Eine überaus ernüchternde Bilanz zieht die Weltnaturschutz-Union in ihrem Bericht: Die Palmöl-Produktion trage wesentlich zum Artensterben bei. Aber Palmöl komplett zu verbannen sei eben auch kein Weg, das Artensterben zu beenden. Denn – ein Aus für Ölpalmen würde nur zu einer Verlagerung des Problems führen. Tatsache ist: Weltweit steigt der Bedarf nach pflanzlichem Öl. Raps, Sonnenblumen oder ähnliche Ölpflanzen aber brauchen bis zu neun Mal so viel Platz und Boden zur Produktion derselben Mengen wie Ölpalmen. Palmöl stelle deshalb letztendlich das wohl geringere Übel dar, macht der Bericht deutlich.
Orang-Utans können sich anpassen
Obgleich sich der Betrieb von Ölpalmen-Plantagen negativ auswirkt auf 193 Arten, die auf der roten Liste der Weltnaturschutz-Union stehen, vom Aussterben bedroht sind. An vorderster Stelle Orang-Utans, Gibbon-Affen, Tiger – Bewohner tropischer Wälder. Wenn die nicht weiterhin abgeholzt würden für neue Plantagen, resümiert der Bericht, dann ließe sich die Umweltbilanz deutlich verbessern. Also: Wenn die Plantagen anders, um nicht zu sagen: überhaupt geplant würden. Das käme auch den Orang-Utans zugute, sagt Marc Ancrenaz. Der Wissenschaftler leitet seit über 20 Jahren ein Rettungsprogramm für die Menschenaffen im malaysischen Borneo. Malaysia und Indonesien halten 85 Prozent der globalen Palmöl-Produktion. Marc Ancrenaz:
"Bei unserer Forschung haben wir festgestellt, dass Orang-Utans dank ihrer Intelligenz fähig sind, sich sogar einer drastischen Veränderung ihrer Umwelt anzupassen. Das soll nicht heißen, dass sie nun inmitten einer Ölpalmen-Plantage überleben könnten. Es soll aber heißen: Wenn wir bei neuen Plantagen mosaikartige Waldparzellen stehenlassen, biologische Korridore anlegen, hätten Menschenaffen sehr wohl eine Chance, zu überleben."
Einfache Lösungen gibt es keine
Massiv für Ölpalmen-Plantagen abgeholzt wird vor allem in Malaysia und Indonesien. Weltweit allerdings gehen nur 0,4 Prozent der Rodungen auf die Palmöl-Produktion zurück, stellt der Bericht der Weltnaturschutz-Union klar. Und: Selbst wenn die 128-Seiten-Analyse kritisiert, dass als nachhaltig zertifiziertes Palmöl noch längst nicht wirklich nachhaltig ist, so kehrt sie auch hervor, was das Label positiv angestoßen hat. Erik Meijaard, einer der Hauptautoren, nennt ein Schlüsselwort. "Zusammenarbeit. Es ist bewusst, dass alle Hand in Hand agieren müssen, Konsumenten, Märkte, Produzenten und Regierungen. Und da geht es nicht nur um die Palmöl-Produktion. Da werden auch Maßstäbe gesetzt für die Hersteller anderer Pflanzenöle, wie beim Soja-Anbau in Argentinien und Brasilien."
Der privaten Organisation RSPO, Roundtable for sustainable Palm Oil, 2003 gegründet, gehören inzwischen 3.500 Mitglieder an: Plantagenbesitzer, Händler, Vertreter der Industrien, die Palmöl nutzen. Und immer mehr Regierungen. RSPO und die Weltnaturschutz-Union sagen beide: Die Palmöl-Produktion ist ein überaus komplexes Thema. Einfache Lösungen für mehr Umweltverträglichkeit gibt es keine. Dafür aber Ansätze, um die rasante Ausdehnung von Plantagen zu drosseln. Indem beispielsweise Palmöl nicht mehr im Biosprit genutzt wird. Das hat gerade die Europäische Union beschlossen: Ab 2030 darf kein Palmöl mehr in den Tank.
Bis kommenden November will auch der RSPO striktere Standards für mehr Nachhaltigkeit vorlegen, sagt dessen Präsident Datuk Darrel Webber. "Der Kunde ist Teil der Lösung. Wenn der Kunde aber nicht mit seinem Kauf die Produktion nachhaltigen Palmöls ermutigt, dann verlieren wir eine Gelegenheit, den Sektor positiv zu verändern."