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Behindertensport
Sponsorengelder werden abgezweigt

Eklat innerhalb der Special-Olympics-Bewegung: Auf dem Rücken der Behindertensportler laufen seit Jahren Geschäfte- und Geldmacherei. Dabei geht es vor allem um Sponsorengelder - nach ARD-Recherchen kommen die nur teilweise bei den Athletinnen und Athleten an.

Von Sebastian Krause | 06.03.2017
    Behinderten-Sportler bei einem 1.500 Meter-Rollstuhl-Rennen in Japan
    Behinderten-Sportler bei einem 1.500 Meter-Rennen in Japan (picture alliance / dpa / MAXPPP )
    Die große Eröffnungsfeier der Special Olympics Winterspiele, heute Abend in Willingen. Rund 700 Athleten werden erwartet, überglücklich, dabei zu sein. Behindertensportler Bernhard Wüst war schon mal bei Special Olympics Spielen dabei. "Das waren die schönsten Tage, wir haben das selbst bezahlt. Wir haben ungefähr 250 Euro selbst bezahlt."
    Reisekosten, Übernachtung, Verpflegung – die Sportler könnten jeden Euro Unterstützung gebrauchen. Doch die Special Olympics bekommen in Deutschland - weil nicht als Sport-Fachverband anerkannt - nur eingeschränkt staatliche Fördergelder und sind deshalb auf Sponsorengelder angewiesen. Bei der Suche nach Sponsoren arbeiten die Special Olympics Landesverbände Baden-Württemberg, Hessen und Hamburg mit der externen Vermittlungsagentur Metatop aus Stuttgart zusammen. Die dabei bisher so vorgegangen ist. "Die Firma wirbt per Telefonakquise bei Unternehmen Sponsorengelder ein. Die Unternehmen überweisen die Geldbeträge an ein Bankkonto der Firma Metatop, und bekommen im Gegenzug eine Sponsorenurkunde, mit der sie ihr soziales Engagement imagewirksam auf ihrer Homepage präsentieren können."
    Nur gut ein Drittel der Sponsorengelder kommt an
    Nach ARD-Recherchen floss dabei jahrelang aber nur etwas mehr als ein Drittel der Beträge tatsächlich an die Landesverbände weiter – der Rest verblieb bei der Firma Metatop. So landeten dort jahrelang Summen in unbekannter Höhe. Und die Sponsoren erfuhren nicht, dass das meiste Geld gar nicht im Behindertensport ankommt. Erst auf wiederholte Nachfrage räumt Harald Denecken, Präsident der Special Olympics Baden-Württemberg, ein, dass die fragwürdige Verteilung der Gelder schon seit Jahren mit der Firma vertraglich vereinbart sei. "Wir haben nie so kritisch hinterfragt, wie viel geht jetzt an die Firma. Sondern für uns war immer die Summe, die da war, wichtig."
    60 Prozent als Vermittlungs-Provision?
    Rund 10.000 Euro würden so monatlich von Metatop an den Verband überwiesen. Obwohl nach den ARD-Recherchen viel mehr möglich wäre. Ob die Firma Metatop tatsächlich gut 60 Prozent der Gelder als Provision behalte, beantwortet sie weder mit ja noch mit nein. Man erhalte einen prozentualen Anteil, werde nur im Erfolgsfall vergütet, und übernehme für die Verbände das gesamte Risiko, heißt es nur.
    Den Vorwurf der Geldmacherei empfindet die Firma Metatop als "Beleidigung". Sie weist darauf hin, dass es sich nicht um "Spenden" handele, sondern um "Sponsoring". Bei dem ein gegenseitiges Leistungsverhältnis bestehe, und die Unternehmen das Recht erwerben würden, sich in der Öffentlichkeit als offizieller Sponsor zu präsentieren.
    Sponsoren sind konsterniert
    Nach den ethischen Richtlinien des Deutschen Fundraising Verbandes sollte aber der Anteil, den eine Vermittlungsagentur für sämtliche Dienstleistungen für sich behält, 25 Prozent nicht überschreiten. Damit konfrontiert, wie wenig tatsächlich angekommen ist, reagieren die Sponsoring-Unternehmen überrascht bis entsetzt. Wie Thorald Hoffmeyer, der mit seinem Elektro-Unternehmen in Titisee-Neustadt gesponsort hat. "Ich geh davon aus, dass das meiste von dem Geld, bei den Behinderten auch ankommt! Traurig, traurig für die Leute, weil die brauchen das Geld glaub ich wirklich."
    Der Dachverband Special Olympics Deutschland ist alarmiert und kündigt Konsequenzen an. Auch, weil nach ARD-Recherchen in Österreich gegen Metatop staatsanwaltlich ermittelt wird, prüft der Dachverband jetzt die Zusammenarbeit der Landesverbände mit der Firma.