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Besser lernen - im Schlaf!

Medizin. - Manch einer soll’s ja machen, zum Beispiel vor einer kniffligen Prüfung: Beim Zu-Bett-Gehen das Lehrbuch unters Kopfkissen klemmen und dann hoffen, dass sich der Stoff über Nacht richtig einbleut. Noch sind keine Untersuchungen bekannt darüber, ob Enten-Daunen tatsächlich Lerninhalte übertragen. Was es aber gibt sind neue Befunde darüber, wie wichtig es nach dem Büffeln ist, ''noch mal drüber zu schlafen'' - nämlich über den Lernstoff. Denn das Ausruhen tut offensichtlich dem Gedächtnis gut.

    Von Volker Mrasek

    Robert Stickgold gehört zu der Sorte Wissenschaftler, von der man sich wünscht, dass sie einem öfters über den Weg läuft. Denn der Psychiatrie-Professor an der Harvard Medical School in Boston hält einen praktischen Tipp für jedermann bereit:

    Sieh zu; dass Du acht Stunden Schlaf in der Nacht bekommst! So, wie es Dir Deine Mutter immer schon gepredigt hat!

    Wer kürzer schläft, ist am nächsten Tag vermutlich nicht richtig fit. Aber darum geht es dem US-Forscher überhaupt nicht, sondern:

    Ausreichend Schlaf ist gut für unser Gedächtnis! Verschiedene Forschergruppen haben inzwischen überzeugende Belege dafür, dass vieles von dem, was wir bei Tage lernen, im Schlaf noch einmal richtig abgespeichert wird. Es wird in größere Gedächtnis-Netzwerke eingebaut. Dadurch erinnern wir uns nicht nur an das Gelernte, sondern können es auch besser einordnen.

    Stickgold gehört zu den renommiertesten Wissenschaftlern auf dem Gebiet der Schlaf- und Gedächtnisforschung. Über seine Experimente berichtet der Psychiater regelmäßig in Fachmagazinen wie etwa "Science". So unternahm er zum Beispiel Versuche mit Testpersonen, die stundenlang Computerspiele spielten und dann ins Bett mussten: Manche verbrachten ihre Zeit vor dem Schlafengehen mit dem Klassiker "Tetris", bei dem bunte geometrische Figuren vom Himmel regnen und zügig sortiert werden müssen: Manche versuchten sich an einer Ski-Abfahrtssimulation. Für Stickgold sind die Spiele "visuelle Geschicklichkeits-Tests", die man trainieren und bei denen man ständig hinzulernen muss. Bei seinen Probanden stellte er Erstaunliches fest:

    Sie konnten ihre Geschicklichkeit erst dann steigern, nachdem sie geschlafen hatten. Wenn wir sie am Schlaf hinderten, zeigten sie nachher keinerlei Verbesserung im Spiel - als ob nichts abgespeichert worden wäre. Wenn wir nun fragen, welche Schlaf-Phasen hier entscheidend sind, dann zeigt sich: Zumindest diese Art des visuellen Lernens ist sowohl abhängig von Tiefschlaf-Phase früh in der Nacht als auch von der sogenannten REM-Phase, die später auftritt.

    Das Kürzel "REM" kommt aus dem Englischen und steht für "schnelle Augenbewegungen". Die haben wir dann, wenn wir besonders intensiv träumen. Für Stickgold ist sicher, dass diese Schlafphase von besonderer Bedeutung für die nächtliche Auffrischung des Gedächtnisses ist. Aber auch die frühe Tiefschlafphase, in der die Gehirnströme nur noch wie in Zeitlupe fließen, scheint eine Rolle zu spielen. Deshalb, glaubt Stickgold, ist es auch so wichtig, ausreichend Schlaf zu finden. Wer schon nach sechs Stunden oder sogar noch früher aufwacht, der - so die Erfahrung des Forschers - durchläuft nicht den kompletten Informations-Speicherprozess. Noch nicht befriedigend beantwortet ist die Frage, in welchen Gehirnregionen unser Gedächtnisspeicher denn nun genau sitzt. Fest steht: Der Hippocampus, eine zentrale Hirnregion, spielt eine entscheidende Rolle.