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Begehrte Kunststoffe

Carbonfaserverstärkte Kunststoffe sind wegen ihres geringen Gewichts und ihrer großen Stabilität sehr begehrte Stoffe. In der weltweit ersten Anlage im niedersächsischen Wischhafen werden die wertvollen Carbonfasern recycelt.

Von Von Jörn Pietschke | 17.02.2011
    Das Herzstück der mehr als fünf Millionen Euro teuren Recyclinganlage ist ein spezieller Pyrolyseofen. Zwei der 700 Mitarbeiter des niedersächsischen Mittelständlers Karl Meyer haben die Abfälle aus Carbonfaserwerkstoff vorsortiert und schieben sie jetzt wie Butterkuchen auf einem Backblech in den Ofen. Die Trennung des Harzes von den wertvollen Carbonfaser ist dabei das Ziel. CfK-Recyclingsgeschäftsführer Oliver Grundmann erläutert, wie das weltweit erste Recyclingverfahren für Carbonfaserwerkstoffe funktioniert:

    "Das ist ein sogenanntes Pyrolyseverfahren. Und der Faserverbundstoff, der zur Hälfte etwa aus Kunststoff besteht, also aus einem Klebstoff und zur Hälfte aus dem sehr hochwertigen, kostbaren Carbonfasern, der wird dann voneinander getrennt. Also die Harzmatrix wird verdampft und die Carbonfasern bleiben zurück."

    Das schwarze Gold in der Palette der extrem leichten und dabei hochfesten Werkstoffe, es kommt am Ende als silberglänzende Carbonfasermatte wieder aus dem Ofen heraus. In einem weiteren Schritt wird das Material je nach Kundenwunsch zerkleinert und dient so als Beimischung für neue Produkte. Ein früherer Flugzeugflügel erlebt so vielleicht als stabile Handyschale oder leichte Innenverkleidung eines Flugzeugs sein zweites Leben. Der Wertstoffkreislauf für das wertvolle Carbon ist dank der neuen Anlagen im niedersächsischen Wischhafen geschlossen worden:

    "Und das war eben auch die Überlegung. So wir müssen gucken, dass wir diese hochwertigen Fasern wieder in den Stoffkreislauf zurückgewinnen. Die letzten Jahre wurde es nämlich einfach nur verbrannt und die Müllverbrennungsanlagen konnten es nicht mal annehmen, weil es nämlich sehr hoch kalorisch ist. Und man kann es gar nicht richtig verbrennungstechnisch zersetzen. Und wir haben jetzt ein sehr, sehr innovatives Verfahren entwickelt, wo wir im Grunde die Carbonfasern wieder in einer Qualität zurückgewinnen, die annährend der Qualität der Neufaser entspricht."

    Der wichtigste Aspekt der neuen Recyclinganlage ist aber die Wiederverwertung des Materials. Erst durch die Recyclinganlage kann CfK jetzt auch in der Serienfertigung etwa in der Automobilindustrie Einzug halten. Hier sind geschlossene Wertstoffkreisläufe nämlich keine Kür, sondern Pflicht, so CfK-Experte Professor Axel Herrmann:

    "Wir müssen im Automobilbau nachweisen, dass wir alle Werkstoffe zurückführen können. Und das ist hiermit bewiesen worden. Es gibt jetzt eine Anlage, die bis zu 800 Tonnen pro Jahr recyceln kann. Und damit ist dieser Werkstoff frei, um ihn im Automobilbau einzusetzen."

    Das gerade vorgestellte Ein-Liter-Auto von Volkswagen wäre ohne den leichten Werkstoff nicht denkbar. BMW baut bereits Autodächer aus CfK. Das Material, das im Flugzeugbau seinen Siegeszug begonnen hat, kann erst durch die funktionierende Recyclingkette auch in der Autoindustrie durchstarten. Die Abfälle, die in Wischhafen recycelt werden, sie stammen aber noch ganz überwiegend aus dem Flugzeugbau, aus den deutschen und spanischen Airbuswerken, die mit CfK in der industriellen Serienfertigung die meiste Erfahrung haben und sich angesichts der Verkaufspreise für ein Flugzeug den teuren Werkstoff leisten können. Oliver Grundmann:

    "Also Carbonfasern - CfK - ist ein Werkstoff, der sehr teuer ist. Er wird auch zurzeit überwiegend in der Luftfahrtbranche eingesetzt. Und im Automobilbereich überwiegend noch im Premiumbereich. Beispiel: Der Bugatti Weyron wird komplett aus CfK gefertigt. BMW macht daraus Autodächer. Sie haben sicher in der Presse verfolgt: Das Megacity-Vehikel wird zukünftig komplett aus CfK gebaut. Aber es ist noch ein sehr hochpreisiger Bereich."

    Und deshalb hofft der Müllentsorger aus Wischhafen, mit dem schwarzen Gold CfK ganz schnell schwarze Zahlen in der weltweit ersten Cfk-Recyclinganlage zu schreiben.