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Belgien führt Einwegabgabe für Getränkeverpackungen ein

Nicht nur die Ökosteuer und der Emissionshandel, auch das Dosenpfand soll dafür sorgen, dass der Verbrauch in umweltfreundliche Bahnen umgelenkt wird - in diesem Falle hin zu umweltverträglichen Mehrwegverpackungen. Sorgen um die Verpackungsflut macht sich auch unser Nachbarland Belgien, dort gibt es ab heute Abgaben für Getränke in Einweg-Verpackungen und Steuervergünstigungen für Mehrweg-Flaschen. Genau wie in Deutschland ging dieser Entscheidung eine schier endlose Diskussion voraus.

Von Sven-Claude Bettinger | 01.04.2004
    Mit der Einführung von Bonussen beziehungsweise Abgaben für Getränkeverpackungen verwirklicht Belgiens sozialliberale Koalition eine alte Forderung von Umweltschützern und Grünen. Ab heute werden Getränke in Pfandflaschen wesentlich billiger. So kostet ein Liter Mineralwasser einer bekannten belgischen Marke jetzt 37 Eurocent statt bisher 48 Eurocent, ein Liter Markenlimonade 97 Eurocent statt 1 Euro 14. Konkret finanziert werden diese Bonusse mit einer Senkung der Mehrwertsteuer und der Getränkesteuern. Hingegen müssen die Getränkehersteller für die Verwendung von Tetrapak und Dosen eine Abgabe von 10 Eurocent pro Liter zahlen. So kostet der Karton Orangensaft 4, die Büchse Bier 3 Eurocent mehr. Zumindest auf dem Papier. Denn selbst Belgiens Finanzminister Didier Reynders gibt zu:

    Wenn man das im Laden nicht feststellt, dann haben die Getränkehersteller oder die Verkäufer ihre Gewinnspanne vergrößert bzw. reduziert. Sie dürfen ihre Preise frei bestimmen. Deshalb muss der Verbraucher entscheiden, wo er kauft.

    Die drei größten Supermarktketten Belgiens haben angekündigt, sich strikt an die neue Regelung zu halten. Sie wollen die Pfandflaschen auch in den Vordergrund der Regale stellen und die Kunden über den Preisvorteil informieren. Zwei der Ketten bieten übrigens seit langem auch Weine in Pfandflaschen an. Wie oft ausländische, kleinere Ketten und Einzelhandel sich verhalten werden, ist weniger sicher. Denn die Regelung hat einen entscheidenden Nachteil. Johan Niemegeers vom Umweltverband BBL:

    Die Abgabe für Wegwerfverpackungen ist zu niedrig. Dadurch ist der Preisunterschied zwischen Getränken in Pfandflaschen und Wegwerfverpackungen zu klein. Deshalb fordern wir weiterhin Pfand für Wegwerfverpackungen. Denn nur so trägt der Hersteller die Verantwortung. Heute zahlen Bürger und Kommunen für die Beseitigung und Entsorgung dieses Mülls.

    Zwischen 30 und 40 Eurocent pro Dose oder Tetrapak finden die Umweltschützer wirksam. Auch für Milch, für die die neue Verpackungsabgabe nicht gilt, weil sie - als Grundnahrungsmittel - nicht verteuert werden soll. Die Chancen, dass sich die Umweltschützer durchsetzen, stehen gar nicht schlecht. Völlig überraschend kündigte Finanzminister Reynders bei der Vorstellung der Bonusse und Abgabe nämlich an:

    Wir müssen noch weiter gehen, nicht nur für die Getränke, sondern für alle Lebensmittelverpackungen und alle Verpackungen, etwa von Putzmitteln. Auch da sollten recyclebare Verpackungen steuerlich begünstigt werden. Ich werde in Kürze mit den Herstellern Verhandlungen aufnehmen.

    Allerdings steht jetzt schon fest: Diese Verhandlungen werden hart sein. Zumal die Umweltschützer auch fordern, bereits in einem Jahr zu überprüfen, ob die jetzt eingeführte Regelung tatsächlich respektiert wird und den gewünschten Effekt erzielt.