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Beschwingte Formulierungskunst

Samuel Beckett verfügte, dass nur Briefe in Bezug auf sein schriftstellerisches Wirken publiziert werden dürfen. In seinen frühen Briefen wird ersichtlich, wie er seinen Schreibstil fand.

Von Eberhard Falcke | 25.08.2013
    Am Anfang waren Möglichkeiten, Zuversicht, Mut und Übermut. Der junge Mann, aus dem einmal einer der größten und bedeutsamsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts werden sollte, hatte nach manchen Studienerfolgen am Dubliner Trinity College seinen Abschluss als Bachelor of Arts gemacht. Eine Promotion über keine Geringeren als Proust und Joyce war geplant. Die Fluchtwege aus der familiären Enge, heraus aus der irischen Provinzialität, waren gebahnt, nach Deutschland, nach Frankreich, in die Metropole Paris. Dort betraute der große James Joyce seinen sprachkundigen Landsmann mit allerlei persönlichen und literarischen Aufträgen, darunter einem Essay über Dante, Giordano Bruno, Giambattista Vico und James Joyce.

    "Lieber Mr. Joyce
    Hier ist der neueste Einschub. Ich habe es geschafft, die drei Punkte zu einem halbwegs vernünftigen Absatz zu kombinieren.
    In einem Buchladen habe ich heute nach Grimm gesucht, aber nichts gefunden, was Ihnen gefallen würde. Es gibt jedoch noch viele andere.
    Wollen Sie bitte Mrs. Joyce und Giorgio & Lucia von mir grüßen?
    Mit besten Wünschen
    Sam Beckett"


    1929, als er diesen Brief von einem Besuch in Kassel nach Paris schrieb, war Samuel Beckett 23 Jahre alt. Seine Erscheinung wies dieselben vom Jugendschmelz kaum gemilderten scharfkantigen Züge auf, dank derer seine Gestalt später zu einer Ikone wurde. Sohn eines Baukalkulators mit florierendem Büro, hatte sich Sam, wie seit je mancher Bürgerspross, auf Geist und Kunst verlegt. Im Rahmen seines Studiums lernte er Italienisch und Französisch, er sprach Deutsch. Las die Klassiker und die Modernen, Dante ebenso wie Proust, Kant, Goethe und Schopenhauer. Ebenso, wie seine Zeitgenossen Céline oder Sartre. Vor allem aber verwandelte er seine Sprachkenntnisse und Lektüren unverzüglich und mit jugendlicher Respektlosigkeit in scharfe ästhetische Urteile und sprühende, mit Geist, Großspurigkeit und Gift durchtränkte Bemerkungen. Und was könnte einen Briefwechsel besser würzen, als solche frech geschärfte, sprachspielerisch beschwingte Formulierungskunst.

    1930 lebte Beckett in Paris, er verfasste das eine oder andere Gedicht, arbeitete mit Philippe Soupault und Alfred Péron an der Übersetzung von Joyce's "Anna Livia Plurabelle". Er schrieb an einem Proust-Essay, kurz: Er tingelte ganz pariserisch zwischen Geistesleben und Bohème. Das alles stellt sich auf Briefpapier folgendermaßen dar:

    "Hier nichts Interessantes, was über die gewohnte Trinkerei & Sinnlosigkeit hinausginge. Alfy ist da, und wir waren mit Soupault zusammen. Auf irgendeine unklare und ineffektive Weise arbeiten wir zusammen an dem verdammten Ding. Alfy ist zur Erholung nach Boulogne sur Merde (oder sur Seine - wie Du willst), außerdem muss er natürlich bei seinem feinsinnigen, russischen Liebchen liegen.

    Der 14. Juli war passabel, weil ich noch betrunkener war als Nancy oder Henry. Es waren noch mehr Leute da, weiß Gott wer, aber die beiden gingen früher, zwecks einer kleinen Coucherie, vermutlich. Weiß Gott auch, was ich gesagt & getan habe, aber ich glaube, es war vertretbar. Am Ende war ich so müde, dass ich kaum noch ins Taxi klettern konnte."


