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Berliner Zeughaus wiedereröffnet

Lückert: Der schönste Monumentalbau der Hauptstadt, das Zeughaus am Boulevard unter den Linden - ist neue Heimat des Deutschen Historischen Museums. Noch ist es leer, aber schon bald soll hier eine neue Dauerausstellung einziehen. Da man aber in diesen Tagen gewissermaßen noch die "reine" Architektur genießen kann - wollen wir über diese auch sprechen, Irmela Spelsberg - als

Irmela Spelsberg im Gespräch |
    Staatsarchitektur des preußischen Könighauses und nach Plänen von Arnold Nerings wurde das Zeughaus 1695 errichtet, es diente als Waffenarsenal, 1877 wurde es zum Museum und zur Ruhmeshalle der preußischen Armee umgebaut, der Hof überdacht, im zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude stark zerstört, später war es das zentrale Geschichtsmuseum der DDR. Jetzt nach fünfjährigem Umbau - nach Plänen des amerikanischen Architekten Ioeh Ming Pei, ist auch der 2. Teil des Museums fertig gestellt, Frau Spelsberg, wie sieht er aus?

    Spelsberg: Der zweite Teil des Museums ist eine Restaurierungsgeschichte, eine fünfjährige. Von 1998 bis 2003 hat der Architekt Winfried Brenne sich dieses Baus angenommen und er hatte ganz viele historische Schichten. Das wunderbare ist, dass er sich heute immer noch als der originale Barockbau im Äußeren präsentiert, also der Kenner sieht da Palladio, er sieht die französische Klassik drin. Das ist ein vierflügliger Bau, um einen Innenhof herum, hat Sandstein, Schmuck, Skulpturen, Fenster, Überdachungen. Er ist inzwischen auch wieder glasüberdacht, wie er das gewesen ist, zu Ende des 19. Jahrhunderts. Innen drinnen, künstlerischer Höhepunkt sind die Masken sterbender Krieger von Andreas Schlüter, der ja als Bildhauer am Bau gewirkt hat, aber auch zeitweilig der Architekt des Zeughauses gewesen ist. Und der Lichthof ist jetzt auch wieder nutzbar für verschiedene Festlichkeiten. Ansonsten präsentiert sich der Bau so, wie er in DDR Zeiten in der Schinkel Nachfolge im Inneren wieder hergerichtet worden ist: außen Barock und im Inneren musste man ein Stahlskelett einziehen, aus statischen Gründen, und hat dann sozusagen in der Schinkel Nachfolge - Schinkel hat nämlich auch mal an dem Bau restauriert - wieder den Stützenrhythmus Travertin verkleidet eingerichtet und der ist auch restauriert worden, hat einen hellen Eichenparkettboden. Also ein wunderbarer Raumeindruck, besonders im Obergeschoss, jetzt wo alles noch leer ist.

    Lückert: 25 Millionen Euro hat der Umbau gekostet, 7500 qm Fläche, ein Museum, das einmalig ist in Deutschland, soll entstehen, so der Generaldirektor Hans Ottomeyer. Wie inszeniert sich denn nun das neue, auch wiedervereinte Deutschland mit dieser Architektur des Geschichtsmuseums?

    Spelsberg: Das werden wir noch erleben, wenn die Museumseinbauten kommen und da hofft man, dass dieser von mir geschilderte großartige Raumeindruck nicht gleich wieder verloren geht. Der Inhalt des wiedervereinigten Deutschlands und seiner Geschichte steckt wirklich in der Geschichte selber, in ihrem Auf und Ab. Und da ist das Zeughaus ein Gradmesser par excellance für dieses Auf und Ab, denn zunächst einmal war es ja ein Waffenarsenal und dann sichtbares Monument preußischer Stärke, auch nachdem Friedrich I., König in Preußen, sich ja selber in Königsberg gekrönt hatte 1701. Dann ist es zu Ende des 19. Jahrhundert umgebaut worden, es wurde eine Kuppelhalle geschaffen, eine Ruhmeshalle des preußischen Heeres, flankiert von Feldherrenhallen. Und wir kennen die Empfindlichkeiten der Länder, damals nach der Reichseinigung in Punkto Preußen und preußisches Heer, man musste das also sehr verpacken. Man hat dann gesagt: eine Ruhmeshalle als Stätte für die gemeinsame Geschichte des deutschen Heeres. Und sie war von Wandmalereien dominiert, die auch eine volkserzieherische Wirkung haben sollten. Der bayrische Löwe huldigt Preußen als dem Reichseiniger und so weiter. Die Länder sollten also auch dafür gewonnen werden, dass dieses ihre Hauptstätte ist, ihr Waffenarsenal. Und dann hat es sogar zwischenzeitig in der Weimarer Republik auch Ablehnung in Bezug auf diese Stätte gegeben. Und Tucholsky hat sogar gesagt: "das Zeughaus ist die Schule des Krieges". Es war ja auch ein Schülerpflichtprogramm dort hereinzugehen. Alle Kriegervereine versammelten sich dort. Dann aber in den 20er Jahren schon war Hitler drin, hat vor dem uniformen Rock Friedrichs des Großen gestanden. Wir wissen, dann kam es zum Tag von Potsdam, zu dieser neuen Traditionsfindung des Nationalsozialismus...

    Lückert: Gut, die Geschichte ist ja teilweise auch bekannt. Jetzt möchten wir dennoch wissen: Gibt es denn schon erste Pläne für die neue Ausstellung?

    Spelsberg: Heute wurde es uns gezeigt – es gibt ein erstes Exponat. Und das ist ein Geschenk ans Museum: eine Wand eines Plattenbaus aus Marzahn. Sie wissen, dass diese Dinge jetzt zum Teil abgebrochen oder auch heruntergebaut werden und dieses fanden wir, ist ein sehr gutes Exponat. Das zielt auf unsere jüngste Geschichte. Und in einer anderen Ecke fanden wir unter einer Plastikplane niemand geringeren als Lenin. Auch der wird natürlich wieder seine Aufstellung finden, wie er es zu DDR-Zeiten und ja auch dann später im Deutschen Historischen Museum nach der Wende gehabt hat. Da stand er ja großartig im Foyer.