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Berufssprachkurse für Geflüchetete
Verbesserungsvorschläge bleiben ungehört

Berufssprachkurse für Geflüchtete gibt es seit vielen Jahren, sie haben schon Hunderttausenden den Einstieg in das Berufsleben ermöglicht. Aber Migration und Integration verändern sich und es wächst die Kritik am zuständigen Bundesamt für Migration . Denn viele Teilnehmer bestehen die Tests nicht.

Von Michael Watzke |
Ein Integrationskurs an der Volkshochschule in Berlin-Mitte. Die Volkshochschule in Mitte ist nach eigenen Angaben der größte Anbieter für Integrations-Sprachkurse in Deutschland.
Gehen viele Sprachkurse für Geflüchtete an deren Bedürfnissen vorbei? (dpa / Bernd von Jutrczenka)
Die Deutschlehrerin Christiane Carstensen schaut zu Beginn ihrer Flüchtlingssprachkurse meist in 15 motivierte Gesichter. Wenn aber dann nach mehreren Monaten und rund 400 Unterrichtsstunden die Abschlussprüfung ansteht, spielen sich Dramen ab. "Also aus Erfahrungswerten sind es oft ein oder zwei von 15, die diesen Test bestehen."
Das Problem, so die Bielefelder Pädagogin: Die meisten Teilnehmer ihres Berufssprachkurses für Geflüchtete gehörten eigentlich in einen anderen, weniger anspruchsvollen Kurs. "Gerade bei den Menschen, die nicht so erfolgreich aus dem Integrationskurs gekommen sind, sehen wir, dass wir nicht so wirksam sind, wie wir das gern sein würden. Das sind oft Menschen aus einem Alphabetisierungskurs. Für die ist das schwierig, die Perspektiven in dem neuen Testformat einzunehmen. Das heißt: Wir haben einen ganzen Kurs, der sich auf diesen Test vorbereitet – und davon bestehen ganz viele diesen Test nicht."

"Lernen, was sie eigentlich nicht brauchen"

Viele der Flüchtlinge absolvieren Sprachkurse, weil sie einfache Jobs annehmen wollen, etwa in der Gastronomie. Dafür ist das Sprachlevel B1 ausreichend. Dieses Zertifikat erhält man, wenn man den DTZ besteht, den Deutsch-Test für Zuwanderer. Auf den DTZ bereitet der Integrationskurs vor. Wer den DTZ nicht auf Anhieb schafft, kann die Prüfung einmal wiederholen. In den Berufssprachkursen aber, so Carstensen, säßen viele Geflüchtete, die am B1-Level gescheitert seien und nun ein noch schwierigeres Zertifikat erlangen sollen, etwa C1. Kein Wunder, dass sie reihenweise scheiterten. "Gleichzeitig lernen die aber auch nicht das, was sie eigentlich bräuchten. Weil die ganze Unterrichtszeit auf diesen Test fokussiert ist. Weil die Konzepte anders sind und wir anders unterrichten müssen."
Müssen - weil das BAMF, das Bundesamt für Migration in Nürnberg, den Lehrplan rigide vorgibt – ohne Spielraum für die Lehrkräfte. Das BAMF finanziert die Sprachkurse und beauftragt private Träger mit dem Unterricht für die Geflüchteten. Die Kursleiter müssen die Ergebnisse für jeden Teilnehmer hochbürokratisch und zeitintensiv dokumentieren. Aber diese Dokumentation führe nicht zu Qualitätsverbesserungen, findet Carstensen. Sie und ihre Kolleginnen und Kollegen machen seit Jahren Verbesserungsvorschläge – etwa geänderte Zugangsvoraussetzungen. Sie fordern ein strengeres Qualitätsmanagement. Vergeblich, sagt die Geschäftsführerin des Verbandes für Integrations- und Berufssprachkurse. Denn: "Wir haben kein Gegenüber in diesem Prozess, das zuhört. Also es gibt keinen Ort, wo Träger ihre Wahrnehmungen weitergeben können. Also dieser Qualitätskreislauf bricht an der Stelle ab."

BAMF antwortet nicht

Wenn Carstensen an das BAMF denkt, dann denkt sie als erstes: "Ein Bürokratiemoloch! In vielen Bereichen vermissen wir Transparenz und Teilhabe." Carstensen hat eine Anfrage an das BAMF gestellt, um genauere Daten zu den Absolventen der Berufssprachkurse zu erhalten. Doch das Bundesamt mauert. Auch die Interviewanfrage des Deutschlandfunks lehnt das BAMF ab. Man werde die Fragen schriftlich beantworten. Das ist bis heute nicht geschehen. Es scheint, als wolle das Bundesamt die Öffentlichkeit mit den hohen Teilnehmerzahlen an den Integrations- und Berufssprachkursen beeindrucken. Aber nicht so gern darüber sprechen, wie viele sie auch bestehen. Carstensen beklagt, dass das BAMF durch das fehlende Qualitätsmonitoring viel Steuergeld verplempere und wertvolle Lebenszeit der Geflüchteten vergeude. Die Politik ducke sich weg.
"Es ist kein Bereich, in dem sich Politikerinnen und Politiker tummeln. Ganz klar, da scheint politisch kein Blumentopf zu gewinnen zu sein. Man fürchtet vielleicht auch eine Diskussion mit der Rechten und duckt sich da weg. Das kann ich nicht beurteilen. Es ist jedenfalls kein Bereich, der in einer größeren öffentlichen Wahrnehmung ist. Und das bräuchte es dringend."

System träge wie ein Tanker

Denn die Berufssprachkurse, die es seit 15 Jahren gibt, seien eigentlich ein Erfolgsmodell, findet Carstensen. Sie hätten hunderttausenden Migrantinnen und Migranten den Einstieg in das Berufsleben in Deutschland ermöglicht. Allerdings verändere sich Migration und Integration ständig – und darauf müsse man reagieren.
"In den Zehnerjahren hatten wir zum Beispiel EU-Binnenmigrantinnen aus Portugal und Spanien aufgrund der Finanzkrise. Jetzt haben wir viele Geflüchtete aus Syrien – das ist eine ganz andere Zielgruppe. Aber dieses System reagiert irgendwie nur alle fünf bis sechs Jahre sehr träge, wie ein Tanker. Wir brauchen Schnellboote."
Carstensen hofft, dass eine neue Bundesregierung diese Schnellboote möglichst bald zu Wasser lässt. Denn man habe schon jetzt viel zu viel Zeit verloren.