"Ich habe keine Lust mehr zu reden. Eigentlich ziehen wir jeden Morgen in den Krieg", sagt die engagierte Lehrerin, und die Schüler singen ein altes Volkslied mit der Zeile "Das Leben mit seinen Träumen, zerfällt in Asch´ und Staub." Die Situation scheint hoffnungslos für alle, und dennoch versucht die Lehrerin gegen Unkonzentriertheit und heftige Aggressivität ihrer Schüler Unterricht zu machen. Dann fällt ihr, als sie zwei streitende Jugendliche zu trennen sucht, eine Pistole vor die Füße.
Als sie mit der Pistole und den Schülern zum Direktor will, muss sie sich gegen Handgreiflichkeiten wehren und schießt einen der beiden in Panik an. Daraufhin schließt sie sich mit den Schülern ein und beginnt mit der Pistole in der Hand eine neue Art von Unterricht. "La Journée de la Jupe" oder, in der deutschen Fassung "Heute trage ich Rock", heißt der französische Spielfilm, der im letzten Jahr auf der Berlinale Aufsehen erregte und in diesem Jahr für den César nominiert wurde.
Gezeigt wird eine Lehrerin, die frauenfeindliches Verhalten auch und gerade dann nicht akzeptieren will, wenn es mit religiösen Überzeugungen und sozialen Übereinkünften begründet wird. Nur weil sie einen Rock trägt, wird sie von den Jungen ihrer Klasse, die ausschließlich aus Jugendlichen mit Migrationshintergrund besteht, wie ihre Schülerinnen als Nutte und Schlampe bezeichnet. Während man draußen glaubt, sie sei als Geisel genommen worden und die Polizei anrückt, rückt die Lehrerin gegen die Front der Schüler vor und bringt sie mit ihren Fragen über Religion, Selbstbestimmtheit, Frauen- und Männerrollen mächtig ins Wanken.
Der Film spielt in der Pariser Banlieue und beleuchtet mit Außenaufnahmen auch das politische und soziale Umfeld der Schule. Es gibt viele private Probleme der Erwachsenen, es gibt ein defensives, angepasstes Lehrerkollegium, einen massiven Polizeieinsatz mit einem guten und einem bösen Kommissar und eine politisch taktierende Ministerin. Die Bühnenfassung von Regisseur Stefan Lochau, der den Film in seiner Bühnenfassung unter dem Titel "underdog.de" auf Berliner Verhältnisse zu übertragen sucht, reduziert sich ganz auf die Lehrerin und ihre Schüler und verlässt den Schulraum nicht. Das Theaterstück konzentriert sich auf die Darstellung eines Zustands, dessen Zustandekommen und Gründe erst aus den Konfrontationen zwischen Lehrerin und Schülern deutlich werden. Wir erleben eine Art Gruppensitzung mit immer neuen Frontstellungen, mehr einen Situationsbericht als eine Analyse.
Natürlich ist die soziale Situation in der Pariser Banlieue anders, sicher auch härter, und doch ähnelt die Jugendwelt in manchen Stadtteilen und Schulen Berlins der französischen durchaus. In der deutschen Bühnenfassung beschäftigt man sich im Unterricht mit Schiller, im französischen Film mit Molière. Viel mehr wurde nicht verändert, selbst die Rollen sind typgerecht nach der Filmvorlage besetzt. Ein kahler Raum, ein paar Stühle, manchmal ein Spot auf eine Figur, die dann von ihren Erfahrungen und Sehnsüchten erzählt, und immer wieder der Kampf um Haltungen und Macht. Die Lehrerin, manchmal hilflos, zuweilen verwirrt, ist keine beflissene Liberale, sondern eine intelligente, offene Frau, die sich gegen männliche Doppelmoral wehrt und ihr Recht auf Selbstbestimmtheit fordert. Wenn daraufhin Bewegung in die Front der Jugendlichen kommt, wenn eine Bosnierin mit Kindheitserfahrungen von Gewalt gegen Frauen der Lehrerin hilft, wenn eine Massenvergewaltigung einer Mitschülerin durch einen Handyfilm offenbar wird und die dominanten Macker der Klasse angezeigt und sozial isoliert werden, dann wirkt das in der Berliner Aufführung nicht wie eine Folge wohlfeiler Klischees.
Denn das engagierte kleine Berliner Privattheater Vagantenbühne, im Keller neben dem Theater des Westens gelegen, in dem das Publikum mit "Der Schuh des Manitus" unterhalten wird, hat Erfahrung mit zeitgenössischen sozialkritischen Themen: Derzeit spielt man auch Nigel Williams "Klassenfeind 2.0" und Lutz Hübners "Ehrensache". Das alles ist nicht spektakulär, aber es ist Theater, das nicht die Wirklichkeit ästhetisiert oder abbildet, sondern sie befragt.
Es ist Theater, das nicht die Titelzeilen erobert, aber das Interesse eines jungen Publikums. Die Jugendlichen in "underdogs.de" werden von Mittzwanzigern gespielt, von zumeist Theater erfahrenen Laien mit Bühnenpräsenz und Migrationshintergrund. Die füllen ihre Rollen mit Kraft und Dringlichkeit aus, ohne dabei unbedingt authentisch sein zu wollen oder zu sollen. Es ist eine besondere, klare Form von Realismus, mit dem diese Inszenierung überzeugt. Eine Inszenierung, die keine eindeutigen Antworten gibt, sondern mit einem halbwegs offenen Schluss endet. Die Lehrerin übernimmt die Schuld für einen Jugendlichen, der im Gerangel einen anderen erschossen hat, und bleibt, anders als im Film, in dem sie vom polizeilichen Einsatzkommando erschossen wird, am Leben. Wie die Probleme.
