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Bericht der Bundesregierung
Immer weniger erhalten BAföG

Die Bundesregierung hat ihren BAföG-Bericht veröffentlicht, wozu sie alle zwei Jahre verpflichtet ist: Diese Ausgabe kam spät – und das Publizieren geschah so diskret, dass kaum jemand etwas davon mitbekam. Die Zahlen sind auch alles andere als gut.

Von Christiane Habermalz | 14.12.2017
    Antrag auf Ausbildungsförderung nach BAföG
    Antragsformular gemäß BAföG: Weniger berechtigte Studierende (imago/suedraumfoto)
    Der 21. BAföG-Bericht der Bundesregierung wurde gestern endlich veröffentlicht, naja: Online gestellt. Auf der Website des Bundesbildungsministeriums – nachdem er zuvor vom Kabinett verabschiedet wurde. Kaum jemand bekam das überhaupt mit, keine Pressemitteilung, keine Statements der Ministerin. Für Kai Gehring, Bildungspolitiker der Grünen im Bundestag, ist klar, warum die Bundesregierung mit dem Bericht nicht hausieren geht: Die Zahlen sind mies:
    "Weil es ein maximal peinliches Ergebnis für sie ist. Weil die BAföG-Novelle der Großen Koalition keine Effekte hat. Das BAföG ist weiter auf Talfahrt. Sowohl die Zahl als auch der Anteil der Bafög-Empfängerinnen und Empfänger sind gesunken, und das ist ein schlechtes Zeugnis für die BAfög-Politik der großen Koalition."
    Zahl der Berechtigten 16 Prozent niedriger
    Der Bericht war lange überfällig. Eigentlich hätten die Zahlen bereits 2016 vorgelegt werden müssen, doch wegen der BAföG-Reform der Großen Koalition im gleichen Jahr war der Bericht um ein Jahr verschoben worden.
    Jetzt hatte es das Bundesbildungsministeriums so eilig, den Bericht wie angekündigt noch 2017 zu veröffentlichen, dass noch nicht mal Zeit blieb, den Expertenbeirat des Ministeriums für eine Stellungnahme einzuberufen.
    Laut Bericht ist zwischen 2012 und 2016 die Zahl der BAföG-Berechtigten um 16,7 Prozent gesunken. Damit erhält nur noch jeder fünfte Studierende die Ausbildungsförderung – vor fünf Jahren war es noch fast jeder dritte. Und auch die Zahl der geförderten Schüler ist gesunken.
    Achim Meyer auf der Heide, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks, sagt:
    "Dass die Zahl der Geförderten trotz der Erhöhung der Einkommensgrenzen nicht gestiegen ist, ist keine gute Nachricht."
    Fördersatz ist gestiegen
    Zwar bekommen die, die gefördert werden, im Schnitt heute um die acht Prozent mehr als noch vor vier Jahren – Folge der Erhöhung der Beitragssätze und der Elternfreibeträge durch die Große Koalition im Jahr 2016.
    Dennoch rächt sich, dass die BAföG-Sätze zuvor sechs Jahre lang nicht angepasst wurden. Als die Reform schließlich kam, fiel sie zu niedrig aus und konnte mit den gestiegenen Lebenshaltungskosten nicht mithalten, kritisiert das Studentenwerk. Bereits im Sommer hatte es in einer Studie festgestellt, dass immer mehr Studierende arbeiten müssen, um über die Runden zu kommen. Vor allem die hohen Mieten sind für die, die keinen Platz im Wohnheim finde, kaum zu bewältigen. wie auch Achim Meyer auf der Heide verdeutlicht:
    "Und da reicht auch die BAföG-Pauschale nicht, auch nicht die erhöhte, weil die durchschnittlichen Mietkosten sind sehr viel höher, und insofern sparen sie dann zum Beispiel beim Essen."
    Ministerin Wanka verfehlt Ziel
    Die Bundesregierung erklärt die sinkenden Förderzahlen damit, dass sich die Wirtschaftslage verbessert habe und die Eltern damit im Schnitt mehr Geld verdienen. Dies führe "zwangsläufig zu geringeren Gefördertenzahlen", heißt es in dem Bericht. Und sie verweist darauf, dass der Abwärtstrend durch die Novelle 2016 "erheblich abgeschwächt wurde".
    Doch von ihrem ursprünglichen Ziel, mehr als 100.000 Personen zusätzlich mit BAföG zu versorgen, ist Bundesbildungsministerin Johanna Wanka weit entfernt. Dabei hatte die CDU-Politikerin in ihrer Amtszeit gerade das Thema BAföG hoch aufgehängt. Ihr ist es zu verdanken, dass seit 2014 der Bund die Ausbildungsförderung alleine übernimmt, die BAföG-Erhöhungen müssen seitdem nicht mehr mühselig mit allen Bundesländern ausgehandelt werden.
    Doch diese Möglichkeiten habe sie nicht genutzt, kritisiert Gehring:
    "Das heißt der Bund kann jetzt auch ohne Absprache mit den Ländern eine große BAföG-Reform auf den Weg bringen. Das wiederum ist versäumt worden."
    Regelungsbedarf erkannt
    Immerhin zieht auch das Bundesbildungsministerium den Schluss, dass angesichts anhaltend hoher Studierendenzahlen und steigender Mietkosten die Bedarfssätze und Freibeträge neu angepasst werden müssen. Dies sei Aufgabe der neuen Bundesregierung, heißt es im Bericht. Warum nicht früher, fragt Auf der Heide.
    "Ich denke auch, dass selbst die geschäftsführende Bundesregierung das tun könnte, und das wäre natürlich jetzt der Fall."
    Bei der Gelegenheit müsse dringend auch darüber geredet werden, das BAföG nur in der Regelstudienzeit gezahlt wird. Denn 68 Prozent der Studierenden würden für ihr Studium zwei Semester länger brauche und fielen dann aus der Förderung heraus.