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Besser aber teurer

Medizin. - Das Standardverfahren, um Brustkrebs erkennen, ist bislang die Mammographie. Um zu überprüfen, wie verlässlich diese ist, haben Bonner Forscher jetzt über 7000 Frauen untersucht. Einmal mit der Mammographie und einmal mit dem Alternativverfahren, der Kernspin- oder Magnetresonanztomographie. Das Ergebnis: Diese Alternative, die ohne die Strahlenbelastung der Röntgen-Mammographie auskommt, ist sicherer. Die Leiterin der in der britischen "Lancet" veröffentlichten Studie, Professor Christiane Kuhl von der Universität Bonn, berichtet im Gespräch mit Monika Seynsche.

    Seynsche: Frau Professor Kuhl, warum ist die Mammographie weniger verlässlich als die Magnetresonanztomographie?

    Kuhl: In der Röntgen-Mammographie werden Brustkrebsvorstufen dadurch entdeckt, dass man kleinste Verkalkungen aufspürt, den so genannten Mikrokalk. Wie unsere Untersuchungen jetzt zeigen, scheint es so zu sein, dass längst nicht alle der tatsächlich vorhandenen Vorstufen solche kleinen Verkalkungen entwickeln. Die sind durch die Röntgen-Mammographie nicht zu sehen.

    Seynsche: Es gab ja immer den Vorwurf gegen die Mammographie, dass sie oft harmlose Vorstufen als Brustkrebs diagnostiziert, woraufhin eine Therapie eingeleitet wurde, die eigentlich gar nicht notwendig gewesen wäre, weil sich diese harmlose Vorstufe nie in einem Brustkrebs verwandelt hätte. Gibt es da auch Unterschiede zwischen der Mammographie und der Magnetresonanztomographie?

    Kuhl: Die gibt es in der Tat. Aber das Problem werden Sie zunächst einmal nicht lösen können. Es ist auch ein bisschen unfair, glaube ich, der Mammographie gegenüber, wenn man formuliert, dass de facto harmlose Vorstufen als Krebs diagnostiziert worden sind. Es handelt sich ja in der Tat um Krebs. Also die Diagnose war dann durch die Mammographie schon richtig. Wie Sie aber auch richtig formulieren, es gibt es schon einmal, dass solche Vorstufen den Milchkanal nie verlassen und dann werden Sie überhaupt niemals einer Frau gefährlich. Und wenn man sie dann behandelt hat, als wäre es eine sozusagen ernst zunehmende Vorstufe von Brustkrebs, dann hat man die Frau möglicherweise unnötigerweise operiert. Das Problem ist, dass sie im einzelnen Fall, bei der Frau, die vor ihnen steht und diese Erkrankung hat, nicht entscheiden können, wie wird sich dieser Tumor verhalten. Mit der Kernspintomographie werden Sie das auch nicht lösen können, das Problem. Was man allerdings sagen kann, dass tatsächlich unseren Ergebnissenzufolge die Röntgen-Mammographie besonders empfindlich ist in der Diagnostik der vergleichsweise weniger aggressiven oder vergleichsweise harmloseren Vorstufen bis Brustkrebs. Das war für die Kernspintomographie genau umgekehrt. Die ist besonders empfindlich, je biologisch aggressiver eine solche Vorstufe ist.

    Seynsche: Gibt es denn jetzt eine Quintessenz aus dieser Studie. Würden Sie empfehlen, die Mammographie durch die Magnetresonanztomographie zu ersetzen?

    Kuhl: Zunächst haben wir jetzt erst einmal gezeigt, dass die Kernspintomographie solche Vorstufen finden kann und dass man sie offensichtlich sogar besser finden kann als mit der Mammographie. Man kann jetzt die Kernspintomographie zur Früherkennung nicht empfehlen, weil wir zunächst einen Schritt nach dem anderen machen. Zunächst einmal müssen diese Ergebnisse, die wir vorgelegt haben, auch durch andere Einrichtungen noch einmal nachvollzogen werden. Das ist in der Wissenschaft eigentlich immer so. Zweitens haben wir im Augenblick auch gar nicht ausreichend entsprechend ausgebildete Radiologen, die Brustkrebsuntersuchungen mit der Magnetresonanztomographie wirklich mit viel Erfahrung durchführen können. Nicht deswegen, weil die Kollegen sich dafür nicht interessieren würden, sondern weil die Magnetresonanztomographie speziell der Brust, eben nur sehr selten eine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen darstellt, so dass es für einen Radiologen sehr schwierig ist, eine entsprechende kritische Masse an Untersuchungen überhaupt zu sammeln, um die erforderliche Erfahrung zu entwickeln. Und das dritte Problem sind selbstverständlich die Kosten. Wir können eine flächendeckende Magnetresonanztomographie zur Früherkennung sicherlich nicht finanzieren. Es bleibt zu hoffen, und das ist eigentlich auch zu erwarten, dass in den kommenden Jahren das Untersuchungsverfahren, speziell dann, wenn es mehr eingesetzt wird, auch entsprechend in den Kosten sich reduziert. Im Augenblick wäre das unvorstellbar teuer.