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Belohnung für das Bleiben

In den neuen Bundesländern sinkt die Zahl der niedergelassenen Ärzte. In Brandenburg beispielsweise sind knapp 200 Haus- und Facharztstellen unbesetzt. Eine Krankenhausträgergesellschaft in Brandenburg hat reagiert. Mit Stipendien bindet sie Medizinstudenten ans Haus.

Von Claudia van Laak | 25.06.2007
    Keine Großstadthektik, das Forßmann-Krankenhaus in Eberswalde liegt direkt am Waldrand. Die gebürtige Eberswalderin Susanne Dietterle studiert in Berlin Medizin, absolviert gerade ein Praktikum am Forßmann-Krankenhaus.

    "Na, ich habe meine Familie hier, meine Freunde, meinen Partner, da war es klar, dass ich nach Eberswalde zurückkomme beziehungsweise hier bleibe."

    Die 25-Jährige ist eine von fünf Stipendiatinnen und Stipendiaten der kommunalen Gesellschaft für Leben und Gesundheit GLG, die zehn medizinische Einrichtungen im Norden Brandenburgs betreibt, darunter vier Krankenhäuser. Susanne Dietterle erhält 500 Euro im Monat bis zum Ende ihres Studiums, im Gegenzug verpflichtet sie sich, ihre Praktika hier abzuleisten und drei Jahre nach Abschluss ihres Studiums in einem Krankenhaus der GLG zu arbeiten.

    "Ich hab viele meiner Praktika hier gemacht, ich kenne hier alle, die Stationen, wie es hier abläuft. Außerdem ist es ein schöner Beruf. Und wenn man dann noch mit einem Stipendium belohnt wird, warum nicht."

    Von 230 Medizinerstellen sind 10 im Moment unbesetzt, erläutert Geschäftsführer Harald Kothe-Zimmermann. Ausschlaggebend für die Vergabe von fünf Stipendien im Jahr sei allerdings die hohe Fluktuation in den Krankenhäusern gewesen. Drei Viertel der Mediziner wohnen in Berlin. Wenn sie ein attraktives Angebot in der Hauptstadt bekommen, sind sie weg aus Brandenburg.

    "Und deswegen haben wir ganz viele junge Ärzte, die ihre Ausbildung hier anfangen, und wenn sie dann anfangen nützlich zu werden, dann sind sie weg. Und dann müssen wir wieder von vorn anfangen, das kostet unter dem Strich sehr viel Geld."

    Die Brandenburger Krankenhäuser sind also für viele Berliner Ärzte nur eine Notlösung. Und auch viele Medizinstudenten in der Hauptstadt können sich besseres vorstellen, als in der ostdeutschen Provinz eine Stelle anzutreten.
    "Dass es dort keine Kinder mehr gibt, alle jungen Leute wegziehen, und warum soll ich das denn ausbaden, was Politiker und solche Leute dort verbockt haben."

    "Es gibt viele Orte, in die ich auf keinen Fall will, das hat nichts mit Ost und West zu tun, ich bin einfach eine Großstadtpflanze. Und ich sehe, was mir auf dem Land fehlt."

    Klinikgeschäftsführer Kothe-Zimmermann wirbt dagegen mit der attraktiven Brandenburger Seenlandschaft, dem billigen Bauland, den niedrigen Mieten und nicht zuletzt mit den Stipendien, um die sich übrigens nicht nur Studierende aus der Region bewerben können. Jeder Stipendiat erhält insgesamt 36.000 Euro. Für die Krankenhäuser entfällt im Gegenzug die teure Suche nach qualifiziertem Personal. Außerdem:

    "Wir sparen ja letztlich bei den Studenten, die wir fördern, die kompletten Einarbeitungskosten- Die kennen sich hier aus im Haus, wissen, an wen sie sich wenden müssen. Bei Neulingen muss man das immer anlernen, und das entfällt bei denen komplett."

    Auch die Politik denkt über Stipendien für künftige Ärzte in der ostdeutschen Provinz nach, so zum Beispiel das sachsen-anhaltinische Gesundheitsministerium. Bislang konnten die Pläne allerdings wegen der fehlenden Finanzierung nicht realisiert werden. In Brandenburg hat die Krankenhausträgergesellschaft GLG gehandelt, finanziert die Stipendien aus dem eigenen Haushalt. Geschäftsführer Kothe-Zimmermann macht noch ein weiteres Angebot: Er bietet Medizinstudenten eine Art vorfristigen Arbeitsvertrag an.

    "Denn wir sind in der Lage heute schon zu sagen, nach dem Studium bieten wir Ihnen eine Stelle an als Arzt. Da ist vielleicht auch ganz toll, und so ein Studium ist besser zu finanzieren, wenn man weiß, man muss nach dem Abschluss nicht auf Stellensuche gehen, sondern kann in unserem Haus arbeiten."