Archiv


Begeisterung und Interesse wecken

Frankreich und Deutschland pflegen auf öffentlicher politischer Ebene eine sehr enge, fast schon freundschaftliche Beziehung. Deutsch als Fremdsprache hat an französischen Schulen allerdings einen schweren Stand. Seit einigen Jahren steigt das Interesse aber wieder - und das hat viel mit der Arbeit des so genannten DeutschMobils zu tun.

Von Michael Naumann |
    Es ist ein sonniger November-Morgen, an dem Nora ihren weißen Minibus startet. Sie fährt mit dem DeutschMobil an eine Schule im Stadtgebiet von Montpellier. Der Auftrag ist klar.

    "Ich möchte Kindern Lust auf Deutschland machen und ihnen zeigen, dass es immer eine Reise wert ist und geografisch ja gar nicht soweit weg, viele wissen das gar nicht. Und die Sprache ist einfacher als man denkt. Man kann Deutsch ziemlich schnell verstehen. Ich bin in dem Moment nicht Lehrerin, sondern einfach ein Besucher aus Deutschland."

    Vier Klassen besucht Nora an diesem Vormittag. Jedes mal sitzen vor ihr mehr als zwanzig Schüler, denen sie sich auf Deutsch vorstellt.

    45 Minuten ist Nora in jeder Klasse zu Gast. Der Großteil der Kids hat noch nie ein Wort Deutsch gelernt, geschweige denn einen Deutschen getroffen. Bei Nora aber ist das Eis schnell gebrochen.

    "Spiele sind absolut beliebt. Wettbewerbe, bei denen man gar nicht merkt, dass es um die Sprache geht. Z.B. Memory, das kennen sie und da sind sie so vertieft, dass sie gar nicht merken, wie sie dabei Worte lernen. Ich versuche ganz viel mit Spielen und Bewegung zu machen. Und mit Musik natürlich, denn über Musik und Singen kann man gut Hemmungen abbauen. Und es vermittelt schließlich auch Kultur, wenn ich da Musik anbringe."

    Mit Musik kennt sich Nora aus – das und Französisch hat sie in Potsdam auf Lehramt studiert. Im Sommer ist sie fertig geworden und bewarb sich beim DeutschMobil. Nun betreut sie seit Kurzem die Gegend um Montpellier, wo vor sechs Jahren die Idee zum DeutschMobil geboren wurde. Und zwar von Kurt Brenner, dem Präsidenten der Föderation deutsch-französischer Häuser. Mit Schrecken sah er damals, dass immer weniger Schüler in Frankreich Deutsch lernen wollten.

    "Und so kam ich auf die Idee, junge Deutsche Lektorinnen, Stipendiaten der Bosch-Stiftung, in die Schule zu schicken, damit die Schüler Kontakt haben mit jungen Deutschen. Und so sollen sie einen Anreiz kriegen, Deutsch als Sprache zu wählen."

    Im Dezember 2000 schickte Brenner das erste DeutschMobil los – ein Auto vollgepackt mit Infomaterial und Spielen über Deutschland und seine Sprache. Heute fahren in ganz Frankreich schon neun solcher Mobile, das Zehnte ist gerade in Planung.

    "Dort, wo wir aktiv waren, stieg Deutsch als erste Sprache um 25 Prozent und in der zweiten um 50 Prozent. Wir haben viele Klassen gerettet, die vor dem Aus standen. Und wenn erst mal in einem College überhaupt kein Kurs mehr ist, dann ist es extrem schwer, wieder einen aufzubauen."

    Das Erfolgsgeheimnis des DeutschMobils liegt laut Brenner darin, dass auf das normale Prinzip "junger Schüler/ alter Lehrer" verzichtet wird. Über junge Menschen wie Nora soll der Kontakt zu Sprache und Kultur zustande kommen.

    #ä# Das spielt natürlich eine große Rolle: die Identifikation mit mir. Sie sehen, wie man als junger Mensch kurz nach dem Studium ins Ausland gehen kann und so viele Möglichkeiten hat."

    Deshalb sind beim DeutschMobil vor allem Studenten und frischgebackene Absolventen als Lektoren gefragt.

    " Wir sind bis jetzt hervorragend gefahren. Es sind anerkannte Botschafterinnen Deutschlands – sympathisch, aufgeschlossen, engagiert – die ein Jahr lang diese Aufgabe wahrnehmen. Und für viele unserer Lektorinnen ist es ein Sprungbrett in einen Beruf. Man kann dabei gut Beziehungen herstellen."

    Soweit will Nora noch gar nicht denken. Dazu geht sie auch viel zu sehr auf in ihrer momentanen Rolle als Botschafterin der deutschen Sprache.

    " Für mich ist das hier eine Art Ausbruch aus dem relativ geradlinigen Weg vom Studium ins Berufsleben noch mal in eine ganz neue Welt.

    Und in dieser Welt wird Nora nun bis zum Sommer jeden Tag eine andere Schule besuchen. So wie ihre Kolleginnen im Vorjahr auch. Alle DeutschMobile zusammen sind da mehr als 90.000 Kilometer durch Frankreich gefahren und brachten fast 50.000 Schülern die ersten deutschen Worte bei.

    Service
    Wer jetzt Lust bekommen hat, kann sich beim Deutschmobil nähere Informationen besorgen. Bewerben kann man sich übrigens über die Robert-Bosch-Stiftung, die dafür Stipendien ausschreibt. Jeder, der Französisch spricht und sich ein bisschen mit Land und Leuten beschäftigt hat, kann sich dort bewerben.