Wer das Gerichtsgebäude in Creteil betritt, wird schon am Eingang von zwei Polizeibeamten empfangen: Sie bitten die Besucher, ihre Taschen zu leeren, und schicken sie anschließend durch eine elektronische Sicherheitsschleuse. Dann geht es vorbei an einem Heer von Kameraleuten, die die Ankunft von Familie und Freunden des Opfers und der beiden Angeklagten filmen. Der Andrang ist so groß, dass die Polizisten auswählen müssen: Nur Verwandte und Freunde werden hereingelassen. Und für einen kurzen Moment wird die gefühlsgeladene Atmosphäre rund um den Prozess deutlich: Tassadid, eine junge Frau nordafrikanischer Herkunft, legt sich mit einem Polizeibeamten an, weil er sie nicht hereinlassen will. Sie ist wütend und gleichzeitig den Tränen Weinen nahe. "Sohane war meine Freundin", sagt sie vorwurfsvoll.
Die Polizisten versuchen sie zu beruhigen und lassen sie schließlich durch. Was erhofft sich die junge Frau von dem Prozess? "Kein Interview", sagt Tassadid. Sie will nichts sagen. Keine Interviews, antworten auch die anderen jungen Mädchen, die zum Prozess gekommen sind. Sie sind den Medien gegenüber äußerst misstrauisch. Erst nach vorsichtigen Gesprächsversuchen ohne Mikrofon, beginnen sie zu reden. Sie wollen, dass Nono, so der Spitzname des Hauptangeklagten, eine gerechte Strafe bekommt, weil er Sohane getötet hat. Sie glauben nicht, dass er ein kaltblütiger Mörder ist. Aber er habe seiner Wut auf Sohane freien Lauf gelassen, deswegen habe sie sterben müssen. Und dafür müsse er jetzt bezahlen, sagen sie.
Das Tatmotiv ist bis heute unklar. Fest steht nur, dass der Angeklagte Jamal Derrar, inzwischen 22 Jahre alt, dem Opfer mehrmals verboten hatte, in seinem Wohnblock aufzutauchen; dass er Sohane und ihre Freundinnen bedrohte und auch schlug, weil sie gegen sein Verbot verstoßen hatten.
Die Verteidigungsstrategie seiner Anwälte - eine Liebesbeziehung zwischen Täter und Opfer, also Eifersucht als Hintergrund der Tat, hat sich im Laufe der Verhandlung als unwahrscheinlich erwiesen. Nach Auskunft der Familie hat es eine solche Beziehung nicht gegeben. Und auch Augenzeugin Isabelle schließt ein solches Verhältnis kategorisch aus. Doch die Verteidigung des Angeklagten bezweifelt den Wahrheitsgehalt der Zeugenaussage:
" Sie hat immer gesagt, dass sie die Freundin des Opfers war. Das heißt, sie hat wahrscheinlich nicht das Bedürfnis, Nono zu retten. Ich stelle nur fest, dass es viele Widersprüche gibt, zwischen dem, was sie heute ausgesagt hat und dem, was sie bei ihrer Befragung durch die Polizei gesagt hatte."
Der Anwalt der Nebenkläger, der Sohanes Familie vor Gericht vertritt, nimmt die Zeugin in Schutz:
" Isabelle ist noch vier Jahre nach der Tat emotional sehr aufgewühlt. Das ist eben der Unterschied zwischen der Zeugin und den beiden Angeklagten, die selbst keinerlei Gefühlsregung zeigen."
Während der Zeugenaussage von Sohanes bester Freundin, Isabelle, wird eines erschreckend deutlich. Die alltägliche Gewalt zwischen Mädchen und Jungen in den so genannten Cité, den riesigen Wohnblöcken der Vorstädte. So erklärt Augenzeugin Isabelle der Richterin: Ich habe zuerst keine Angst gehabt. Ich dachte, sie wollen uns nur wieder schlagen. Frage der Richterin: Nur schlagen? "Ja", bestätigt Isabelle wie selbstverständlich, "uns verprügeln". Und dann beschreibt das Mädchen, wie normal Gewalttaten wie Schläge, Ohrfeigen und Fußtritte in ihrem Viertel sind: unter den Jugendlichen, in der Schule und in den Familien. Erst als Nono ihre Freundin mit Benzin übergossen habe und mit seinem Feuerzeug vor ihr herumfuchtelte und sagte: Glaubt ihr, ich bin zu feige?, - erst da habe sie den Ernst der Lage begriffen. Aber da sei es schon zu spät gewesen. Sohane, deren Kleider von Benzin durchtränkt waren, fing sofort Feuer.
