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Beginn des "Synodalen Wegs"
Theologin Sattler: "Beschlüsse werden auf jeden Fall gefasst"

Die Theologieprofessorin Dorothea Sattler leitet das Frauenforum im Diskussionsprozess der Katholischen Kirche. Nicht der Zugang von Frauen zu den kirchlichen Diensten und Ämtern ist begründungspflichtig, sondern deren Ausschluss, sagt sie.

Von Kirsten Dietrich | 31.01.2020
Die Bischöfe beten beim Eröffnungsgottesdienst der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz im Fuldaer Dom.
Der "Synodale Weg" soll Klarheit schaffen, wie es weiter geht mit der katholischen Kirche in Deutschland (picture alliance/dpa - Frank Rumpenhorst)
Bei einem ist Dorothea Sattler sicher: "Beschlüsse werden auf jeden Fall gefasst werden."
Wenn auch vor tatsächlichen Beschlüssen noch mehrere intensive Synodalversammlungen stehen werden.
"Damit nicht Eindruck entsteht, wir reden mal wieder miteinander, aber am Ende ist kein Ergebnis in Sicht", so Sattler.
Einfach nur miteinander reden, Dialogprozesse – das hat es in der katholischen Kirche in den letzten Jahren genug gegeben. Die Versuche, zwischen Gemeindebasis und Amtsträgern wieder Nähe herzustellen, waren sicher gut gemeint, brachten aber keine konkreten Ergebnisse. Das soll mit dem Synodalen Weg jetzt anders werden: Die 230 Delegierten haben konkrete Themenvorgaben, zu denen Vorbereitungsgruppen auch konkrete Veränderungsvorschläge entwickelt haben, dazu ein abgestuftes Verfahren, wie mehrfache Diskussion und Überarbeitung zu konkreten Beschlüssen führen können. Dorothea Sattler leitet gemeinsam mit dem Osnabrücker Bischof ein Teilforum über "Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche".
"Da wir das Thema im Frühjahr 2019 eingefordert haben, wurden wir an vierte Stelle gesetzt. Wir sind erstmal froh gewesen, dass die Bischöfe überhaupt zugestimmt, mit uns, ZdK, den Weg gehen. Inzwischen ist es drittes Thema, weil es an die Frage nach priesterlichen Lebensformen anschließt. Das finde sehr gut, denn damit wird dem auch noch mal ein thematischer Ort zugewiesen, und Zusammenhänge erkannt."
Arbeitsgruppen zu Sexualethik, Macht und Frauen in der Kirche
Sattler hofft bei der Synodalversammlung auf eine inhaltlich fundierte Diskussion. Es gehe nicht darum, sich Reizworte um die Ohren zu schlagen, sondern auf die Quellen zu schauen und von daher Möglichkeiten abzuleiten, um heute Dinge zu ändern. Welche Schlüsse Dorothea Sattler aus den Quellen zieht, hat sie mit anderen in den sogenannten Osnabrücker Thesen von 2017 festgelegt. In ihnen heißt es unter anderem: Nicht der Zugang von Frauen zu den kirchlichen Diensten und Ämtern ist begründungspflichtig, sondern deren Ausschluss. Diese Position ist beim Synodalen Weg sicher nicht Konsens. Wichtig sei, sagt Sattler, aus den verschiedenen Positionen Möglichkeiten für konkrete Veränderungen zu schöpfen. So würden beim Eröffnungsgottesdienst im Frankfurter Dom sogenannte Zeugnisse zum Evangelium auch von Frauen vorgetragen – obwohl die Eröffnung kein Wortgottesdienst ist, sondern eine Eucharistiefeier. Kleine Schritte – aber wichtige Schritte auf dem Weg zu notwendiger Veränderung, findet Dorothea Sattler.
Dorothea Sattler von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster
Dorothea Sattler von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (privat)
"Ein mögliches Ergebnis wäre, was sich schon abzeichnet in Diözesen, oft schon gelebt, aber jetzt institutionalisiert werden könnte, wenn auch Frauen, auch Männer, die nicht ordiniert, nach Verkündigung Evangelium auch in der Predigt verkündigen können."
Die weiteren Arbeitsgruppen beschäftigen sich mit Macht und Gewaltenteilung, mit priesterlichem Leben und mit Fragen der Sexualethik. Ob diese zentralen Fragen gemeinsam von Priestern und Laien verbindlich besprochen werden dürfen, führte schon im Vorfeld zu heftigen Debatten, innerhalb der deutschen Kirche und auch im Vatikan.
"Wir suchen nicht den deutschen Sonderweg, sondern eine möglichst transparente Gestalt der Debatte, damit auch in der Öffentlichkeit deutlich wird, wo die Polarisierungen sind und dann auch möglichst die besseren Argumente Gehör finden."
Verfahren der Glaubenskongregation gegen Sattler
Wie schwierig das manchmal ist, erfährt Dorothea Sattler gerade am eigenen Leib: wegen ihrer Positionen zum Amt für Frauen wurde bei der Glaubenskongregation in Rom ein Verfahren gegen sie eröffnet. Sattler will sich davon nicht entmutigen oder gar zum Schweigen bringen lassen: Sie sei nur eine von vielen Theologinnen und Theologen, die die Quellen neu interpretieren, und dass der Vatikan so harsch reagiere, zeige ja nur, dass die Kritik offensichtlich einen Nerv getroffen habe.
"Das können wir als Hoffnungszeichen werten: Das bedeutet eben auch, dass entsprechende kuriale Kreise merken, dass ein einfaches Verbot oder Hinweis, sei alles schon entschieden, nicht genügt, dass man Argumente braucht. Dass man auch über den Grad an Verbindlichkeit schon vorliegender Lehrtexte mit Mitteln der akademischen Theologie und den entsprechenden Kriterien, die dabei vorgesehen in sind in der theologischen Erkenntnislehre, nachdenken muss. Und dass man auch an dieser Stelle argumentieren muss und nicht einfach die Wiederholung einer Behauptung schon Gesetz ist."
Ob die Versammlung in Frankfurt mehr ist als ein nettes, aber folgenloses Gespräch? Für Dorothea Sattler gibt es da eigentlich keine Wahl:
Papst Franziskus hat uns aufgetragen, synodale Kirche zu sein, das beginnt jetzt gerade.