    Dass Beckett eine so gut und bereits früh entwickelte Begabung zu Ironie und Sarkasmus besaß, muss nicht überraschen. Schon eher geben sein Eifer als Briefschreiber und seine überbordend anmutende postalische Mitteilungsbereitschaft Anlass zum Staunen. Mehr als 15.000 Briefe hat er hinterlassen, was die Herausgeber seiner Korrespondenz zu der beglückten Feststellung veranlasst:

    "Samuel Beckett zählt zu den großen literarischen Briefschreibern des 20. Jahrhunderts, wenn nicht aller Zeiten. Seine brieflichen Zeugnisse aus 60 Jahren, von 1929 bis 1989, sind nicht nur überaus zahlreich, sondern auch von außergewöhnlicher Spannweite und Intensität."

    Die Ausgabe der "Letters of Samuel Beckett" ist als Auswahl konzipiert, was nicht zuletzt auf die Verfügungen des Verfassers selbst zurückgeht: Nur Briefe, "die für mein Schaffen von Belang sind" sollten darin auftauchen. Dass er damit dem Herausgebergremium Kopfzerbrechen und Diskussionen bescherte, lässt sich ahnen. Jedenfalls wurden seine Anweisungen nicht engherzig ausgelegt, was gewiss seine Richtigkeit hat bei einem Schriftsteller, der abstrakte Deutungen seines Werkes zurückwies, dafür aber mit Auskünften über seine persönlichen Lebenserfahrungen keineswegs geizte.

    Und so gehört es auch zu den größten Lektürereizen für die Leser dieses ersten Bandes der Briefauswahl, ein wenig darüber zu spekulieren, welche Befindlichkeiten und Einflüsse es gewesen sein mögen, die aus dem eigenwilligen, doch in Vielem unentschlossenen jungen Literaturwissenschaftler den Schriftsteller Samuel Beckett gemacht haben, einen Autor, der sein Publikum mit den denkbar kaltblütigsten Befunden über die Absurdität der menschlichen Existenz in Bann schlug.

    Tatsächlich zeigen sich bald nach dem munteren Aufbruch des jungen Mannes in die Welt und trotz seiner sprachlichen Frische und Nonchalance Stimmungen und Töne, die mit Aufbruch und Zuversicht nicht mehr das Geringste zu tun haben. Überdruss an allem und jedem schleicht sich ein, Dublin und Irland gehen ihm auf die Nerven, wann immer er dort Aufenthalt nehmen muss.

    "Ich wünschte bei Gott, ich wäre wieder in Paris - oder auch nur in Deutschland, in Nürnberg, abgefüllt mit Bier. Diese müde, abstrakte Wut - unartikuliertes, passives Dagegen-sein - immer dasselbe in Dublin. Schreib mir, Tom, und verzeih all den Klatsch aus der einzigen Quelle, die mir bleibt, meinem einzigen Bezugspunkt, meinem verfluchten Selbst."
    So schreibt er im November 1930 an Tom McGreevy, an den in jenen Jahren die allermeisten Briefe adressiert sind. Obwohl Beckett aus finanzieller Not hin und wieder noch die eine oder andere akademische Bewerbung lustlos ins Auge fasst, mochte er eine Universitätskarriere nicht mehr zu seinen Perspektiven zählen. Ganz allmählich, doch unwiderstehlich, hat sich ein anderes Ziel herausgebildet: das Schreiben. Aber auch das verursacht zunächst nur Qualen und Unzulänglichkeitsgefühle. Wieder an Tom McGreevy ergeht die Klage:

    "Du weißt, dass ich überhaupt nicht schreiben kann. Der einfachste Satz schon ist Folter. Ich wünschte, wir könnten uns treffen & reden - bevor ich ganz stumm oder glatt-geschwätzig werde."

    "Ganz stumm oder glatt-geschwätzig" - dieser Ausblick in zwei Sackgassen resultierte nicht nur aus einer trüben Laune, er stellte die zu jener Zeit tatsächlich entmutigende Klemme dar, in der Beckett sich gefangen sah. Wo konnte er den Ausweg finden? An den Verlagslektor Charles Prentice schrieb er nicht minder beklommen über ein eingesandtes Prosastück:

    "Natürlich stinkt der Text nach Joyce, trotz ernsthaftester Bemühungen, ihn mit meinen eigenen Düften auszustatten. Zu meinem Unglück ist das die einzige Art des Schreibens, die mich interessiert."