Während der Verhandlungspause am Mittag kommen die Mädchen noch einmal. Und es scheint, als hätten sie - bei aller Skepsis gegenüber Journalisten - das Bedürfnis zu Reden. Sie erzählen, dass sie bis zum Mord an Sohane nichts gegen die Jungen in ihrem Viertel gehabt hätten. Das Verhältnis zu den Jungen sei eigentlich ganz normal gewesen. Aber jetzt herrsche Krieg zwischen ihnen, sagen sie. Denn, "viele Jungen aus dem Viertel verteidigen Nono, geben Sohane die Schuld."
Die Polizisten versuchen sie zu beruhigen und lassen sie schließlich durch. Was erhofft sich die junge Frau von dem Prozess? "Kein Interview", sagt Tassadid. Sie will nichts sagen. Keine Interviews, antworten auch die anderen jungen Mädchen, die zum Prozess gekommen sind. Sie sind den Medien gegenüber äußerst misstrauisch. Erst nach vorsichtigen Gesprächsversuchen ohne Mikrofon, beginnen sie zu reden. Sie wollen, dass Nono, so der Spitzname des Hauptangeklagten, eine gerechte Strafe bekommt, weil er Sohane getötet hat. Sie glauben nicht, dass er ein kaltblütiger Mörder ist. Aber er habe seiner Wut auf Sohane freien Lauf gelassen, deswegen habe sie sterben müssen. Und dafür müsse er jetzt bezahlen, sagen sie.
Das Tatmotiv ist bis heute unklar. Fest steht nur, dass der Angeklagte Jamal Derrar, inzwischen 22 Jahre alt, dem Opfer mehrmals verboten hatte, in seinem Wohnblock aufzutauchen; dass er Sohane und ihre Freundinnen bedrohte und auch schlug, weil sie gegen sein Verbot verstoßen hatten.
Die Verteidigungsstrategie seiner Anwälte - eine Liebesbeziehung zwischen Täter und Opfer, also Eifersucht als Hintergrund der Tat, hat sich im Laufe der Verhandlung als unwahrscheinlich erwiesen. Nach Auskunft der Familie hat es eine solche Beziehung nicht gegeben. Und auch Augenzeugin Isabelle schließt ein solches Verhältnis kategorisch aus. Doch die Verteidigung des Angeklagten bezweifelt den Wahrheitsgehalt der Zeugenaussage:
" Sie hat immer gesagt, dass sie die Freundin des Opfers war. Das heißt, sie hat wahrscheinlich nicht das Bedürfnis, Nono zu retten. Ich stelle nur fest, dass es viele Widersprüche gibt, zwischen dem, was sie heute ausgesagt hat und dem, was sie bei ihrer Befragung durch die Polizei gesagt hatte."
Der Anwalt der Nebenkläger, der Sohanes Familie vor Gericht vertritt, nimmt die Zeugin in Schutz:
" Isabelle ist noch vier Jahre nach der Tat emotional sehr aufgewühlt. Das ist eben der Unterschied zwischen der Zeugin und den beiden Angeklagten, die selbst keinerlei Gefühlsregung zeigen."
Während der Zeugenaussage von Sohanes bester Freundin, Isabelle, wird eines erschreckend deutlich. Die alltägliche Gewalt zwischen Mädchen und Jungen in den so genannten Cité, den riesigen Wohnblöcken der Vorstädte. So erklärt Augenzeugin Isabelle der Richterin: Ich habe zuerst keine Angst gehabt. Ich dachte, sie wollen uns nur wieder schlagen. Frage der Richterin: Nur schlagen? "Ja", bestätigt Isabelle wie selbstverständlich, "uns verprügeln". Und dann beschreibt das Mädchen, wie normal Gewalttaten wie Schläge, Ohrfeigen und Fußtritte in ihrem Viertel sind: unter den Jugendlichen, in der Schule und in den Familien. Erst als Nono ihre Freundin mit Benzin übergossen habe und mit seinem Feuerzeug vor ihr herumfuchtelte und sagte: Glaubt ihr, ich bin zu feige?, - erst da habe sie den Ernst der Lage begriffen. Aber da sei es schon zu spät gewesen. Sohane, deren Kleider von Benzin durchtränkt waren, fing sofort Feuer.
Während der Verhandlungspause am Mittag kommen die Mädchen noch einmal. Und es scheint, als hätten sie - bei aller Skepsis gegenüber Journalisten - das Bedürfnis zu Reden. Sie erzählen, dass sie bis zum Mord an Sohane nichts gegen die Jungen in ihrem Viertel gehabt hätten. Das Verhältnis zu den Jungen sei eigentlich ganz normal gewesen. Aber jetzt herrsche Krieg zwischen ihnen, sagen sie. Denn, "viele Jungen aus dem Viertel verteidigen Nono, geben Sohane die Schuld."