagement, die Übernahme von gesellschaftlicher Verantwortung und fachliche Exzellenz fördern wir im Rahmen von Sommerakademien, Sprachkursen, Seminaren und Kollegs. Im Themenbereich islamische Lebensweise bieten wir unseren Stipendiaten die Möglichkeit, den eigenen Glauben und dessen Werte zu leben, gemeinsam mit anderen zu reflektieren und zu diskutieren."

    Entsprechend sei das Bekenntnis zum muslimischen Glauben Voraussetzung, um ein Stipendium des Avicenna-Studienwerkes zu erhalten. Bülent Ucar:

    "Das heißt konkret, wir werden uns orientieren an den Maßstäben des Cusanus-Werkes, des evangelischen Villigst-Werkes wie auch des ELES. Die künftigen Stipendiatinnen und Stipendiaten müssen bekennende Muslime sein. Das wir schon erwartet in diese Form. Aber es wird keinerlei Fragen zur Religionsausübung, der Religionspraxis oder der Religionsorientierung geben. "

    Mit der Gründung des Avicenna-Studienwerks wird es fortan dreizehn staatlich geförderte Begabtenförderungswerke in der Bundesrepublik geben. Neben der Studienstiftung des deutschen Volkes und der Stiftung der deutschen Wirtschaft sind das ebenfalls die fünf parteinahen Stiftungen in Deutschland, die spezielle Stipendien für Studierende vergeben.