    Mit anderen Worten: Beckett war auf der Suche nach seiner eigenen Schreibweise und die konnte er weder im Konventionellen finden, das er ablehnte, noch in der Anlehnung an den großen literarischen Neuerer Joyce, so sehr er diesen auch schätzte. Jahre später, im Rückblick beschrieb Beckett die Zeit von 1933 bis 1939 als

    "eine Periode des Verlorenseins, des Dahintreibens, des Umgangs mit wenigen Freunden - eine Periode der Apathie und Lethargie.

    In anderen Worten: Die Suche nach dem eigenen Weg vollzog sich als Dauerkrise. Im Frühsommer 1931 warf die Mutter, nachdem sie einige seiner Manuskripte entdeckt hatte, den ungeratenen, finanziell abhängigen Sohn aus dem Haus. Bald litt der angehende Schriftsteller an Herzproblemen vermutlich psychosomatischen Ursprungs, häufig erwähnte er Depressionen. Den Rat, sich einer Psychoanalyse zu unterziehen, befolgte er gewiss nicht aus modischer Neugier, sondern bitterer Notwendigkeit.

    All das ist der Stoff des großen biografischen Dramas im Zentrum dieses ersten Bandes der Beckett-Korrespondenz, der insgesamt die Jahre von 1929 bis 1940 umfasst. Und der, das muss nun endlich gesagt werden, auf der Basis der englischen Originalausgabe nochmals eine ganz besondere editorische Leistung darstellt. Chris Hirte hat den Band nicht nur hervorragend übersetzt, er hat darüber hinaus Anmerkungen und textkritischen Apparat für eine deutschsprachige Leserschaft informativ angepasst und ergänzt. Außerdem hat er triftige deutsche Versionen von eingefügten Gedichten und Werktexten gefertigt. Darunter diesen Gedichtanfang von 1932:

    "Ich setze den Stift an zu diesem
    vagen Versgebilde, das
    so viel heiterer, leichter ist,
    mehr nach meiner Art als Prosa,
    und mein Kakoethes - oder wie man sagt: der böse Drang -
    hat Gott sei Dank kein Ziel
    womit ich meine, ich liebe sie nicht,
    weder Land- noch See- noch Himmelschaft
    noch unsern Heiland insbesondre.
    Ich hab auch keinen Kontrakt unterzeichnet,
    das brachte ich nicht über mich,
    nein, mein Schmerz ist Bäumchen-wechsel-dich, ich bin entbrannt, entflammt auf vage allgemeine Art,
    und mein kleines erektiles Hirn - Gott steh ihr bei -
    pocht wie ein Metzgerpint."


    Becketts Stil jener Zeit, gleich, ob in den Briefen, Essays oder literarischen Texten hat, Biss, eine oftmals spröde, zuweilen zornige Entschiedenheit und übt sich in der Kunst, allen hochfliegenden, ehrwürdigen Ideen die Luft abzulassen, bis sie sich im trüben Alltagslicht am schmutzigen Boden kringeln.

    Auch viele seiner Urteile über Kunst und Literatur lassen an Bissigkeit nichts zu wünschen übrig. Was ihm an Prousts "überbordendem Redeschwall" missfiel, charakterisierte er

    "als das weinerliche, mit klapperndem Gebiss herausgekollerte Glucksen eines verdorbenen Magens."

    Rilke bezeichnete er in einer der Rezensionen, die er zuweilen schrieb,

    "als Zappelphilipp, eine nervöse Störung, die sehr wohl zu hochrangiger Lyrik auflaufen kann."

