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Bei Rot bitte lächeln

Wer an der roten Ampel wartet, wird oft automatisch gefilmt - von Kameras, die die alten Induktionsschleifen abgelöst haben und die Ampelschaltung beeinflussen. Doch auch zur Überwachung lassen sich die Systeme nutzen.

Peter Welchering im Gespräch mit Manfred Kloiber |
    Manfred Kloiber: Wer mit seinem Auto an einer roten Ampel hält, wird nämlich tatsächlich in vielen Fällen gefilmt. Von wem, Peter Welchering?

    Peter Welchering: Das passiert vollautomatisch mit einer kleinen Videokamera, die an der Ampel angebracht ist. Der Hintergrund dabei: Die Ampelschaltungen sollen verkehrsangepasst erfolgen. Dafür hat man in der Vergangenheit Induktionsschleifen vor der Ampel in den Straßenbelag eingelassen. Detektiert eine solche Induktionsschleife ein Auto, dann löst die Ampelsteuerung den Impuls aus: Auf Grün schalten. Induktionsschleifen in den Straßenbelag zu verlegen, das ist ziemlich aufwändig. Werden solche Straßen zudem viel von Lastkraftwagen befahren, dann gehen die Induktionsschleifen auch schnell kaputt. Deshalb ist man vor einiger Zeit darauf gekommen, direkt an den Ampeln Sensoren anzubringen, die so ein Auto detektieren und dann die Ampel auf Grün schalten. Das ist günstiger als eine Induktionsschleife zu verlegen und hält länger. Jetzt ist aber ein Problem dabei offenbar geworden: Die Sensoren an den Ampeln sind in vielen Fällen keine Sensoren, sondern Videokameras.

    Kloiber: Und was machen die Videokameras an den Ampeln?

    Welchering: Die waren ursprünglich rein als so eine Art Sensor gedacht. Diese Videokameras filmen mit 25 Bildern pro Sekunde und reichen davon ein Bild pro Sekunde an das Ampelsteuerungssystem weiter. Dabei interessiert sich das Ampelsteuerungssystem eigentlich nur dafür, ob vor der Ampel ein Auto steht. Wird nämlich ein Auto von der Videokamera detektiert, dann schaltet die Ampel auf Grün.

    Kloiber: Was kann man auf diesen Bildern denn erkennen?

    Welchering: Das ist sehr unterschiedlich und hängt von der eingesetzten Kamera ab. Bei ganz billigen Kameras kann man eigentlich nur das Auto selbst erkennen. Allerdings lässt sich auch da durchaus das Autokennzeichen ermitteln, wenn das Bild nachgeschärft wird. Bei etwas besseren Kameras ist es sogar möglich, Insassen, also Fahrer und Beifahrer zu erkennen. Das hängt aber auch davon ab, wie die Kamera ganz konkret ausgerichtet ist. Also rein technisch gesehen können Autotyp, Kennzeichen und mit etwas Aufwand auch Fahrzeuginsassen erkannt werden. Von den 25 Bildern pro Sekunde, die die Kamera aufnimmt, wird ein Bild übermittelt. Das passiert über eine handelsübliche Schnittstelle, für Spezialisten, die heißt RS485. Die Datenübertragung erfolgt mit 14 Kilobit pro Sekunde. Das reicht für eine Auflösung, die sogar zu Fahndungs- und Beobachtungszwecken verwenden kann. Die neueren CCD-Kameras liefern auch schon ganz brauchbare Bilder. Bei älteren Kameras beschränkt sich die Erkennung wirklich auf den Autotyp.

    Kloiber: Werden die Autobilder an den Ampelanlagen eigentlich gespeichert?

    Welchering: Die Ampelsysteme haben bisher in den meiste Fällen standardmäßig einen Arbeitsspeicher von 32 Megabyte. Da bleiben also einige Bilder eine Zeit lag im System. So ein Ampelvideosystem kostet derzeit rund 1600 Euro. Da ist ein externer Speicher nicht im Preis mit drin. Wenn ein eigenes Auswertesystem für ein KFZ-Zeichen-Scanning angeschlossen würde, dann würde sich solch ein System verteuern. Der Preis läge dann Expertenangaben zufolge bei circa 4000 Euro pro System. Einige Anbieter wollen allerdings im nächsten Jahr in Europa SD-Speicherkarten für diese System auf den Markt bringen, die direkt in die System eingesetzt werden können. Das erhöht auch den Preis der Systeme nur um wenige Euro.

    Kloiber: Gibt es denn schon konkrete Pläne der Regierung oder der Sicherheitsbehörden, diese Ampelüberwachung flächendeckend einzusetzen?

    Welchering: Es gibt Diskussionen. Bisher ist noch kein Referentenentwurf in Arbeit, und es gibt auch noch keine offiziellen Pläne, aber Diskussionen eben. Und diese Diskussionen haben nach dem 11. März dieses Jahres begonnen. Denn da hat der erste Senat des Bundesverfassungsgerichtes in Karlsruhe entschieden, dass die Regelungen über automatisierte Erfassung von KFZ-Kennzeichen mit mobilen Anlagen in den Polizeigesetzen von Hessen und Schleswig-Holstein grundgesetzwidrig sind. Außerdem muss der Einsatz von solchen mobilen automatischen Kennzeichenlesesystemen genauer geregelt werden, das heißt, die Polizeigesetze müssen konkrete Anlässe benennen. Das hat Sicherheitspolitiker in den Innenministerien verschiedener Bundesländer veranlasst, zwei andere Lösungen zu thematisieren. Die eine Lösung besteht in der Nutzung der Daten aus den Mautsystemen. Damit wären die Autobahnen abgedeckt. Die andere Lösung bestünde eben im Ausbau der Ampelsteuerungsanlagen. Damit wären die Landstraßen und der innerstädtische Verkehr abgedeckt. Es handelt sich in beiden Fällen nur um Diskussionen. Da ist noch nichts entschieden. Die Nutzung der Mautdaten ist schon öffentlich beantragt worden. Der Ausbau von Ampelanlagen gilt bisher noch als Geheime Kommandosache.