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Bescheidenes Angebot

Wissenschaftliche Weiterbildung ist ein riesiger Markt und Hochschulen haben die besten Voraussetzungen, um sich daran zu beteiligen: Sie haben das Lehrpersonal und sind berechtigt, anerkannte akademische Abschlüsse zu erteilen. Doch im Vergleich mit Hochschulen anderer Länder existieren nur sehr wenige Weiterbildungsstudiengänge für Menschen, die schon im Beruf stehen.

Von Karl-Heinz Heinemann |
    Das Weiterbildungsangebot der deutschen Hochschulen ist recht mager. Dabei haben sie einen Vorteil gegenüber privaten Weiterbildungsanbietern: Sie können anerkannte akademische Abschlüsse verleihen. Und das geht umso leichter, nachdem nun Masterstudiengänge eingeführt werden, die etwa in den USA durchgängig als Weiterbildungsstudiengänge angesehen werden. Bei uns dagegen ist das Masterstudium meistens die unmittelbare Fortsetzung eines Bachelor-Studiums - und in dem Fall eben keine Weiterbildung. Der Unterschied ist wichtig, meint Helmut Hoyer, der Rektor der Fernuniversität Hagen.

    "Während die grundständige konsekutive Bachelor- und Masterausbildung steuerfinanziert ist, mit den Studienbeiträgen jetzt auch noch kofinanziert ist, ist die Weiterbildung per Gesetz privatrechtlich organisiert und muss sich selber tragen. Das heißt also wir haben in der Hochschule zwei Geschäftsfelder, die wir sorgsam voneinander trennen müssen, und das bereitet natürlich auch Schwierigkeiten."

    Weiterbildung steht zwar als Aufgabe in allen Hochschulgesetzen, ist aber tatsächlich nur eine Zusatzaufgabe. Nur die Vorlesungen und Seminare, die sie im grundständigen Studium abhalten, werden den Hochschullehrern auf ihre Lehrverpflichtung angerechnet. Helmut Hoyer:

    "Weiterbildung wird obendrauf gesetzt. Nun können Sie sich vorstellen: Weiterbildung kann man machen, wenn man von ihr überzeugt ist, man muss es aber nicht machen. Wir haben natürlich auch immer gehabt und werden es auch solange haben, wenn sich nichts ändert, dass die profitable Weiterbildung sich den Weg aus der Hochschule sucht und ihn auch findet."

    Weiterbildung soll zu kostendeckenden Preisen angeboten werden, nicht weniger, aber auch nicht mehr. Richtig viel Geld lässt sich damit nicht verdienen. Das sieht anders aus, wenn man als Professor seine Kurse auf eigene Rechnung in Unternehmen oder privaten Weiterbildungseinrichtungen verkauft. Die RWTH Aachen geht diesen Weg ins Privatgeschäft als ganze Hochschule.

    "Erst einmal war es und bis gestern gänzlich verboten, etwas kommerzielles anzubieten, also braucht sich niemand zu beschweren, dass wir nichts getan haben. "

    sagt Günther Schuh, Professor für Produktionssysteme an der RWTH Aachen und Direktor eines Fraunhofer Instituts. Er ist einer der größten Weiterbildungsanbieter an seiner Hochschule.

    "Wir durften nichts. Wir haben hier schon gesessen und mit den Hufen gestartet und haben uns eine Bypass Organisation überlegt, mit der wir an den Markt gehen können,"
    Die International Academy der RWTH ist diese Bypass-Organisation, eine gemeinnützige GmbH, getragen von der Hochschule und ihrer Alumni-Vereinigung. Über diesen privatwirtschaftlichen Ableger darf die RWTH Weiterbildungsstudiengänge mit richtigem Hochschulabschluss, Kurse mit Abschlusszertifikaten und andere Seminare anbieten und kann das auch gewinnorientiert kalkulieren, wie jedes Privatunternehmen. Der einzige Unterschied: der Gewinn der gemeinnützigen Gesellschaft kommt der Hochschule zugute. Den unterrichtenden Hochschullehrern zahlt sie aber marktübliche Honorare .Schuh bietet dort unter anderem einen "Executive MBA für Technologiemanager"an, zusammen mit der Universität Sankt Gallen. Das zweijährige Studium kostet 32 000 Euro. Viel Geld? Professor Schuh sieht das anders:

