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Berlusconis Mediendominanz

Die italienische Medienlandschaft wird von Silvio Berlusconi dominiert, wenn nicht gar kontrolliert. Kein Wunder also, wenn viele Italiener den Eindruck haben, dass die negativen Schlagzeilen rund um Berlusconi in den Medien oft abgemildert auftauchen.

Von Kirstin Hausen |
    "Dringend nötig" und "unverzichtbar" nennen diese beiden Italienerinnen die Debatte um die Pressefreiheit in ihrem Land. Europa solle sich die italienische Medienlandschaft ruhig genauer anschauen, fordern sie.

    "In Italien ist es schwierig geworden, die Wahrheit zu erfahren. Man liest die Zeitung, aber man weiß nicht, ob man korrekt informiert wird."

    Entsprechend gering ist heute das Vertrauen in die Presse. Leser, die bei jeder Enthüllungsgeschichte argwöhnen müssen, dass sie einer Diffamierungskampagne aufsitzen, wie sie das Berlusconiblatt "Il giornale" regelmäßig führt, glauben einfach gar nichts mehr. Das hat zur Folge, dass Fiktion und Realität verschwimmen. In diesem Klima wird alles relativ, lässt sich alles abstreiten. So erklärt sich auch die geringe Wirkung, die seriös recherchierte Berichte über politische Skandale auf die öffentliche Meinung haben.

    Decken Journalisten schmutzige Geschäfte oder Mafia-Verbindungen von Politikern auf, treten diese nicht zurück, sondern dementieren. Und verklagen die Medien wegen Rufschädigung. Prominentes, aktuelles Beispiel: Silvio Berlusconi, Regierungschef und Medienunternehmer, der die Tageszeitungen "La Repubblica" und "Unità" gerade auf Schmerzensgeld in Millionenhöhe verklagt hat, weil sie sich erlaubt haben, Fragen zum Lebenswandel des Ministerpräsidenten zu stellen. Lidia Ravera, Leitartiklerin der Unità, wundert Verhalten nicht.

    "Das Problem ist, dass Berlusconi die Pressefreiheit nicht akzeptiert. Er toleriert es nicht, kritisiert zu werden und verunglimpft alle, die gegen ihn sind."

    So auch geschehen mit Dino Boffo, dem ehemaligen Direktor der Tageszeitung "Avenire", dem Sprachrohr der italienischen Bischofskonferenz. Er wurde, nachdem er es gewagt hatte, Berlusconis sexuelle Eskapaden zu kritisieren, Opfer einer medialen Schmutzkampagne. Mittels der familieneigenen Tageszeitung "Il giornale" stellte ihn Berlusconi als Homosexuellen dar, der seine Frau betrogen habe. Als Beweis diente lediglich ein anonymer Brief. Aber natürlich griffen auch die TV-Sender des Berlusconiimperiums den Fall auf und verbreiteten das Gerücht weiter.

    Boffo resignierte und trat zurück, was er aber nicht als Schuldeingeständnis verstanden wissen wollte. Er habe diese Schlammschlacht einfach nicht mehr ausgehalten, sagt er. Die italienische Medienlandschaft wird von Silvio Berlusconi dominiert, wenn nicht gar kontrolliert. Im Fernsehbereich sei er praktisch Monopolist, urteilt dieser Mann, der am Samstag für den Schutz der Pressefreiheit in Italien auf die Straße gegangen ist.

    "Einer der, der drei Fernsehkanäle besitzt und drei andere als Regierungschef kontrolliert, was ist der sonst?"

    Das staatliche italienische Fernsehen RAI unterliegt dem direkten Einfluss der Regierungsparteien. Sie haben bei der Besetzung der Chefsessel das letzte Wort. Die Italiener wissen das und wundern sich auch nicht, dass Augusto Minzolini, Direktor der Tagesschau im Ersten Programm, stets bemüht ist, die negativen Schlagzeilen rund um Berlusconi abzumildern. Bruno Tabacci, Abgeordneter einer kleinen Zentrumspartei, geht in Opposition zu Berlusconi.

    "Das ist der Beweis, dafür dass es in Italien kein aus Steuergeldern finanziertes Fernsehen mehr gibt, das seinem Auftrag nachkommt. Minzolini macht eine Tagesschau, die parteiisch ist, das sieht doch jeder."