Gefährliche Geschenke
Behörden warnen vor Gratis-Saatgut im Briefkasten

Immer wieder wundern sich Menschen über kleine Saatgut-Tütchen in ihrer Post, die sie gar nicht bestellt haben. Experten warnen vor diesen vermeintlichen Geschenken.

    In einer gelben Kiste liegen zahlreiche graue Tüten mit unkenntlich gemachten Adressaufklebern.
    Beschlagnahmte Sendungen mit Saatgut (K. Kaminski / Julius Kühn-Institu / K. Kaminski)
    Verbraucherinnen und Verbraucher, die solche Tütchen in ihrem Briefkasten vorfinden, sollten große Vorsicht walten lassen, warnt das Julius Kühn-Institut (JKI) in Braunschweig, das Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen. Auf keinen Fall sollten die unbestellten Samen ausgesät werden. "Von solchem unbekannten Saatgut geht eine Gefahr für unsere Natur, das urbane Grün mit Gärten und Parks und sogar die Landwirtschaft aus", erklärt Bernhard Schäfer vom JKI. Es könne sich dabei um invasive Arten handeln, die sich unkontrolliert ausbreiten und heimische Pflanzen verdrängen könnten. Außerdem bestehe die Gefahr, dass das Saatgut von Krankheiten und Schädlingen befallen ist. Deshalb sollten diese Samenproben im Hausmüll entsorgt werden, nicht aber im Kompost oder in der Biotonne, weil sie sich von dort aus trotzdem weiter verbreiten könnten.
    Wegen der Gefahr, invasive Arten einzuschleppen, sei es auch generell nicht empfehlenswert, Saatgut etwa aus China zu kaufen, selbst wenn alle Papiere korrekt sind. "Tatsächlich raten wir davon ab, Saatgut aus Nicht-EU-Ländern im Internet zu bestellen", betont das JKI.

    Zehntausende Sendungen aus dem Verkehr gezogen

    Am Flughafen Frankfurt sind nach Behördenangaben in den ersten fünf Monaten dieses Jahres bei Kontrollen der Pflanzengesundheitsinspektion etwa 65.000 Sendungen mit Saatgut aus China ohne notwendige Papiere entdeckt worden. Dies ist eine Häufung, wie eine JKI-Sprecherin bestätigte. Weil Pflanzengesundheitszeugnisse fehlten, seien die Sendungen zurückgeschickt worden. Überwiegend sei darin nicht bestelltes Saatgut gewesen. Oft fielen die Päckchen den Behörden zufolge dadurch auf, dass fälschlicherweise etwa "Ohrschmuck" oder "Grußkarten" als Inhalt angegeben war.
    In Frankfurt tritt das Phänomen deshalb so gehäuft auf, weil sich am Frankfurter Flughafen das DHL-Postzentrum befindet, von dem aus Päckchen aus China nach ganz Deutschland weiterverschickt werden. Andere Bundesländer seien von der "neuen Masche" kaum betroffen, so die Behörden.

    Motive sind unklar

    Die Absicht hinter den unbestellten Sendungen ist bislang nicht eindeutig geklärt. Möglich sei sogenannter "Brushing Scam", mutmaßen die Experten. So werden betrügerische Tricks bezeichnet, die das Ziel haben, Verkaufszahlen künstlich in die Höhe zu treiben oder Nutzerbewertungen zu erhalten. Saatgut komme für diese Methode deshalb infrage, weil es leicht und günstig sei und als Briefsendung verschickt werden könne.
    Ein weiteres mögliches Szenario sei, dass Eintrittspunkte in die EU getestet würden, um Stellen zu finden, an denen nicht einfuhrfähige Sendungen leichter durchkämen, heißt es vom zuständigen Regierungspräsidium Gießen.
    Nach Angaben der deutschen Behörden sind in anderen EU-Ländern ähnliche Fälle bekannt. China sollte aufgefordert werden, zoll- und pflanzengesundheitliche Bestimmungen einzuhalten.
    Diese Nachricht wurde am 03.09.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.