Samstag, 20. April 2024

Archiv


Beim Einkauf an die Umwelt denken

"Green Shopping", also umweltfreundliches Einkaufen, nennt sich eine Tagung, an der in Berlin Unternehmen sowie Umwelt- und Verbraucherschützer teilnehmen. Es geht dabei um die Frage, wie können wir Menschen unseren Lebens- und vor allem unseren Konsumstil ändern, um die Rohstoffe der Erde zu schonen.

Von André Hatting | 11.11.2009
    Diese Erfahrung hat wohl jeder schon gemacht: Der Discounter um die Ecke hat einen Laptop, ein Navigationsgerät, eine Bohrmaschine im Sortiment. Nur für kurze Zeit und supergünstig. Nur für kurze Zeit währt dann manchmal aber auch das Vergnügen an dem Gerät. Genau hier fängt "Green Shopping" an, sagt Benjamin Bongardt, Experte für Nachhaltigkeit beim Naturschutzbund Deutschland:

    "Wenn ich ein langlebiges Produkt habe, was lange haltbar ist, dann muss ich natürlich am Anfang dafür viel investieren oder vergleichsweise viel. Ich muss es aber nicht nach einem Jahr wegschmeißen, weil es kaputt ist. Das kennt man von Kleidungsstücken, das kennt man von Waschmaschinen oder Elektrokleingeräten – und dann kommt es mich am Ende billiger."

    Green Shopping ist aber nicht nur ein Appell an die Konsumenten. Auch die Hersteller sieht Bongard in der Verantwortung. "Grünes Einkaufen" setzt "grünes Produzieren" voraus. Die Unternehmen müssen mehr ressourcenschonende Produkte anbieten und diese stärker bewerben, heißt es in dem gemeinsam mit seinem Kollegen vom Bund für Umwelt- und Naturschutz verfassten Thesenpapier, das Bongardt auf der Tagung präsentiert:
    "Ich hab auch schon die Veröffentlichung eines Einweg-Handys gesehen, was im Endeffekt genau in die falsche Richtung geht, weil wir da auch Ressourcen vernichten, die dann nicht mehr hebbar sind. Wenn Sie Ressourcen wie Gold oder noch winzigere Metalle, die sehr selten sind, auf eine Müllkippe werfen, dann sind die nicht mehr hebbar, also man kann sie nicht mehr finden."

    Ein Pfandsystem für Rohstoffe – ähnlich wie bei Glas- und Plastikflaschen – würde nach Ansicht der Umweltverbände dazu beitragen, die in den Produkten verarbeiteten kostbare Metalle und Gesteine länger zu nutzen. Auch das gute alte Leasing von Geräten, wie man das noch von den alten Telefonen der Post kennt, trüge zu einer Schonung der Ressourcen bei. Die Waschmaschine oder der Gartenhäcksler würden mehrfach gebraucht, also weniger gekauft und damit auch weniger hergestellt. Das komme nicht nur der Umwelt zugute, sagt Bongardt vom Naturschutzbund Deutschland. Es ist auch ein enormer Kostenfaktor:

    "Wenn Sie sich die gängigen Darstellungen anschauen, dann wird von der Politik wie von der Wirtschaft einhellig gezeigt, dass die Lohnkosten mittlerweile unter 18 Prozent im produzierenden Gewerbe gesunken sind, die Materialkosten aber immer weiter ansteigen und 40 Prozent plus x einnehmen."

    Einige Unternehmen haben das mittlerweile erkannt. Vor allem Händler setzen verstärkt auf Nachhaltigkeit. Der Hamburger Konzern Tchibo, einer der Teilnehmer auf der Tagung, verfolgt zum Beispiel das Ziel, die transportbedingten CO2-Emissionen bis 2015 um 30 Prozent zu senken. In der Metro AG, ebenfalls Gast der Veranstaltung, gibt es eine eigene Stelle für Nachhaltigkeit und Umwelt. Positive Beispiele, die noch zu wenige Nachahmer finden. Die Diskussion um Nachhaltigkeit drehe sich oft im Kreis, weil jeder auf den anderen zeige: Der Kunde im Supermarkt vermisst das entsprechende Angebot, der Supermarkt verweist auf die Hersteller, die Hersteller monieren, dass die Politik zu wenig unternehme.

    Benjamin Bongardt vom NABU glaubt, dass letztlich nur die Politik aus diesem Teufelskreis ausbrechen kann. Indem sie verbindliche Standards vorgibt:

    "Das kann einerseits mit einer 'Top-Runner-Lösung' erreichen, also das Produkt, was heute 'best-in-class' ist, setzt den Standard für alle Produkte in fünf oder zehn Jahren. Das kann man nicht nur bei Energie verbrauchenden Produkten machen. Das kann man auch bei Ressourcen verbrauchenden Produkten machen. Das andere Spielfeld bei der Standardisierung ist das Labelling, also dem Verbraucher mitteilen, was kaufe ich hier? Und ist das gut oder schlecht?"

    Der Bund hat aber noch ein anderes starkes Mittel, um das Green Shopping anzukurbeln. Er kann als Nachfrager auf dem Markt auftreten. Büros erhalten nur noch Altpapier mit Blauem Engel, die Möbel bestehen aus wieder verwerteten Rohstoffen, die Dienstwagen haben Hybridmotoren. Was wie ein Öko-Märchen klingt, ist in anderen Ländern bereits in Vorbereitung, sagt Benjamin Bongardt und verweist auf Finnland. Die dortige Staatsverwaltung habe sich verpflichtet, bis 2015 ausschließlich ressourcenschonende Produkte zu erwerben.