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Ben Harper und Charlie Musselwhite
Mit ganzem Herzen beim Bluesrock

Den Songwriter Ben Harper und die Mundharmonika-Blues-Legende Charlie Musselwhite verbindet eine enge Freundschaft – und die kreative Chemie stimmt auch. Auf ihrem zweiten Album "No Mercy In This Land" zeigen sich die Grammy-Gewinner von ihrer besten Seite.

Von Anke Behlert | 31.03.2018
    Portrait von Ben Harper & Charlie Musselwhite mit Harp in der Hand
    Charlie Musselwhite (r.) über Ben Harper: "Ich habe es gleich erkannt und dachte mir: Der Typ ist interessant." (DanMonick)
    "Ich habe schon einige Künstler getroffen, und Pop hat viele Egos ruiniert. Aber bei den Bluesmusikern konnte ich immer ich selbst sein. Die stehen mit beiden Beinen im Leben und sind mit ganzem Herzen bei ihrer Musik", sagt Ben Harper ein wenig bescheiden. Aufgewachsen ist er in Kalifornien. Im Instrumentenladen seiner Großeltern lernte er, Gitarren zu reparieren. Er fuhr Skateboard und konnte mit der 5000 Platten umfassenden Sammlung seiner Familie seinen musikalischen Horizont erweitern.
    Seit 1994 das erste Album "Welcome To The Cruel World" erschien, hat sich Ben Harper zu einem sehr erfolgreichen und angesehenen Songwriter in Folk, Blues und Reggae entwickelt. Als er mit Anfang 20 die Mundharmonika-Legende Charlie Musselwhite zum ersten Mal traf, spielte er im Vorprogramm eines anderen Blues-Schwergewichts: John Lee Hooker. Der war ein guter Freund von Musselwhite.
    Charlie Musselwhite: "1993 ist John Lee Hooker im Sweetwater Café in Mill Valley Kalifornien aufgetreten und Ben war der Aufwärm-Act. Bens Energie und seine Texte hatten dieses Bluesgefühl. Ich habe es gleich erkannt und dachte mir: Der Typ ist interessant. Ich wusste sonst nichts über ihn, aber er hatte es drauf."
    Charlie Musselwhite hat die Geburt des Rock‘n‘Roll miterlebt
    Charlie Musselwhite ist in den 50er Jahren in Memphis aufgewachsen und hat dort die Geburt des Rock‘n‘Roll miterlebt. Er lernte Mundharmonika spielen und zog mit 18 Jahren nach Chicago, wo er den "elektrischen" Blues kennenlernte. 1967 erschien das erste von über 20 eigenen Alben. Musselwhite hat mit Künstlern wie Bonnie Raitt oder Tom Waits zusammengearbeitet, und er ist das Vorbild für Dan Aykroyds Filmcharakter "Blues Brother" Elwood. 1997 nahmen er und Ben Harper den Song "Burnin‘ Hell" auf, 2013 erschien schließlich das gemeinsame Album "Get Up!". Aber das war erst der Anfang.
    Charlie Musselwhite: "Das erste Album war ein Experiment. Wir wussten nicht, ob es funktionierten würde. Es war ein bisschen anders: Moderner Blues, aber auch Rock. Und das kam gut an. Als wir dann auf Tour waren und die Reaktionen des Publikums sahen, wussten wir: Das ist noch nicht vorbei. Danach hatte ich das Gefühl, dass die neuen Songs schon ungeduldig im Studio auf uns warten."
    US recording artists Charlie Musselwhite (L) and Ben Harper (R) fist bump after performing during an interactive student workshop Event, 2013
    Charlie Musselwhite und Ben Harper begrüßen sich mit "Fist bump" (picture alliance / dpa - Shawn Thew)
    Dass zwischen den beiden die kreative Chemie stimmt, hört man auch auf "No Mercy In This Land". In den zehn zeitlosen Bluesnummern ergänzen sich Harpers Gesang und Musselwhites Mundharmonika-Spiel auf kongeniale Art und Weise. Aufgenommen haben sie die Stücke natürlich live, zusammen mit ihrer Backgroundband.
    Die Texte drehen sich um Trauer, Schmerz und Hoffnung. Sie verweben das Leben der beiden Künstler mit den großen amerikanischen Erzählungen des Überlebens und Durchhaltens – trotz aller Widrigkeiten. Der Song "The Bottle Wins Again" hatte für Ben Harper eine buchstäblich ernüchternde Nachwirkung.
    Dem Alkohol entsagt
    Ben Harper: "Es hat viel Spaß gemacht, den Song aufzunehmen, er hat den Raum regelrecht ausgefüllt. Im Text geht es darum, wie Alkohol dein Leben ruinieren kann, wenn du nicht aufpasst. Nachdem wir den Song aufgenommen hatten, habe ich aufgehört zu trinken und seitdem auch keinen Alkohol mehr angefasst. Ich habe vier Kinder im Teenager-Alter und hoffe, dass ich ihnen so ein gutes Vorbild sein kann."
    Auch wenn mit "No Mercy In This Land" das Rad sicher nicht neu erfunden wird, kann man auf dem Album Ben Harper und Charlie Musselwhite von ihren besten Seiten entdecken. Ihre Spielfreude und Musikalität ist in jeder Note hör- und spürbar. Und wer möchte, kann danach noch in den unendlichen Backkatalog des Blues abtauchen und die Ursprünge des Rock‘n‘Roll erkunden.