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Bessere Unterstützung für Frühchen

Medizin. - Sie sind winzige Menschlein, kaum größer als eine Männerhand und denkbar schlecht vorbereitet auf das Leben: Unreife Frühgeborene, so genannte Frühchen, müssen meist künstlich beatmet und ernährt werden. Doch auch wenn die Kleinen diese kritische Phase überleben, tragen sie doch oft körperliche und geistige Schäden davon. Ein Symposium an der Universität München widmete sich der Problematik und präsentierte ein Vorhaben, das die Kinder über die ersten Jahre begleiten soll.

    Die Münchner Frühgeborenen-Initiative für Familien, kurz FIF, möchte vor allem die sozialpädiatrische Nachsorge der Frühchen verbessern. Dazu sollen zwei bis drei Jahre lang an sieben Münchner Kliniken 400 Kinder pro Geburtsjahrgang, die weniger als 1500 Gramm wiegen und vor der 33. Schwangerschaftswoche auf die Welt kamen, betreut werden. "Erstmals schließen sich dazu alle Kinderkliniken Münchens, die solche Hochrisikofrühgeborene versorgen, zusammen und verfolgen ein gemeinsames und abgestimmtes Konzept zur weiteren Begleitung der Frühgeborenen", erklärt Professor Hubert de Voss, Leiter des Kinderzentrums München. Auch Diagnostik, Entwicklungsbeobachtung sowie Elternberatung seien in diesem Rahmen auf einer gemeinsamen Basis standardisiert worden.

    In fünf Untersuchungen ermitteln die Mediziner den sozialpädiatrischen, entwicklungsneurologischen und -psychologischen Status der Frühchen und stehen den Eltern beratend zur Seite. Nach viereinhalb und achteinhalb Jahren sollen schließlich weitere Nachuntersuchungen folgen. Vorrangiges Ziel der Langzeitstudie ist es, frühe Hinweise auf mögliche Störungen erkennen zu lernen. Denn: Zahlreiche Studien aus den USA belegen, dass die Entwicklungschancen der Frühchen steigen, wenn auch die soziale Umwelt auf ihre Bedürfnisse besonders abgestimmt wird, erklärt de Voss: "Häufig sind die Mütter mit dieser Situation überfordert, sind dabei möglicherweise noch jung und unerfahren und durch die Frühgeburt traumatisiert. Dann muss Hilfe von außen angeboten werden, wie etwa Unterstützung im Haushalt, Pflegegeld oder auch Besuchsdienste", so de Voss. Es sei wichtig, das mobile Dienste gerade auf sozial schwache Familien zugingen, denn oft bestünden Hemmungen, solche Hilfen in Anspruch zu nehmen.

    Die Kinderärzte behalten in dem Konzept ihre Rolle als Koordinatoren, erhalten aber zusätzliche Unterstützung durch Experten: "Psychologen, mobile Krankenschwestern oder auch Sozialpädagogen sollen die vom Arzt erkannten Probleme aufgreifen und die Eltern aktiv begleiten." In einer zentralen Datenstelle werden schließlich die verschiedenen Erkenntnisse über ein Kind gesammelt. Allerdings hat die optimale Betreuung der Sorgenkinder auch ihren Preis: Bei einem finanziellen Aufwand von rund 10.000 Mark pro Kind und etwa 30 neuen Mitarbeitern an den Münchner Kliniken sollen die Krankenkassen insgesamt rund 3,7 Millionen Mark in das Vorhaben investieren.

    [Quelle: Renate Kiesewetter]