    In eigener Sache war er jedoch ebenfalls nicht zimperlich, wenn er seine Schreibanstrengungen als

    "meine kleinen Seelenschisse"

    apostrophierte, allerdings ganz elegant, auf Französisch. Fast ebenso viel Aufmerksamkeit wie der Literatur und der eigenen Misere widmete Beckett in den 30er-Jahren der Malerei, gewiss auch angeregt durch seinen besten Brieffreund Thomas McGreevy, der damals als Kunstkritiker arbeitete. Besonders großen Raum beansprucht dieses Thema in den Briefen über seine sechsmonatige Deutschlandreise 1936/37. Er machte viele bewegende Bekanntschaften, unter anderen mit vom Nazi-Regime verbotenen Malern, drangsalierten Sammlern und Museumsdirektoren, die ihm ihre weggesperrten Bestände zeigten. Trotzdem fiel sein Fazit am Ende übel aus.

    "Die Reise erweist sich als Debakel. Deutschland ist grässlich. Das Geld ist knapp. Ich bin ständig müde. Alle modernen Bilder sind in den Kellern. Ich notiere alles, wie es kommt, habe aber seit meiner Abreise nichts Zusammenhängendes geschrieben, auch nichts Unzusammenhängendes. Und nicht das Gespenst eines Buchanfangs. Das körperliche Elend ist trivial im Vergleich zum intellektuellen. Es ist mir egal & ich weiß nicht, ob beides verbunden ist oder nicht. Es reicht schon, dass ich mir nichts Schlimmeres vorstellen kann, als den geistigen Marasmus, in dem ich seit Monaten herumwanke und schmore."
    Beckett hegte keinerlei Sympathien mit den Nazis, doch Politik und gesellschaftliche Verhältnisse kommen in seinen Briefen so gut wie nicht vor. Das kann kein Vorwurf sein, aber es bleibt bemerkenswert, denn interessanter werden die Episteln dadurch natürlich nicht. Sodass sich durchaus die Frage stellt, ob sich die hochgemute Feststellung der Herausgeber, es handle sich hier um einen der ganz großen Briefschreiber, in den folgenden Bänden noch etwas überzeugender bestätigt. Von unschätzbarem Wert ist diese Korrespondenz aber zweifellos als Quelle zur Erschließung von Becketts Biografie und Persönlichkeit. Und für die Frage, wie er schließlich zu der für ihn charakteristischen Schreibhaltung gekommen sein mag. Gegenüber seinem Biografen James Knowlson beschrieb er die Entscheidung, die dabei eine Schlüsselrolle spielte, an anderer Stelle einmal so:

    "Ich begriff, dass Joyce in puncto Wissen bis an die Grenzen des Möglichen gegangen war. Er addierte immer noch etwas; man muss sich nur seine Druckfahnen anschauen! Und ich begriff, dass mein eigener Weg in der Verarmung lag, im Mangel an Wissen, im Subtrahieren statt im Addieren."

    Für solche Verarmung, für die große Reduktion, die Zuspitzung durch Minimierung - für all das brachte der junge Beckett glänzende Voraussetzungen mit. Schließlich waren die Antriebe seines Talents - das macht die zugleich freche wie missmutige Sprachlust seiner Briefe deutlich - entschieden idiosynkratisch befeuert. Abneigungen, Unduldsamkeit und Überdruss brachten für ihn offenbar stärkere schöpferische Anregungen hervor, als Harmonie oder Zustimmung.
    "Ich bin ein sonderbarer Kauz & ich mag niemanden"

    gestand er einmal seinem Intimus Tom McGreevy. Was über seine Fähigkeit zur Freundschaft, die durchaus groß gewesen sein soll, nicht viel besagt. Wohl aber über seine schriftstellerische Selbstfindung. Mit den "Negationskrisen", die er einem erfundenen Dichter in einem parodistischen Vortrag zuschrieb, besaß er selbst reiche, oft quälende Erfahrungen. Die Vorbereitungen zur Hochzeit seines Bruders Frank zum Beispiel provozierten ihn zu einer völlig desillusionierten Sicht auf Ehe und Familie:

    "Die Geschenke eintrudeln zu sehen, war schmerzhaft. Der fürchterliche unbewusste Sozialzynismus, der weiß, dass die ganze Beziehung am Ende auf Gongs & Teewagen hinausläuft, dass es ohne das kein Zusammen gibt. Bis es fast als Gesetz der Ehe erscheint, dass der menschlich-persönliche Anteil ab Startsignal aus der Existenz herausgeköchelt wird, eingedickt zu einem bloßen Anlass für gute Haushaltsführung & häusliches Geplauder. Es ist schrecklich, anzusehen, wie sich die Gesellschaft auf den kleinsten Anschein eines frischen, sozialen Wachstumsknotens stürzt."

