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Benedikt-Tour

Nein, ein Johannes XXIII. ist Benedikt XVI. leider nicht. Der Bayer schleicht sich nicht wie sein Vorgänger 1960 aus dem Vatikan, als einfacher Priester gekleidet, um mehr oder weniger anonym in seinen Lieblingslokalen zu speisen. Josef Ratzinger ist aus anderem Holz geschnitzt. Doch auch wenn über die persönlichen Vorlieben und seine Lieblingsadressen nur wenig bekannt ist, kann der Rombesucher eine Benedikt-Tour unternehmen.

von Thomas Migge |
    Zu jenen Orten, die Ratzinger als Kardinal frequentierte und die heute fast schon den Status von Pilgerorten haben. Den Papst wird man dabei sicherlich nicht antreffen, aber dafür auf Römer stoßen, die über Papa Ratzinger berichten, wie zum Beispiel dieser Kellner aus dem "Tiroler Keller" in der Via Vitelleschi 23:

    "Für mich war es immer eine Ehre ihn bedienen zu dürfen, wenn er als Kardinal hier mal zum Essen kam. Er mochte besonders unser Bier und die deftigen Gerichte mit Kraut und Würsten, so deutsche Sachen halt. Das war doch immer schon so."

    Dass der Bayer aber nicht nur "deutsche Sachen" auf dem Teller mag, bescheinigt man uns in der sardischen Trattoria "I quattro mori" in der Via Santa Maria delle Fornaci, nicht weit von der Glaubensbehörde entfernt, in der Ratzinger lange Jahre über die Einhaltung des richtigen Glaubens wachte.

    Im Gegensatz zu seinem durchaus lukullisch veranlagten Vorgänger ist Papst Benedikt XVI. aber für seine asketische Lebensführung bekannt und er isst am liebsten allein oder mit nur einem Begleiter. Er mag es nicht in einer Gruppe zu essen", berichtet uns Lino Licheri, Besitzer von I quattro mori. Josef Ratzinger, verrät Signor Lino, bevorzuge leichte und einfache Speisen, vor allem Fisch und Gemüse. Einer frommen Legende zufolge soll sich der Papst einmal im Monat typische Capri-Desserts aus der Trattoria "Ambasciata di Capri", in der Via Visconti 52, nicht weit vom Vatikan, kommen lassen. Ein Lokal, in dem seit der Papstwahl erstaunlich viele Deutsche auf Ratzingers gastronomischen Spuren wandeln.

    Wein scheint dem deutschen Benedikt nicht so zu liegen. Es findet sich keine einzige römische Enoteca, die sich damit rühmt, erst den Kardinal und jetzt den Papst zum Kunden zu haben. Unbestrittenen Gerüchten zufolge mag Ratzinger anstatt von Wein nicht zu kühle Fanta zum Essen.

    Doch wer sich mit päpstlichen Socken, extra hackenverstärkt, und mit anderen klerikalen Kleiderstücken für den Hausgebrauch oder das Kostümfest eindecken will, wird gleich mehrere Adressen in Rom finden.

    Die Papstschneider haben ihre Adresse in der lebhaften Via dei Cestari beim Pantheon. Eine ganze Straße mit allen Produkten, die das Herz von Geistlichen, Ordensmännern und -frauen höher schlagen lassen. Hier liegen Bischofsringe und tragbare Altäre, Jesus und Maria in allen Ausführungen, kostbarste Klerikergewänder und Nonnenunterwäsche verführerisch in den Auslagen. Die Top-Adresse Ratzingers ist die Schneiderfamilie Gammarelli.

    Seit dem Pontifikat Pius' X. (1903-1914) ist dieser kleine und feine Laden für die Ausstattung des Papstes verantwortlich. Doch direkt nach seiner Wahl wollte sich Ratzinger zunächst nicht bei Gamarelli einkleiden, berichtet der römische Journalist Filippo Ceccarelli von der Tageszeitung "la Repubblica":

    ""Er traf eine Wahl, er entschied sich, nachdem er zum Papst geworden war, seinem langjährigen Schneider Raniero Mancinelli, der vor rund 20 Jahren von seiner Schwester Maria entdeckt worden war, treu bleiben. Doch mit dieser Entscheidung stieß er auf bitterböse Reaktionen vonseiten Francesco Gammarellis. Die jahrelange Tradition könne nicht einfach gebrochen werden, so wurde der beleidigte Papstausstatter in den Medien zitiert"."

    Unglaublich aber wahr: Ratzinger beugte sich der Etikette und nahm von seinem privaten Schneider Abschied. Doch Rompilger mit Stil und Sinn für elegante und maßgeschneiderte Herrenanzüge sind bei Maestro Raniero herzlich willkommen. Die päpstliche Maße verrät er allerdings nicht.

    Schon in den ersten Wochen seiner Amtszeit fiel Papst Benedikt durch sein ausgeprägtes Modebewusstsein auf. Seine feuerroten Schuhe sind von Prada, seine Baseballmütze von Adidas und seine Sonnenbrille ein Produkt der amerikanischen Firma Serengeti-Bushnell. Um zu verhindern, dass der Papst als Werbeträger missbraucht wird, entfernten seine Haushälterinnen vor der Benützung jedoch sämtliche Markenlogos aus den päpstlichen Kleidungsstücken.

    Eine der Lieblingskirchen von Benedikt XVI. ist die S. Maria dell¹Anima, die deutsche Nationalkirche in der gleichnamigen Straße bei der Piazza Navona.

    Ein anderes Gotteshaus, in dem der Kardinal oft betete und das heute von vielen Benediktfans besucht wird, findet sich direkt beim deutschen Friedhof. Der liegt im Vatikan. Fragt man am Eingangstor in den Kirchenstaat, linkerhand der Petersbasilika, einen der Schweizer Gardisten nach dem deutschen Friedhof und der Kirche, weist er einem gleich den Weg.

    Eine ganz besondere Ratzinger-Adresse liegt ebenfalls im Vatikan. Wenn der Papst ein ärztliches Rezept einlösen will, dann tut er das in der Vatikanapotheke. Sie ist auch für Nicht-Vatikanbürger durch die Porta S. Anna zu erreichen. Gegen Vorlage eines Rezeptes und eines gültigen Ausweises erhält der Rombesucher einen Passierschein zur Apotheke. Ein Geheimtipp für Parfümliebhaber, denn Duftwässerchen kosten hier viel weniger als anderswo.