Als sie mit der Pistole und den Schülern zum Direktor will, muss sie sich gegen Handgreiflichkeiten wehren und schießt einen der beiden in Panik an. Daraufhin schließt sie sich mit den Schülern ein und beginnt mit der Pistole in der Hand eine neue Art von Unterricht. "La Journée de la Jupe" oder, in der deutschen Fassung "Heute trage ich Rock", heißt der französische Spielfilm, der im letzten Jahr auf der Berlinale Aufsehen erregte und in diesem Jahr für den César nominiert wurde.
Gezeigt wird eine Lehrerin, die frauenfeindliches Verhalten auch und gerade dann nicht akzeptieren will, wenn es mit religiösen Überzeugungen und sozialen Übereinkünften begründet wird. Nur weil sie einen Rock trägt, wird sie von den Jungen ihrer Klasse, die ausschließlich aus Jugendlichen mit Migrationshintergrund besteht, wie ihre Schülerinnen als Nutte und Schlampe bezeichnet. Während man draußen glaubt, sie sei als Geisel genommen worden und die Polizei anrückt, rückt die Lehrerin gegen die Front der Schüler vor und bringt sie mit ihren Fragen über Religion, Selbstbestimmtheit, Frauen- und Männerrollen mächtig ins Wanken.
Der Film spielt in der Pariser Banlieue und beleuchtet mit Außenaufnahmen auch das politische und soziale Umfeld der Schule. Es gibt viele private Probleme der Erwachsenen, es gibt ein defensives, angepasstes Lehrerkollegium, einen massiven Polizeieinsatz mit einem guten und einem bösen Kommissar und eine politisch taktierende Ministerin. Die Bühnenfassung von Regisseur Stefan Lochau, der den Film in seiner Bühnenfassung unter dem Titel "underdog.de" auf Berliner Verhältnisse zu übertragen sucht, reduziert sich ganz auf die Lehrerin und ihre Schüler und verlässt den Schulraum nicht. Das Theaterstück konzentriert sich auf die Darstellung eines Zustands, dessen Zustandekommen und Gründe erst aus den Konfrontationen zwischen Lehrerin und Schülern deutlich werden. Wir erleben eine Art Gruppensitzung mit immer neuen Frontstellungen, mehr einen Situationsbericht als eine Analyse.
Natürlich ist die soziale Situation in der Pariser Banlieue anders, sicher auch härter, und doch ähnelt die Jugendwelt in manchen Stadtteilen und Schulen Berlins der französischen durchaus. In der deutschen Bühnenfassung beschäftigt man sich im Unterricht mit Schiller, im französischen Film mit Molière. Viel mehr wurde nicht verändert, selbst die Rollen sind typgerecht nach der Filmvorlage besetzt. Ein kahler Raum, ein paar Stühle, manchmal ein Spot auf eine Figur, die dann von ihren Erfahrungen und Sehnsüchten erzählt, und immer wieder der Kampf um Haltungen und Macht. Die Lehrerin, manchmal hilflos, zuweilen verwirrt, ist keine beflissene Liberale, sondern eine intelligente, offene Frau, die sich gegen männliche Doppelmoral wehrt und ihr Recht auf Selbstbestimmtheit fordert. Wenn daraufhin Bewegung in die Front der Jugendlichen kommt, wenn eine Bosnierin mit Kindheitserfahrungen von Gewalt gegen Frauen der Lehrerin hilft, wenn eine Massenvergewaltigung einer Mitschülerin durch einen Handyfilm offenbar wird und die dominanten Macker der Klasse angezeigt und sozial isoliert werden, dann wirkt das in der Berliner Aufführung nicht wie eine Folge wohlfeiler Klischees.
Denn das engagierte kleine Berliner Privattheater Vagantenbühne, im Keller neben dem Theater des Westens gelegen, in dem das Publikum mit "Der Schuh des Manitus" unterhalten wird, hat Erfahrung mit zeitgenössischen sozialkritischen Themen: Derzeit spielt man auch Nigel Williams "Klassenfeind 2.0" und Lutz Hübners "Ehrensache". Das alles ist nicht spektakulär, aber es ist Theater, das nicht die Wirklichkeit ästhetisiert oder abbildet, sondern sie befragt.
Es ist Theater, das nicht die Titelzeilen erobert, aber das Interesse eines jungen Publikums. Die Jugendlichen in "underdogs.de" werden von Mittzwanzigern gespielt, von zumeist Theater erfahrenen Laien mit Bühnenpräsenz und Migrationshintergrund. Die füllen ihre Rollen mit Kraft und Dringlichkeit aus, ohne dabei unbedingt authentisch sein zu wollen oder zu sollen. Es ist eine besondere, klare Form von Realismus, mit dem diese Inszenierung überzeugt. Eine Inszenierung, die keine eindeutigen Antworten gibt, sondern mit einem halbwegs offenen Schluss endet. Die Lehrerin übernimmt die Schuld für einen Jugendlichen, der im Gerangel einen anderen erschossen hat, und bleibt, anders als im Film, in dem sie vom polizeilichen Einsatzkommando erschossen wird, am Leben. Wie die Probleme.