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Berufschancen in der Marktforschung

Die Marktforschung in Deutschland ist krisenfest. Vorbei sind zwar auch hier die goldenen 80er und 90er Jahre, als jährliche Umsatzsteigerungen von mehr als zehn Prozent nichts Besonderes waren. Doch während die meisten anderen Branchen heute stark zu kämpfen haben, rechnen die deutschen Marktforscher für 2005 mit einem Umsatzplus von immerhin drei bis vier Prozent.

Von Markus Rimmele |
    In den 50er Jahren entstanden die ersten Institute, heute sind es um die 200, verstreut in ganz Deutschland mit Schwerpunkten in Hamburg, München, dem Rhein-Main-Gebiet und neuerdings Berlin. Einige von ihnen sind auch international bedeutend, etwa das GfK in Nürnberg, eines der größten Marktforschungsinstitute der Welt.

    Für Berufseinsteiger also eine attraktive Branche. Psychologen, Soziologen und Wirtschaftswissenschaftler haben gute Karten, sagt Wolfgang Dittrich, der Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Markt- und Sozialforscher BVM. Mitbringen sollten sie allerdings gute Computerkenntnisse…

    "...und wenn möglich, Statistik. Denn in vielen Daten steckt einfach mehr drin, als es an der Oberfläche aussieht. Und mittels solcher statistischer Methoden können wir tiefer in die Daten reingehen. Und wo früher noch zentrale Analyse-Abteilungen existierten, wird es zunehmend mehr erwartet, dass der Einzelne da in der Lage ist, das alles selber zu machen und, wenn möglich, selber zu präsentieren und dann mit dem Geschäftsführer auch über die möglichen Maßnahmen diskutieren zu können."

    Ohne Freude an Zahlen, an Statistiken geht’s nicht. Das galt früher und gilt heute, und Zahlen werden wohl immer im Zentrum der Marktforschung stehen. Und doch wandelt sich das Berufsbild des Marktforschers auf vielen Gebieten. Zum einen wird wie die Wirtschaft auch die Marktforschung immer globaler, das heißt Institute fusionieren weltweit, und internationale Datenerhebungen sind mittlerweile selbstverständlich. Zum anderen hat natürlich das Internet tiefe Spuren in der Arbeitsweise der Marktforscher hinterlassen. Der freundliche Interviewer auf der Straße oder am Telefon ist immer weniger gefragt. Es boomen die Online-Umfragen, als Pop-Ups auf dem Bildschirm, oder als Befragung von Freiwilligen via Email. Und hier hat sich ein regelrechter Zuliefermarkt für die traditionellen Institute entwickelt. Die Münchener Firma Ciao etwa führt im Auftrag von Instituten weltweit Online-Umfragen durch. Das Mitarbeiterprofil ist hier recht vielfältig. Christoph Irmer von Ciao:

    "Es gibt die Projektmanager. Die sollten dann schon ein weiter gehendes Marktforschungs-Know-how mitbringen, ein betriebswirtschaftliches Studium, möglichst eine internationale Ausbildung, weil das Unternehmen sehr international ausgerichtet ist, und Mehrsprachigkeit ist wichtig. Wenn wir einen Programmierer suchen, dann muss der auch einen eher logischen Background mitbringen, vielleicht ein bisschen IT-lastiger, sollte aber trotzdem auch ein gewisses Marktforschungs-Know-how mitbringen, um auch zu verstehen, was er da eigentlich programmiert. Data-Processer oder die Leute, die Daten aufbereiten am Ende, sollten da Software-Kenntnisse mitbringen, wenn möglich, und eben auch das logische Verständnis dafür, was mit den Daten eigentlich gemacht wird."

    Und nicht nur technologisch ändert sich etwas in der Marktforschung, sondern auch inhaltlich. Die Trendforschung wird immer wichtiger, als das Wissen um die Kundenwünsche der Zukunft. Susanne Maisch von der Hamburger Trendforschungsfirma EARSandEYES.

    "Wir helfen eben zunächst auch, die Gegenwart zu begreifen, weil das etwas ist, womit wir uns ständig beschäftigen, und gucken dann ganz speziell im Auftrag des Kunden in seiner Branche, in seiner Zielgruppe in andere Länder, in andere Metropolen und damit auch ein Stück weit in die Zukunft. Aber es muss immer noch ein strategischer Teil mit bearbeitet werden, das heißt: Was mache ich jetzt aus dieser Flut von Informationen, die ich generiert habe? Wo man dann Ableitungen trifft und sagt: So wird sich vermutlich der Markt entwickeln. Trendforschung wird immer wichtiger und Unternehmen immer aufgeschlossener."

    Durch die Trendforschung versuchen Unternehmen, möglichst früh Bedürfnisse zu erkennen und so neue Zielgruppen zu erschließen. Hier sind kreative Köpfe mit Gespür für das Neue gefragt, statistische Fähigkeiten treten etwas in den Hintergrund.

    Der Marktforschung geht es also gut, auch in Krisenzeiten. Die Wirtschaft steckt viel Geld in die Erhebungen. Denn gerade wenn’s schlecht läuft, kann der Informationsvorsprung entscheidend sein. Für Berufseinsteiger, die vor Zahlen nicht zurückschrecken, ein weites Betätigungsfeld.