    "im Verhältnis zum Wert ist das natürlich unter uns gesagt noch viel zu wenig, weil der Wert für die Teilnehmer ist noch viel höher. Und das kostet nur so wenig, weil da wesentliche Ressourcen aus Leerständen eingebracht werden.. "

    Also nur, weil man die Einrichtungen der Uni nutzen kann sei es so billig. Schuhs Werkzeugmaschinenlabor gehört zu den drittmittelstärksten Einrichtungen der Aachener Exzellenz-Universität, er beschäftigt etwa 50 Assistenten, und in seinem Institutsneubau hat er auch einige Räume für seine exklusiven MBA-Studenten reservieren können. Die Kurse an der International Academy sind zum Teil sein Privatgeschäft, der andere Teil wird als Drittmittel über die Institutskasse abgerechnet:

    "Es gibt ganze Fachbereiche, bei denen es heute eher üblich ist, dass die Professoren da, wo sie in der Lage sind, mit der Industrie direkt zusammenzuarbeiten, das privat machen, statt über den Lehrstuhl und das Institut. Und es gibt eben andere, wie das bei uns, bei den Ingenieuren viel mehr üblich ist, ergibt es vielleicht auch die privaten Firmen nebenher aber da wird doch der große Brocken einer einwerbbarer Drittmittel über die Institute und Lehrstühle eingenommen. "
    Was müsste geschehen, damit die Weiterbildung für die Hochschulen attraktiver wird? Günther Schuh:

    "Erstens: gebt uns frei, dass wir Weiterbildung direkt als Hochschule zu den marktgerechten Preisen anbieten können und das nicht nach oben irgendwie limitiert ist. Zweitens: erkennt die Weiterbildungsleistung als eine ganz normale dem Professor freigestellte und auch dem Mittelbau freigestellte Drittmittelaktivität an und drittens, wenn man das noch mehr fördern will, fangt an, die Hauptbelastungen, die zentralen Angebote der Hochschule in der Weiterbildung auch auf die Deputatsregelung anzurechnen, so dass es da eine weitere Attraktivitätssteigerung gibt, sich diesem stürmischen, sehr anspruchsvollen und kritischen Klientel in der Weiterbildung auch zu stellen."

    Direkt an der Hochschule bietet Georg Rudinger, Psychologieprofessor in Bonn, einen Weiterbildungsstudiengang "Master of Evaluation" an. Da zahlen die Studierenden für die zwei Jahre Studium rund 8000 Euro, kostendeckend, sagt Georg Rudinger. Es kommt natürlich immer darauf an, was man zu den Kosten rechnet: die Nutzung der Räume und des Materials, die Hochschullehrer, die Verwaltung, oder nur das, was an zusätzlichen Honoraren anfällt? Die Honorare fallen dann auch nicht so üppig aus-. Professor Rudinger:

    "Das mag vielleicht auch mit ein Grund sein, weshalb manche sagen, warum soll ich hier noch Zusatzarbeit machen? So fürstlich wird wir nicht entlohnt."

    Die Forderung von Günther Schuh, dass die Lehre in der Weiterbildung auf die Pflichtstunden des Professors angerechnet wird lehnt er ab. Das ginge auf Kosten der grundständigen Studierenden. Stattdessen fordert er, dass das Erwirtschaften von Drittmitteln für Weiterbildung vom land und der Hochschule genauso honoriert werden müsste wie die Einwerbung von Drittmitteln für die Forschung:

    "Man könnte es ja auch bei der Leistung orientierten Mittelvergabe berücksichtigen. Das ist eine Hochschule politische Entscheidung, welche Mittel nämlich für die leistungsorientierte Mittelvergabe mit hinein."

    Den Hochschulen würde es nicht nur zusätzliche Einnehmen bringen, wenn sie sich an der Weiterbildung beteiligen. Sie können ihr Image in der Region und der Fachwelt aufbessern. Und vor allem lernen die Hochschullehrer eine Menge von den Studierenden, die aus der Praxis kommen, nicht zuletzt, weil die für ihr Geld auch eine hochwertige Lehre fordern.