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Berliner Zentrum für Antisemitismusforschung in Gefahr

Das Zentrum für Antisemitismusforschung an der TU Berlin wurde 1982 gegründet und hat sich seitdem ein weltweites Renommee erarbeitet. Statt der ursprünglich mal angepeilten fünf oder sechs Professuren gibt es dort aber nur zwei Lehrstühle, von denen einer jetzt auch noch durch die allgemeinen Sparmaßnahmen zu kippeln beginnt. Damit ist auch die Interdisziplinarität des Zentrums in Gefahr.

Von Daniela Siebert |
    Edelsteine kann man, wenn man sparen muss, nicht zerschlagen, man muss sie im Ganzen erhalten. Man muss man dann sonst eben einen anderen dafür opfern. Wenn ich zerstörte Edelsteine habe, habe ich gar nichts mehr.

    Die TU steht zum Zentrum für Antisemitismusforschung in seiner jetzigen Form, ich kann es mir nicht verändert vorstellen, ich denke es wird auch so an der Universität bleiben.

    Es sind so einige Edelsteine, die der Präsident der Technischen Universität Berlin Kurt Kutzler für den Erhalt des Zentrums für Antisemitismusforschung opfern will. Auch Bundesaußenminister Fischer, der Präsident des Zentralrates der Juden und die israelische Botschaft haben sich für dessen Erhalt in seiner jetzigen Form ausgesprochen. Trotz solcher Rückendeckung von ganz oben, macht sich Professor Wolfgang Benz, der Leiter des renommierten Zentrums Sorgen:

    Wenn im Zuge der Sparmaßnahmen, die über die Universität verhängt sind, die Geisteswissenschaften fast vollständig aus der Universität verschwinden, und dann Ideen aufkommen, dass das Zentrum, dass ja derzeit über zwei Professuren verfügt, eine abgeben müsste, damit der Proporz zu anderen Geisteswissenschaften noch stimmt, dann mache ich mir natürlich Sorgen.

    Infolge der 30 Millionen Euro Sparauflagen vom Land Berlin soll es an der TU künftig nur noch 13 geisteswissenschaftliche Professuren geben. Das wird für einige Fächer das komplette Aus bedeuten. Auf vielen Ebenen, auch in der Fakultät selbst, qualmen derzeit die Köpfe, wo und wie der Rotstift zum Einsatz kommen soll. Einer von vielen Plänen heißt, einen der beiden Lehrstühle am Zentrum für Antisemitismusforschung einzusparen. Bei Wolfgang Benz schrillen da die Alarmglocken:

    Wenn man eine Professur wegnimmt, dann fällt ja die ganze Ausstattung weg. Dann wird sich auch die Möglichkeit, interdisziplinäre Projekte zu machen, drastisch verringern und man wird keine Drittmittel in dieser Größenordnung mehr einwerben können, wie es derzeit noch möglich ist.

    Derzeit seien das rund zwei Millionen Euro im Jahr, etwa so viel, wie das Zentrum an Mitteln von der Universität selbst bekommt.

    Benz ist klar, das viele seiner Professorenkollegen derzeit um die schiere Existenz kämpfen. Entsprechend hart sind die Bandagen. Der Historiker sucht daher weitere Unterstützung in der Öffentlichkeit, denn er traut den allgemeinen Zusicherungen, man stehe hinter dem Zentrum nicht.

    Auch Christine Brückner verfolgt die Spardebatte mit Unbehagen. Die 24jährige Geschichts-Studentin macht derzeit ein Praktikum im Zentrum für Antisemitismusforschung und will ihre Magisterarbeit über die Verfolgung der Sinti und Roma schreiben:

    Es ist schon in jeder Situation präsent, dass wir überlegen, was es für uns bedeuten würde, für die Studenten, für die Mitarbeiter. Immer wird gerätselt: muss ein Professor weggehen, wie wirkt sich das hier in der Bibliothek aus, haben wir dann noch die Angestellten, die Möglichkeit alles zu halten? Das betrifft einen dann schon, wenn man nicht weiß, wie es weitergeht.

    TU-Präsident Kutzler weiß, dass es unter den bedrängten Geisteswissenschaftlern derzeit leicht böses Blut gibt, gerade wenn einzelne beim allgemeinen Sparen ungeschoren davonkommen sollen. Er will sogar einen externen Beirat einsetzen, um die weitere Strukturentwicklung zu planen. Für das Zentrum für Antisemitismusforschung will er sich mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen. Allerdings ist er vorerst gar nicht am Ball: Die Fakultäten planen selbst, wie sie die Sparmaßnahmen realisieren wollen, im Fall des Zentrums für Antisemitismusforschung setzt Kutzler daher im Zweifelsfall auf ein Machtwort des Akademischen Senates:

    Wenn die Fakultät Vorschläge macht, die dem übergeordneten Interesse der Universität widersprechen, dann gehe ich davon aus, dass der Akademische Senat einen entsprechenden abweichenden Entschluss fasst.