Bei Fossilienfunden unserer Vorfahren geht es vornehmlich um die Stellung im Stammbaum der Menschheit, weniger um das Individuum selbst. Auch wenn einzelne berühmte Fossilien Spitznamen wie Lucy, Mrs. Ples oder Nussknackermann bekamen, sind die Erkenntnisse über das Leben des Einzelnen eher gering. Charles Lockwood zufolge können die versteinerten Knochen aber noch viel mehr Antworten geben.
"In vielen frühen Menschenarten, aus denen sich unsere Linie entwickelt hat, sind die männlichen Vertreter wesentlich größer als die weiblichen Individuen. Bislang hat niemand die Frage gestellt, was das überhaupt bedeutet. Genau das wollten wir bei Paranthropus robustus herausfinden: Gibt es anatomische Hinweise auf das Erwachsenwerden in Bezug auf das Sozialverhalten?"
Dass versteinerte Knochen dieses Frühmenschen Rückschlusse auf seine soziale Strukturen erlauben, wollte der Anthropologe vom University College in London herausfinden. Dazu untersuchte er 35 gut erhaltene fossile Überreste von Paranthropus robustus, unter anderem aus den beiden berühmten Fundstellen Südafrikas, Swartkrans und Kromdraai. Im Schnitt waren die Männer im Gegensatz zu den Frauen um 17 Prozent größer. Anschließend ordneten sie die Fundstücke verschiedenen Altersgruppen zu. Dabei machten sie eine überraschende Entdeckung. Lockwood:
""Bei den vielen Fossilien konnten wir neben dem relativen Alter anhand der Zähne auch auf die jeweilige Körpergröße schließen. Bei den Männern gab es da aber große Unterschiede: die alten Männer waren allesamt größer als die jungen Erwachsenen, das heißt die männlichen Vertreter von Paranthropus robustus wuchsen auch noch im Erwachsenenalter.”"
Das hatten die Forscher nicht erwartet. Bisher gingen sie davon aus, dass unsere Vorfahren relativ schnell erwachsen wurden, da sie sich in der rauen Natur behaupten mussten. Eine lange und schutzlose Jugend widerspricht eigentlich einer erfolgreichen Strategie. Lockwood:
""Das Wachstum war bei den Männern auch im Erwachsenalter noch nicht abgeschlossen. Im Gegensatz zu den Frauen, die nicht mehr wuchsen, nachdem sie alle bleibenden Zähne bekommen hatten. Wir glauben, dass die Männer als Erwachsene zunächst ihre Gruppe verlassen haben und lange allein lebten. Als sie alt und groß genug waren, konnten sie selbst ein Harem gründen, ähnlich wie wir das von Gorillas kennen, das heißt nur wenige Männer konnten sich überhaupt fortpflanzen. Das Leben war für die Männer damals viel gefährlicher als für die Frauen.”"
Dies hatte Folgen für die natürliche und sexuelle Selektion. Da nur wenige Männer überhaupt das Erwachsenenalter erreichten und anschließend auch noch um die Gunst der Frauen und gegen viele Konkurrenten kämpfen mussten, konnten nur wenige überhaupt ihr Erbgut weitergeben. Das ist Charles Lockwood zufolge die einzig mögliche Erklärung für den Größenunterschied der Geschlechter und die lange Jugend. Ähnlich wie bei den Gorillas heute konnten wahrscheinlich damals auch nur wenige Alphamänner ein Harem gründen. Lockwood:
"”Das zeigt uns, dass auch ein solches soziales Gefüge Teil unserer menschlichen Geschichte ist und kein bloßes "tierisches" Verhalten. Die Evolution des Menschen ist viel komplexer als wir gemeinhin annehmen. Unsere Vorfahren sind eben keinen direkten Weg gegangen. Jede Menschenart hatte seine ganz eigene Sozialstruktur.”"
