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Beschwerdeanruf des Deutsche-Bank-Chefs sorgt für Empörung

Nachdem sich der Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, bei Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier über die Großrazzia in der Frankfurter Zentrale beschwert hat, schlagen die Wellen hoch. CDU, SPD, Grüne und Linke reagierten mit Ablehnung und teils mit Forderungen auf die Ereignisse.

Von Michael Braun | 17.12.2012
    Man kennt sich, die Drähte sind kurz zwischen Banken und Politik. Das wird in Frankfurt unumwunden zugegeben. Und dass die Commerzbank auf Geheiß Berlins die Dresdner Bank übernehmen musste, um größere Verwerfungen zu vermeiden, gilt als gesetzt. Die Privatbank Sal. Oppenheim über den staatlichen Rettungsfonds Soffin zu stabilisieren, habe sich die Regierung nicht getraut. Die "Bank der Reichen" mit Steuergeld zu retten, wäre wohl kaum vermittelbar gewesen. Also sei die Deutsche Bank gedrängt worden, Sal. Oppenheim zu übernehmen.

    Und was war die Gegenleistung? Vielleicht Ruhe beim Umbau der Firmenkultur? Diesen Umbau haben sich die beiden Co-Vorstandschefs der Deutschen Bank vorgenommen. Und als die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft vorigen Mittwoch eine Großrazzia bei der Deutschen Bank anlaufen ließ, war auch Co-Vorstand Jürgen Fitschen über das Polizeiaufgebot entsetzt, fürchtete wenigstes den Imageschaden und rief beim hessischen Ministerpräsidenten an, um sich zu beschweren.

    Anders als Richter sind Staatsanwälte Beamte und unterstehen einem Weisungsrecht des Justizministers. Bei dessen Chef, dem Ministerpräsidenten, vorstellig zu werden, könnte also wirksam sein, könnte sich Fitschen gedacht haben. Doch machte er es damit nur noch schlimmer. Denn auch dem Deutschen Richterbund ist das ministerielle Weisungsrecht gegenüber der Staatsanwaltschaft seit Langem ein Dorn im Auge. Im Kommentar eines Präsidiumsmitgliedes heißt es:

    "Selbst wenn also in der Praxis eine Einflussnahme des jeweiligen Landesjustizministers auf einzelne Verfahren nur in seltenen Ausnahmefällen stattfinden mag, erschüttert dennoch allein die nach dem Gesetz bestehende Möglichkeit das Vertrauen der Bevölkerung in die Staatsanwaltschaften und damit auch in die Unabhängigkeit der Justiz."

    Das bekam Fitschen heute zu spüren: "Niemand steht in Deutschland über dem Rechtsstaat. Herr Fitschen macht den Eindruck, dass er das nicht verstanden hat", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Michael Meister, dem "Handelsblatt". Auch SPD, Grüne und Linke reagierten ähnlich, in der Wortwahl schwankend zwischen dem Appell, den notwendigen Kulturwandel endlich herbeizuführen, bis hin zur Vorhaltung, die Bank trage "Züge einer kriminellen Vereinigung".

    Die Reaktion an den Finanzmärkten aber ohne Panik. Die Aktie fiel, auch stärker als der Gesamtmarkt, war aber keineswegs der Tagesverlierer. Alfred Roelli, Anlagestratege der Schweizer Privatbank Pictet, wirkte gelassen beim Blick auf die mehr als schlechte Nachrichtenlage rund um die Deutsche Bank:

    "Natürlich sind Dinge wie zum Beispiel bei der Deutschen Bank, die sind nicht positiv. Aber ich würde sie auch nicht überbewerten. Ich würde im Moment nicht sagen, die Deutsche-Bank-Aktie ist in keiner Weise attraktiv."

    Und für Hans-Peter Burghof, Professor für Bankwirtschaft an der Universität Hohenheim ist gewiss, dass Fitschens Amtszeit demnächst belastet sein wird:

    "Er muss natürlich jetzt um seinen Ruf kämpfen. Die einfache Tatsache, dass er mal die Umsatzsteuererklärung der Deutschen Bank unterschrieben hat, macht ihn noch nicht zu einem Mittäter in irgendeiner Hinsicht. Denn der Grad der Verantwortung muss erst noch ermessen werden. Und bis dahin muss man ihm zunächst einmal die Unschuldsvermutung zugute halten. Wie lange das hält, müssen wir jetzt mal abwarten."

    Unterdessen meldete die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf Ermittlungsakten, die Deutsche Bank solle schon Ende 2009 über kriminelle Machenschaften eigener Angestellter im Handel mit Verschmutzungsrechten informiert worden sein. Die britische Steuerbehörde habe darauf aufmerksam gemacht. Die Bank habe es aber versäumt, intern durchzugreifen.

    Aktionäre und Kunden, so ist zu hören, hätten sich bislang noch nicht von der Bank abgewendet.

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