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Bei der Holzernte europaweit Spitze

In Westeuropa gelten eigentlich Schweden und Finnland als die waldreichen Staaten der Region. Das mag von der Fläche her auch stimmen. Bei der Waldernte nimmt jedoch Deutschland die Spitzenposition ein. Wie die Ernte im abgelaufenen Wirtschaftsjahr ausfiel und wie sich die Preise entwickelten und entwickeln werden, das berichtete heute morgen die Zentrale Markt- und Preisberichtsstelle in Berlin.

Von Philip Banse |
    Die Prognosen für die deutsche Holzindustrie sind düster wie ein Wald bei Neumond, "Licht am Waldesrand" können die Analysten der Zentralen Markt- und Preisberichtsstelle ZMP nur schwer erkennen. Die schwierige Lage der hiesigen Holzindustrie liegt an ihrer Struktur: In Deutschland werden fast ausschließlich Nadelhölzer gefällt. Nur ein Bruchteil dieses Holzes wird zu Spanplatten, Papier, Holzpellets oder Möbeln verarbeitet. Über zwei Drittel der in Deutschland gefällten Bäume werden zersägt und anschließend verbaut. Bauholz ist das dominierende Produkt der deutschen Holzindustrie. Schwächelt nun aber die Konjunktur, stagniert die Bauindustrie, verschärft sich die US-Immobilienkrise, ist auch beim deutschen Holz der Wurm drin. Wolf-Gernot Bitter, Holzexperte der ZMP:

    " Die Sägeindustrie ist stark konjunkturabhängig. Maßgebend sind die schwachen Immobilienmärkte vor allem in den USA und zunehmend auch Probleme im Baubereich in Europa. Das ist das Übergreifen der Blase auf Spanien, Großbritannien auf Irland. Und wir haben auch im eigenen Land einen schwachen Bausektor. Und das lässt eigentlich eine Erholung nicht erwarten. "

    Die Umsätze der deutschen Holzindustrie sind im ersten Halbjahr 2008 um 9 Prozent gesunken. Gleichzeitig sind die Holzpreise in den Keller gegangen. Das liegt daran, dass der Export vor allem in die USA stagniert, die Lager voll sind, das Angebot also zu groß ist, daher sinken die Preise: im Vergleich zum Vorjahr wurde geschnittenes Holz aus dem Sägewerk um satte 10 Prozent billiger. Einziger Ausweg: Die Sägewerke müssen ihre Produktion um 10 bis 20 Prozent drosseln, sagt Holzexperte Bitter. Wenn die Sägewerke aber weniger sägen, könnten durchaus auch Menschen ihre Arbeit verlieren. Immerhin arbeiten in der gesamten Forst- und Holzwirtschaft 1,3 Millionen Menschen, die 180 Milliarden Euro Umsatz machen und so drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes erwirtschaften. Sägewerke sägen weniger, für einen Baum gibt es so wenig Geld wie selten: Was heißt das für den deutschen Wald, was für die zwei Millionen Waldbesitzer? Sie können die Probleme der Sägewerke relativ entspannt aus dem Unterholz beobachten, sagt Holz-Fachmann Ralf Dümmer von der ZMP:

    " Das Schöne bei der Forstwirtschaft ist, dass man doch viele Dinge sehr gelassen sehen kann, viel gelassener als wenn man ein Sägewerk betreibt, weil man einen Einschlag dann auch mal um ein Jahr verschieben kann, wenn die Preise halt nicht stimmen. Wir haben hier ja keine Ware, die zu einem bestimmten Zeitpunkt geerntet werden muss. Sondern wenn ein Baum hiebreif ist, heißt das nicht, dass er heute oder morgen geerntet werden muss, sondern er kann noch ein Jahr stehen bleiben. "

    ... in der Hoffnung, dass dann die Lage besser ist und der Holzpreis steigt. Diese Hoffnung findet karge Nahrung in einigen Beobachtungen, die ZMP-Fachmann Bitter gemacht hat:

    " Wir haben in Teilen Osteuropas einen Bauboom. Im Nahen Osten müssen die Petrodollars untergebracht werden. Das sind aber alles Mengen, die nicht ausreichen. Vielleicht erholt sich auch die japanische Wirtschaft wieder, so dass von daher noch ein bisschen Nachfrage kommt. Das sind Lichtblicke, die es gibt und auf die man setzen kann. "

    Ob bis dahin Möbelkäufer, Häuslebauer oder etwa Besitzer von Holzheizungen sich über niedrige Holzpreise freuen dürfen, das wollten die Marktbeobachter nicht sagen. Auf dem Weg vom Sägewerk über Händler in die Möbelfabrik etwa und weiter in Möbelhäuser gäbe es einfach zu viele Faktoren, die die Preise beeinflussen.