Zukünftig will der Anthropologe diese Untersuchungen auch auf andere Frühmenschenformen ausdehnen. Dann gibt es ihm zufolge wahrscheinlich noch mehr Indizien, dass der Weg zum Homo sapiens kein gradliniger war und dass auch Sozialsysteme wie die von Gorillas zu unserer Vergangenheit gehören.
"In vielen frühen Menschenarten, aus denen sich unsere Linie entwickelt hat, sind die männlichen Vertreter wesentlich größer als die weiblichen Individuen. Bislang hat niemand die Frage gestellt, was das überhaupt bedeutet. Genau das wollten wir bei Paranthropus robustus herausfinden: Gibt es anatomische Hinweise auf das Erwachsenwerden in Bezug auf das Sozialverhalten?"
Dass versteinerte Knochen dieses Frühmenschen Rückschlusse auf seine soziale Strukturen erlauben, wollte der Anthropologe vom University College in London herausfinden. Dazu untersuchte er 35 gut erhaltene fossile Überreste von Paranthropus robustus, unter anderem aus den beiden berühmten Fundstellen Südafrikas, Swartkrans und Kromdraai. Im Schnitt waren die Männer im Gegensatz zu den Frauen um 17 Prozent größer. Anschließend ordneten sie die Fundstücke verschiedenen Altersgruppen zu. Dabei machten sie eine überraschende Entdeckung. Lockwood:
""Bei den vielen Fossilien konnten wir neben dem relativen Alter anhand der Zähne auch auf die jeweilige Körpergröße schließen. Bei den Männern gab es da aber große Unterschiede: die alten Männer waren allesamt größer als die jungen Erwachsenen, das heißt die männlichen Vertreter von Paranthropus robustus wuchsen auch noch im Erwachsenenalter.”"
Das hatten die Forscher nicht erwartet. Bisher gingen sie davon aus, dass unsere Vorfahren relativ schnell erwachsen wurden, da sie sich in der rauen Natur behaupten mussten. Eine lange und schutzlose Jugend widerspricht eigentlich einer erfolgreichen Strategie. Lockwood:
""Das Wachstum war bei den Männern auch im Erwachsenalter noch nicht abgeschlossen. Im Gegensatz zu den Frauen, die nicht mehr wuchsen, nachdem sie alle bleibenden Zähne bekommen hatten. Wir glauben, dass die Männer als Erwachsene zunächst ihre Gruppe verlassen haben und lange allein lebten. Als sie alt und groß genug waren, konnten sie selbst ein Harem gründen, ähnlich wie wir das von Gorillas kennen, das heißt nur wenige Männer konnten sich überhaupt fortpflanzen. Das Leben war für die Männer damals viel gefährlicher als für die Frauen.”"
Dies hatte Folgen für die natürliche und sexuelle Selektion. Da nur wenige Männer überhaupt das Erwachsenenalter erreichten und anschließend auch noch um die Gunst der Frauen und gegen viele Konkurrenten kämpfen mussten, konnten nur wenige überhaupt ihr Erbgut weitergeben. Das ist Charles Lockwood zufolge die einzig mögliche Erklärung für den Größenunterschied der Geschlechter und die lange Jugend. Ähnlich wie bei den Gorillas heute konnten wahrscheinlich damals auch nur wenige Alphamänner ein Harem gründen. Lockwood:
"”Das zeigt uns, dass auch ein solches soziales Gefüge Teil unserer menschlichen Geschichte ist und kein bloßes "tierisches" Verhalten. Die Evolution des Menschen ist viel komplexer als wir gemeinhin annehmen. Unsere Vorfahren sind eben keinen direkten Weg gegangen. Jede Menschenart hatte seine ganz eigene Sozialstruktur.”"
Zukünftig will der Anthropologe diese Untersuchungen auch auf andere Frühmenschenformen ausdehnen. Dann gibt es ihm zufolge wahrscheinlich noch mehr Indizien, dass der Weg zum Homo sapiens kein gradliniger war und dass auch Sozialsysteme wie die von Gorillas zu unserer Vergangenheit gehören.