Samstag, 27. April 2024

"Plapper"-App
Berliner Sprachwissenschaftler führen Umfrage durch - Linguistin: "Wir wissen nicht, wie Deutschland spricht"

Wissenschaftler erhoffen sich neue Erkenntnisse über die aktuelle Sprechweise der Deutschen. Das Berliner Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft (ZAS) hat dazu die App "Plapper" entwickelt.

25.07.2023
    An einem Wohnhaus in Köln steht die Kölsche Redewendung "Et kütt wie et kütt".
    Um den Sprachgebrauch und die Redeweise der Deutschen zu erforschen, wurde eine sogenannte "Plapper"-App entwickelt. (imago images / Steinach / Sascha Steinach via www.imago-images.de)
    Es gebe kein umfassendes Bild darüber, wie Deutschland eigentlich spreche, sagte Studienleiterin Jannedy. "Da haben wir eine riesige Datenlücke". Die "Plapper"-App soll Abhilfe schaffen und die Sprache von Menschen analysieren, die bisher seltener den Weg in wissenschaftliche Labore gefunden haben. Dazu gehören laut der Linguistin etwa Schichtarbeiter, Bürgerinnen mit geringem Einkommen oder körperlichen Einschränkungen, Bewohner vom Land, Menschen, die Dialekt sprechen oder einen Migrationshintergrund haben.
    "Wir wollen an die Aldi-Verkäuferin, den Busfahrer und die Müllwerkerin ran", erklärte Jannedy. "Man könnte auch sagen: Wir wollen den Leuten aufs Maul schauen." Es gehe nicht um eine Stigmatisierung - im Gegenteil. "Wir brauchen für unsere Untersuchung einen guten soziodemografischen Schnitt der Gesellschaft. Alle Bevölkerungsgruppen sollen sich Gehör verschaffen können.
    Die App gibt es seit November. Wer sich das Mini-Programm auf das Handy oder Tablet herunterlädt, kann an kurzen Umfragen zum Sprachgebrauch und an phonetischen Studien teilnehmen. Dafür muss man Sätze vorlesen, die etwa viele Vokale oder bestimmte Konsonanten enthalten. In weiteren Rubriken geht es um Zweifelsfälle in Schreibweise und Grammatik oder um Interpretationen von sprachlichen Ungenauigkeiten. Die Teilnahme ist kostenlos und anonym.
    Laut Studienleiterin Jannedy geht es zunächst darum, eine Basis zu schaffen - sozusagen einen Sprachstand 2023 -, auf den man dann in späteren Jahren zurückgreifen könne, um Veränderungen festzustellen. "Sprache ist ja nichts Statisches", so Jannedy. Langfristiges Ziel sei, festzustellen, "welche Gruppen die Sprachveränderung und den Sprachwandel befördern."
    Diese Nachricht wurde am 25.07.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.