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Bessere Noten für schöne Profs

Als Betroffene müssten Studierende eigentlich am besten beurteilen können, welcher Professor seine Arbeit gut macht. Sozialwissenschaftler an der Uni Köln haben aber herausgefunden, dass bei der Bewertung das äußere Erscheinungsbild der Dozenten eine wichtige Rolle spielt. Studenten bevorzugen attraktive Dozenten, ob sie wollen oder nicht.

Von Amelie Ernst |
    Halbglatze, Hornbrille, Doppelkinn - die "Flop 10" der Sozialwissenschaftler an der Uni Köln besticht tatsächlich nicht durch makellose Schönheit. Vor Dr. Ulrich Rosar auf dem Tisch liegen die Fotos seiner Kollegen. Die zehn schönsten, aber auch die zehn unattraktivsten - zumindest aus Studentensicht.

    "Das sind zum Beispiel vorzugsweise Männer und oft eben auch ältere Männer, nicht selten mit schütterem Haar und hier sehen Sie eben auch in einzelnen Fällen, dass relativ deutliches Übergewicht besteht. Und an einer Person schön zu sehen ist, dass die Zähne sehr unregelmäßig sind. Auch das ist ein Merkmal, dass der Attraktivitätseinschätzung nicht gerade zuträglich ist."

    207 Studenten haben im Auftrag von Sozialwissenschaftler Ulrich Rosar die Dozenten nur nach Äußerlichkeiten bewertet - allerdings Studenten von den Unis in Düsseldorf und Stuttgart. Die Kölner Kommilitonen kennen ihre Dozenten schließlich aus dem Alltag - Vorurteile sollten ausgeschlossen sein. Später haben Rosar und seine Kollegen das Ranking dann mit den tatsächlichen Lehrevaluationen verglichen und festgestellt: Wer allgemein als attraktiv gilt, kommt auch in Evaluationen besser weg.

    "Im Extremfall liegt zwischen einem völlig unattraktiven Dozenten und einer hochattraktiven Person ein Unterschied von 0,6 Notenpunkten. Wenn also zwei Leute im Prinzip identische Lehre machen würden, und der eine wäre unattraktiv und der andere attraktiv, dann würde der eine zum Beispiel bei der Lehrevaluation im Durchschnitt eine Zwei minus bekommen und der andere eine Zwei plus."

    Schönheitsbonus für Dozenten? Die meisten Studenten an der Uni Potsdam weisen das weit von sich:

    "Bei uns sind die meisten Dozenten Männer, und da achte ich dann sowieso nicht so auf Attraktivität, von daher spielt das bei mir keine Rolle.

    Also Attraktivität mit Dozenten zu verbinden ist glaube ich sehr gefährlich!

    Am ganzen Institut für Physik rennen nur komische Typen rum - da ist der Inhalt wichtiger.

    Ich würde Professoren nicht nach ihrem Aussehen bewerten, sondern nach ihrer fachlichen Kenntnis.

    Also ich habe eine attraktive Dozentin - die ist fachlich nicht so gut wie die weniger attraktive. Die ist lieb und nett aber bringt mir nicht so viel bei wie die andere."

    Kaum Unterstützung also für die These der Kölner Soziologen. Nur wenige Studenten halten sich für beeinflussbar:

    "Niemand ist objektiv. Man nennt das doch ‚kritische Subjektivität'. Also, man guckt sich Leute an und findet die sympathisch. Was die dann erzählen ist manchmal zweitrangig."

    In der Servicestelle für Lehrevaluation der Uni Potsdam sieht man die Studie aus Köln kritisch: Schließlich komme es letztendlich auf die tatsächliche Lehrleistung der Dozenten an, und nicht allein auf die Evaluationen, findet der Leiter der Servicestelle Phillip Pohlenz:

    "Selbst wenn es einen statistisch signifikanten Zusammenhang gibt kann ich mir nicht vorstellen, dass es einen inhaltlich relevanten Zusammenhang zwischen dem Aussehen eines Dozenten und dessen Lehrleistung gibt."

    In Potsdam dienen die Evaluationen bisher nur als Feedback für die Dozenten - anders in Köln: Dort wählen die Studenten der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften in jedem Semester die zehn besten Pflichtvorlesungen. Und deren Dozenten werden dann mit je 2000 Euro fürs Institut belohnt. Da kann sich Attraktivität schon mal auszahlen, sagt Studienleiter Ulrich Rosar:

    "Zum Beispiel im Wintersemester 2005/2006 hätten bis zu zehn Vorlesungen, die nicht prämiert wurden, mit einem hochattraktiven Dozenten die Chance gehabt, eine Prämie zu bekommen. Und da kommt man halt schon ins Grübeln wenn die äußere Anmutung einer Person darüber entscheidet, ob man einen Preis bekommt."

    Doch noch ändert sich nichts in Köln. Auch am Ende dieses Semesters sollen die Studenten wieder evaluieren. Möglichst objektiv natürlich.