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Berliner re:publica
Von der Nerd-Show zum Gesellschaftskongress

Die Berliner re:publica" ist mehr als eine Konferenz: Sie ist ein Happening. Mit über 6.000 Besuchern ist die ehemalige Nerd-Veranstaltung nun auch für Journalisten, Hacker, Aktivisten, Wissenschaftler und Manager interessant. Ihr gemeinsames Thema lautet dieses Jahr "Finding Europe".

Von Pauline Tillmann | 09.05.2015
    re:publica 2015
    Internetkonferenz re:publica 2015 unter dem Motto "finding europe". (picture alliance / dpa / Foto: Britta Pedersen)
    Die re:publica in Berlin ist mehr als eine Konferenz. Es ist ein Happening mit unzähligen Bühnen, Messeständen, Musik, Burgern, Kaffee, Cola und Bier. Vor neun Jahren mit ein paar Bloggern gestartet, sind es heute mehr als 6.000 Besucher. Damit hat sich die Nerd-Veranstaltung zu einem internationalen Gesellschaftsfestival mit Schwerpunkt auf digitalen Themen gemausert. Deshalb sind jetzt nicht mehr nur Blogger dabei, sondern auch: Journalisten, Hacker, Aktivisten, Wissenschaftler und sogar Manager. Das Thema in diesem Jahr: "Finding Europe".
    "Wir finden es gibt eine ganze Menge Gemeinsamkeiten zwischen Europa und dem Internet. Beides war mal eine sehr positive Utopie, die Brüche bekommen hat."
    Sagt Markus Beckedahl, Veranstalter und Gründer des Blogs netzpolitik.org. Ihm sind liegen Themen wie Datenschutz, Vorratsdatenspeicherung und Netzneutralität besonders am Herzen. Aber bei den 450 Panels wird auch vieles andere besprochen. So zum Beispiel: "Wie kann man auf YouTube Geld verdienen?" Auf dem Podium einer der bekanntesten YouTuber, Florian Mundt, alias "LeFloid".
    "Ich fand die Formulierung gerade super: Ich muss nicht mehr arbeiten, YouTube würde reichen. Das kann ich nicht ganz unterschreiben, denn ich habe mit zwei laufenden Kanälen und dem ganzen Zeug, das mache, eine 70-Stunden-Woche – und das ist auch Arbeit."
    Kritik an YouTubern, die aufs Geldverdienen aus sind
    Er kritisiert, dass viele YouTuber nicht von einer Leidenschaft getrieben seien, sondern nur von der Idee, damit von Anfang an Geld verdienen zu wollen. Trotzdem handele es sich bei YouTube um einen "riesigen Talentpool". Die Perlen müsse man allerdings aufmerksam suchen. Auffällig: Bei "LeFloid" gab es nach der Diskussion so viel Andrang wie bei keiner anderen Veranstaltung. Der Grund: Viele junge Teilnehmer wollten sich unbedingt ein Autogramm holen. Doch bei der re:publica wurde nicht nur über jüngere Zielgruppen diskutiert, sondern auch über neue Formen der Finanzierung. Eine Möglichkeit: gemeinnütziger Journalismus. Dazu Günter Bartsch vom Verein netzwerk recherche:
    "Naja, wir stellen halt fest, dass Journalisten weiterhin sehr innovativ arbeiten und nach Möglichkeiten suchen, ihre Projekte zu finanzieren. Und eine Möglichkeit wäre eben Journalismus auf gemeinnütziger Basis zu betreiben – wie das in den USA schon Gang und Gäbe ist – da gibt es mehr als 100 Organisationen, die auf dieser Basis arbeiten. Und das wäre eine Möglichkeit auch in Deutschland als journalistisches Projekt Fuß zu fassen."
    Netzwerk recherche will Journalismus als gemeinnützig anerkennen lassen
    Netzwerk recherche kämpft mit einer Initiative dafür, dass Journalismus auch in Deutschland als gemeinnützig anerkannt wird. Bislang ist das nicht der Fall. Gemeinnützig ist BuzzFeed nicht, dafür sehr erfolgreich. Seit vergangenem Oktober gibt es auch eine deutsche Ausgabe. Chefredakteurin Juliane Leopold erklärt:
    "Wichtig ist für uns, wenn wir an Themen herangehen zu überlegen: Wie kann ein Artikel aussehen, dass Menschen ihn gerne teilen würden? Also den sie nicht nur gerne lesen, sondern den sie darüber hinaus auch sagen: Okay, das ist so gut, so witzig oder informativ, so unterhaltend, das will ich jetzt noch weitergeben. Und das ist ein anderer Ansatz als: Ich packe jetzt mal alles was ich weiß in einen Artikel."
    BuzzFeed bezeichnet sich selber als das "Medienunternehmen für das soziale Zeitalter". Demnach spielen soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter eine zentrale Rolle für die Unternehmensstrategie.
    "Wir versuchen Posts, Artikel zu verfassen, die besonders ansteckend sind, in Anführungszeichen, und das sind sehr unterhaltende Formate und das sind in erster Linie bewegende Formate. Es geht also in erster Linie um Emotionen als Ausgangspunkt. Und wenn wir die Leserinnen und Leser dadurch auf die Seite bekommen und sie einfangen konnten, anstecken konnten, dann versuchen wir sie zum Ankleben zu bringen."