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Begins Triumph

Die konservativ-nationalistische Opposition in Israel hatte lange auf ihre Chance warten müssen. Doch im Mai 1977 gewann sie die Wahlen. Menachem Begin wurde israelischer Ministerpräsident. Er brachte seinem Land den Frieden mit Ägypten, stürzte es aber auch in einem Krieg mit dem Libanon.

Von Peter Philipp | 17.05.2007
    "Ohne böse Absichten gegenüber jemandem, mit Wohltätigkeit für alle, mit Standfestigkeit im Recht, so wie Gott uns die Fähigkeit gibt, das Recht zu sehen …"

    Für den Führer des nationalistischen Likud-Blocks ist es mehr als ungewöhnlich, den Wahlsieg mit einem Zitat Abraham Lincolns zu feiern - und das auch noch in Englisch. Zum ersten Mal ist die rechtskonservative Opposition mehrheitlich gewählt worden und das Ende der bislang ungebrochenen Herrschaft der Sozialdemokraten gekommen: ein politisches Erdbeben, wie es Israel noch nicht erlebt ha. das man aber eigentlich hatte kommen sehen.

    Begonnen hat alles im Herbst 1973, als Ägypten und Syrien der Überraschungsangriff des Oktoberkrieges gelingt und Israel an den Rand einer Niederlage gerät. Ministerpräsidentin Golda Meir muss die schwere Schlappe mit dem Rücktritt bezahlen, noch glaubt man aber, einen Hoffnungsträger aufbieten zu können: Ex-Generalstabschef Jizchak Rabin tritt 1974 Meirs Nachfolge an. Nach drei Jahren ist aber auch für ihn Schluss: Der Skandal um ein unerlaubtes Auslandskonto aus seiner Zeit als Botschafter in Washington und eine Koalitionskrise mit den Religiösen wegen der Missachtung des Schabbat zwingen Rabin zum Rücktritt und zur Abhaltung von Neuwahlen.

    Das Unerwartete tritt ein: Die Nationalisten erringen 43 der 120 Knesset-Mandate, die Arbeiterpartei fällt auf 32 zurück. Klarer Wahlsieger ist Menachem Begin, vor Staatsgründung als Führer der rechten Irgun verantwortlich für eine Reihe von Terroranschlägen, ein Gegner der Aufnahme von Beziehungen mit Deutschland und ein Verfechter des Gedankens von Groß-Israel, der sich 1948 gegen die Teilung Palästinas in einen jüdischen und einen arabischen Staat ausgesprochen hatte.

    Nach dem Oktoberkrieg war es Begin gelungen, seine rechte Herut-Partei mit anderen zum Likud zusammenzuschließen und sich als attraktive Alternative anzubieten besonders für orientalische Juden, für Einwanderer aus der Sowjetunion und für den wachsenden Mittelstand. Sie alle wollen nichts von Sozialismus hören, für sie steht die wirtschaftliche Lage im Mittelpunkt und sie sind skeptisch bis ablehnend gegenüber den Arabern. Umso überraschender, dass Begin die Frage eines Friedens zum ersten Thema macht:

    "Meine Hoffnung ist: Wenn wir von der Knesset das Vertrauen ausgesprochen bekommen haben für die neue Regierung, die wir ihr vorschlagen werden, dann werden wir uns mit Zustimmung der Knesset an Präsident Sadat, Präsident Assad und König Hussein mit dem Vorschlag wenden, Verhandlungen aufzunehmen, entweder abwechselnd in unseren Hauptstädten oder an einem neutralen Ort wie Genf, um zwischen ihnen und dem Staat Israel einen Friedensvertrag zu unterzeichnen."

    Kritiker Begins stellen rasch fest, dass dies keine reine Rhetorik ist: Geheimkontakte mit Ägypten führen noch 1977 zum Jerusalem-Besuch von Präsident Sadat und schließlich im März 1979 zum Frieden von Camp David, dem ersten Friedensvertrag, den Israel mit einem arabischen Staat schließt. Camp David wird ermöglicht durch US-Präsident Jimmy Carter, der kurz vor Begin ins Amt gekommen ist und dessen anfängliche Zurückhaltung gegenüber Begin nicht zu überhören ist:

    "Unsere eigene Politik wird nicht durch Veränderungen in der Führung nahöstlicher Staaten beeinträchtigt werden."

    Viele Jahre später schreibt Carter in seinen Erinnerungen über Begin, dieser habe die Juden für ein Herrenvolk gehalten, und er sei es gewesen, der den umfassenden Frieden in der Region verhindert habe. Für den Frieden von Camp David erhält Begin zusammen mit Sadat den Friedensnobelpreis, der weitere Verlauf seiner Karriere hat jedoch manchen an der Weisheit dieses Beschlusses zweifeln lassen. Nur Wochen nach seinem Amtsantritt lässt Begin den irakischen Atomreaktor bombardieren. Gegenüber den Palästinensern, die sich seit 1967 unter israelischer Besatzung befinden, verfolgt Begin eine kompromisslose Linie, und schließlich hofft er, das Palästinenserproblem durch einen Krieg im Libanon lösen zu können, der 1982 im Massaker von Sabra und Shatila gipfelt. Ein Jahr später tritt Begin zurück.