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Berliner Universität bietet Reisen an

Dass die Humboldt-Universität nun zum Reiseunternehmen wird, hat Dirk Radzinski ausgetüftelt. Sozusagen von Amts wegen. Denn er ist Geschäftsführer von Humboldt-Innovation, einer hundertprozentigen Tochter der Humboldt-Uni. Seit drei Jahren sucht die Firma nach neuen Wegen zur Vermarktung von Wissenschaft. Für das Reiseunternehmen habe es keine wirklichen Vorbilder gegeben sagt Dirk Radzinski, der darin auch zu allererst einen Werbeeffekt für die Hochschule sieht.

Von Daniela Siebert |
    "Die Universität zeigt nach außen was sie eigentlich kann und was sie eigentlich tut. Wenn Geld übrig bleibt - was nicht so oft und so häufig der Fall sein wird - dann geht das zurück in die Arbeitsgruppen. Aber wenn man weiß wie es um die deutschen Universitäten bestellt ist, dann können manchmal auch tausend Euro heißt dann auch: ich kann eine studentische Hilfskraft zwei Monate lang beschäftigen, das hilft auch."

    Die Reisen kosten für die Touristen zwischen zweieinhalb und sechseinhalb Tausend Euro. Entsprechend umreißt Radzinski die Zielgruppe:

    " Wissenschaftlich interessierte Leute, die wahrscheinlich eher etwas älter sind - also keine Studierenden, weil die werden sich das gar nicht leisten können - die mal nicht die übliche Studienreise machen wollen, sondern ihren Anspruch etwas höher heben."

    Für Universitätsangehörige werde es keinen Rabatt geben, weil die Preise so knapp kalkuliert seien.

    Das Reiseunternehmen der Humboldt-Uni geht mit fünf Zielen für 2009 an den Start:
    Eine Biologin wird über Hawaii führen, ein Geologe durch den Iran, ein Geograph durch Costa Rica, ein Islamwissenschaftler durch Kairo und Veit Stürmer durch Kuba: 12 Tage, im Februar 2009. Auf dem Programm des Archäologen stehen u. a. diverse Museen in Havanna, der Besuch bei Tabakbauern und die Fahrt über eine Panorama-Küstenstraße. Der Wissenschaftler ist sich sicher, dass er den Touristen andere Dinge zeigen kann als ein "normaler" Reiseführer, schon allein weil er die Universität in Havanna durch seine Gastprofessur dort bestens kennt:

    " Die Innenansicht in die Universität, die Universitätsgebäude, die Innenansicht in einen Teil der Museen, die normalerweise nicht zugänglich sind und die Besichtigung des botanischen Gartens mit den entsprechenden Fachleuten, die auch hier in Deutschland studiert haben."

    Veit Stürmer kennt das Geschäft, denn er hat früher schon als Reiseleiter für Studienreisen gearbeitet. Diesmal verspricht er sich:

    " Interessante Leute kennenzulernen, vielleicht noch mehr Kontakte knüpfen zu können und dieses Kontaktnetz nützen zu können, indem man vielleicht mal einen Freundeskreis bildet für die Antikensammlung der Universität - Geld? - unter anderem auch Geld, denn das wird natürlich benötigt, der Ausbau und Erhalt der Sammlung ist nicht billig, da wäre schön, wenn so ein Sponsoring möglich wäre."
    Die Auswahl der Reiseländer folgte übrigens der Rekrutierung der Reiseleiter:

    "Zum Beispiel die Frau Hoch, die forscht an Zikaden auf Hawaii! Und da bietet es sich natürlich an, dass man da Leute hin mitnimmt."

    Und nach welchen Kriterien wurden die Personen ausgesucht? Zum einen brauchten sie ein interessantes Forschungsprojekt im Ausland bzw. Kontakt zu ausländischen Hochschulen. Und sie mussten eine Art "Persönlichkeitstest" bestehen:

    "Nicht jeder eignet sich gleichzeitig als Reiseleiter. Er muss zwei Wochen lang mit Leuten, die unangenehme Fragen dauernd stellen aushalten können."

    Test-Reisen habe es aber nicht gegeben. Tatsächlich stemmen einen Großteil der Organisation ja auch die professionellen Projektpartner wie zum Beispiel Lernidee Erlebnisreisen oder Windrose Fernreisen. Diese kommerziellen Reiseanbieter organisieren zum Beispiel Transport und Übernachtung, teilweise auch die Betreuung vor Ort. Trotzdem seien die Humboldt-Reisen natürlich etwas anderes als herkömmliche Studienreisen betont Radzinski.
    Und die Studierenden der Humboldt-Uni? Die wissen meist noch gar nichts von dem neuen Angebot ihrer Hochschule und äußern sich aufgeschlossen für die Idee - wenn es nicht auf ihre Kosten geht:

    "Es hängt davon ab, wer das bezahlt, würde ich sagen. Wenn er dadurch seine Pflichten gegenüber den Studenten nicht zu sehr vernachlässigt, wäre das legitim.
    Klingt interessant. Wenn die das freiwillig machen wollen, warum nicht?

    Solche Reisen machen nur Leute, die Schotter haben und wenn die Leute, die Schotter haben dort mitfahren und dadurch irgendwelche Drittmittel, Aufträge oder so reinkommen, warum nicht?"

    Der Archäologe Veit Stürmer sieht skeptische Nachfragen gelassen. Ein schlechtes Gewissen, dass er wegen der Reise in Forschung und Lehre fehle, hat er nicht. Denn sie falle in die vorlesungsfreie Zeit, in der er sonst seiner Gastprofessur in Havanna nachgeht

    "Da hab ich keinerlei schlechtes Gewissen, denn hier, dieser Universität, geht damit nichts verloren, ganz im Gegenteil! "

    Info:

    humboldt-exkursionen.de