    Der junge Beckett litt häufig unter Abszessen, Geschwüren und eiternden Infektionen, die sich als Zeichen dafür deuten lassen, wie wenig er sich in seiner Haut wohlfühlte. Nicht selten verglich er sogar das Schreiben mit dem Eitern. Viele der Gedichte jener Jahre muten an wie die Passionsgänge einer zornig-verdrossenen Seele durch eine heruntergekommene Welt. Und Murphy, der Titelheld seines ersten vollendeten Romans, dessen glücklose Wanderung durch viele Verlagslektorate sich in zahlreichen brieflichen Beschwerden widerspiegelt, gehört mit seiner existenziellen Position zwischen Außenseitertum, Wahn und humaner Verarmung bereits zu den ganz typischen, menschlich reduzierten Beckett-Helden. Das "Leben ist nicht möglich" lautet ein Schlüsselsatz in seinem ersten Theaterstück "Eleutheria" von 1940. Für derlei trübe Schlussfolgerungen fand Beckett in seiner Erfahrungswelt jener Jahre viele Ansatzpunkte. Gegenüber der Kindheitsfreundin und Schriftstellerin Mary Manning Howe präsentierte er sich als schiere Verkörperung der Negativität:

    "Ich tue nichts, mit ebenso wenig Scham wie Befriedigung. Das ist der Zustand, der mir am besten entspricht. Ich schreibe das eine oder andere Gedicht, wenn es sich einstellt, das ist das einzige, was zu tun lohnt. Die Verlockung des Lichts ist vorbei, seine artigen Verbrennungen & Tröstungen. Das ist etwas für Kinder & Insekten. Das wahre Bewusstsein ist das Chaos, ein grauer Tumult des Geistes, ohne alle Voraussetzungen oder Schlussfolgerungen, Probleme oder Lösungen. Ich liege tagelang auf dem Fußboden oder in der Natur, mit einer Empfindung des Geistes, die vollkommen nutzlos ist."

    So zeigte sich die "Conditio Beckettiana" im August 1937. Was aber jedem anderen als Bankrott und Zusammenbruch gegolten hätte, wurde für Beckett zum endlich erreichten Ausgangspunkt, wenn nicht gar Sprungbrett für seine literarische Kunst. Und falls die Welt für das damit verbundene Menschenbild zunächst noch nicht bereit gewesen sein sollte, dann trugen die Grausamkeiten des Zweiten Weltkrieges dazu bei, dass Beckett endlich verstanden wurde, als er in der Nachkriegszeit schlagartig mit zahlreichen Werken hervortrat. Der verlorene Außenseiter, der er vor Kurzem noch gewesen war, wandelte sich auf einmal zum Seismografen für den herrschenden Weltzustand.

    Becketts schlimmste Zeit ging ausgerechnet in dem Moment zu Ende, als der Krieg begonnen hatte. Unsicherheit, Not, schwarzer Humor, Desillusionierung und böse Aussichten aller Art waren plötzlich zum Allgemeingut geworden. Beckett schloss sich einer französischen Widerstandsgruppe an, tippte die gesammelten Informationen über den deutschen Gegner mit seiner Schreibmaschine ab und schrieb an seinem Roman "Watt", der vielen als sein komischster gilt. Über diese Zeit und die ersten Erfolge in den 50er-Jahren wird der zweite Band der Beckett-Briefe Auskunft geben. Es gibt jeden Grund, darauf gespannt zu sein.

    Buchinfos:
    Samuel Beckett "Weitermachen ist mehr, als ich tun kann – Briefe 1929-1940", Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 856 Seiten, Preis: 39,95 Euro