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Besser gewandt als schnell

Biomechanik. - Geparden sind die schnellsten Landtiere der Welt: In einem Rennen könnte nur ein anderer Gepard gegen sie gewinnen, denn von Null auf 100 brauchen sie nur wenige Schritte. Doch das scheint gar nicht ihren Jagderfolg auszumachen, blitzartige Tempo- und Richtungswechsel dagegen schon. In der aktuellen "Nature" erläutern britische Forscher die Jagdmethoden der schlanken Raubkatzen im Detail.

Von Dagmar Röhrlich |
    "The cheetah is really the ultimate athletic."

    Geparden sind die ultimativen Athleten, erklärt Alan Wilson vom Royal Veterinary College im britischen Hatfield: Sie laufen viel schneller als Rennpferde oder Windhunde und lassen Weltrekordsprinter Usain Bolt einfach stehen. Bislang galt ihre beeindruckende Geschwindigkeit als Geheimnis ihres Jagderfolgs. Um diese Hypothese zu überprüfen, statteten Alan Wilson und sein Team in Botswana, östlich des Okavango-Deltas, fünf Geparden mit Daten-Halsbändern aus:

    "In diesen Daten-Halsbändern stecken zehn Jahre Entwicklungsarbeit. Wir haben Präzisions-GPS-Sensoren in sie integriert, Trägheitsmesser, aber auch Beschleunigungssensoren, Gyroskope und Magnetometer, um die genaue Lage des Geparden im Raum zu bestimmen. So messen wir 300 mal pro Sekunde, wie schnell der Gepard gerade ist und wohin er sich bewegt. Daraus berechnen wir die Leistungsfähigkeit, wie gut er am Boden haftet und welche Kräfte er ausübt."

    Während der Beobachtungen verfolgen die Forscher die Geparden mit einem Leichtflugzeug oder einem Auto. Radiotransmitter im Halsband übertragen dabei die Daten. Das Ergebnis sind beeindruckende Einblicke in die Jagdtechnik der Geparden:

    "Zu unserer Überraschung jagen Geparden in freier Wildbahn nicht mit Höchstgeschwindigkeit. Zwar können sie durchaus mehr als 90 Stundenkilometer erreichen und dass sogar in hohem Gras und buschigem Gelände. Aber das ist die Ausnahme: Normalerweise sind sie nur halb so schnell. Anscheinend ist für den Jagderfolg ihre Wendigkeit viel wichtiger: ihre abrupten Richtungswechsel, das blitzschnelle Beschleunigen und Bremsen."

    Ihre Manövrierfähigkeit verdanken die Geparden dabei einerseits ihren kräftigen Füßen samt der Krallen, die sie nur halb einziehen können. Das verbessert den Bodenkontakt bei schnellen Manövern:

    "Außerdem haben sie ein sehr flexibles Rückgrat, das ihnen hilft, ihre Kräfte richtig einzusetzen und selbst bei schnellen Manövern die Füße auf dem Boden zu halten. Ihre Haftung ist besser als die jedes Autoreifens. Die Muskeln eines Geparden sind ungeheuer kraftvoll: Sie können mit bis zu 100 Watt pro Kilogramm beschleunigen - das Vierfache des Wertes, den der Sprinter Usain Bolt erreicht."

    Um ihre Beute zu erlegen, beschleunigt ein Gepard, hält für wenige Sekunden eine hohes Tempo, bremst ab, wendet, beschleunigt wieder, rennt, bremst ab, wendet:

    "In der Endphase der Jagd entscheidet diese Wendigkeit und die Fähigkeit zum schnellen Tempowechsel über den Erfolg. Das ist für einen Geparden, der Beute machen will, der zentrale Punkt, nicht ihre Höchstgeschwindigkeit."

    Die Daten-Halsbänder brachten noch eine zweite Überraschung, als die Forscher die Felddaten mit Umgebungsinformationen aus Google Earth kombinierten. Anders als bislang angenommen jagen Geparden nicht nur im offenen Gelände, sondern auch im dichten Gebüsch. Da hilft ihnen vor allem ihre Beweglichkeit. Der Sprint ist also nur ein kleiner Teil der Geparden-Jagdgeschichte.