Es war das Thema seines Lebens. Das Leben hinter dem Stacheldraht, im Straflager...:
"Tagsüber brichst Du Dir die Knochen. Kaum liegt Dein Kopf dann auf dem Strohkissen, da hörst Du schon wieder: 'Aufstehen!' - Und wieder sind keine Nachtgedanken möglich... ."
Aleksandr Solschenizyn bei einer Lesung. - Der gefräßige Moloch GULag, dem eine verbrecherischere Staatsführung über Jahrzehnte hinweg Millionen von Menschen opferte, der GULag, die Abkürzung für "Hauptverwaltung des Justiz- und Lagerwesens" - Aleksandr Solschenizyn vergleicht ihn mit einem riesigen Archipel, mit unzähligen Lagerinseln inmitten des Wald- und Steppenmeeres, in den unendlichen und unwirtlichen Weiten von Lenins, vor allem aber Stalins Sowjetunion. Den Opfern ihres mörderischen Repressionssystems hat er mit den drei seit 1973 sukzessive zunächst im Westen erschienen Bänden zum "Archipel GULag" ein Denkmal gesetzt, sie vor dem Vergessen bewahrt und dem Wesen der kommunistischen, marxistisch-leninistischen Ideologie und ihrer daraus abgeleiteten Praxis schonungslos die Maske heruntergerissen.
Solschenizyns historiographisch-dokumentarisches Groß-Werk ist schon lange Bestandteil der Weltliteratur. Solschenizyn weiß aus eigenem Erleben, wovon er schreibt. Er wird noch als Offizier der Roten Armee in den letzten Kriegstagen 1945 wegen angeblicher Kritik an Stalin verhaftet und zu acht Jahren Haft mit anschließender Verbannung verurteilt. Seine Mithäftlinge sollen ihm die besten Lehrer werden.
Angehörige aller Gesellschaftsschichten finden sich unter ihnen. Der Archipel GULag, eine dunkle Spiegelversion von Stalins Reich mitsamt seinen rechtlosen Sklaven, ein bizarres Kaleidoskop: Enteignete, aus ihren Hütten vertriebene Bauern sind darunter. Angehörige der Intelligenz, Kommunisten, die auf einmal Abweichler sein sollen. Aus dem Westen verschleppte ehemalige Weißgardisten lernt er ebenso kennen wie aus deutschen KZs befreite sowjetische Kriegsgefangene, deren Verbrechen darin besteht, sich der Wehrmacht ergeben zu haben, Ostarbeiter, die nach Deutschland gezwungen worden waren, Überläufer aus Not oder tiefer antisowjetischer Überzeugung wie viele Wlassow-Soldaten, die ebenso auf deutscher Seite gekämpft hatten wie ukrainische oder baltische Nationalisten.
Abschnitte wie diese lassen den "Archipel GULag" heute noch genau so aktuell, informativ und lesenswert erscheinen wie schon vor dreißig, 35 Jahren. Wer wissen möchte, weshalb bis heute Esten, Litauer, Letten, Polen oder Ukrainer mit dem offiziellen, affirmativen Geschichtsbild in Putins und Medvedevs Russland ihre Probleme haben, dem sei Solzhenicyns "GULag" sehr ans Herz gelegt - Antworten oder Einsichten zu vielen dieser Konfliktwurzeln lassen sich dort recht rasch finden. - Theorie und Praxis des Sowjetsystems - für den nicht unkritischen aber insgesamt loyalen Artillerie-Hauptmann Solschenizyn hatte das Schicksal plötzlich einen Blitz-Lehrgang parat:
"Ich saß 1945/46 zunächst ein paar Monate im Gefängnis. Gestritten, diskutiert habe ich mit meinen Zellennachbarn. Und dann merkte ich bald: Wie ein kleiner Junge stand ich vor ihnen, verlor gegen sie und ihre Lebenserfahrung. Philosophen waren das. Sie haben mich überzeugt, umerzogen. Sie haben mich vorbereitet auf den GULag."
"Gefängnisindustrie", "Ewige Bewegung" hin zu immer neuen, oft sinnlosen Projekten, "Arbeit und Ausrottung", die Lageraristokratie der kriminellen Häftlinge als so genannte "der Ideologie nahestehende Elemente" oder "Seele und Stacheldraht" - diese kurze Aufzählung kreist ein, wie Solschenizyn das Ausbeutungssystem mit Namen Sowjetunion einer röntgen-gleichen Untersuchung unterzieht. Dieses Buch bleibt unter allen seinen anderen Büchern das Wichtigste - wohl auch für Solschenizyn selbst:
"Mit Blut ist das alles geschrieben worden, im Gefängnis, im Lager, als ich schon nicht mehr daran glaubte, jemals zurückzukehren. Damals dachte ich nur: Wie kann ich das Material aufheben? Ich hab's in eine Flasche versteckt. Vergraben. Das Versteck kannte nur ein Mensch, dem ich vertraute."
"Tagsüber brichst Du Dir die Knochen. Kaum liegt Dein Kopf dann auf dem Strohkissen, da hörst Du schon wieder: 'Aufstehen!' - Und wieder sind keine Nachtgedanken möglich... ."
Aleksandr Solschenizyn bei einer Lesung. - Der gefräßige Moloch GULag, dem eine verbrecherischere Staatsführung über Jahrzehnte hinweg Millionen von Menschen opferte, der GULag, die Abkürzung für "Hauptverwaltung des Justiz- und Lagerwesens" - Aleksandr Solschenizyn vergleicht ihn mit einem riesigen Archipel, mit unzähligen Lagerinseln inmitten des Wald- und Steppenmeeres, in den unendlichen und unwirtlichen Weiten von Lenins, vor allem aber Stalins Sowjetunion. Den Opfern ihres mörderischen Repressionssystems hat er mit den drei seit 1973 sukzessive zunächst im Westen erschienen Bänden zum "Archipel GULag" ein Denkmal gesetzt, sie vor dem Vergessen bewahrt und dem Wesen der kommunistischen, marxistisch-leninistischen Ideologie und ihrer daraus abgeleiteten Praxis schonungslos die Maske heruntergerissen.
Solschenizyns historiographisch-dokumentarisches Groß-Werk ist schon lange Bestandteil der Weltliteratur. Solschenizyn weiß aus eigenem Erleben, wovon er schreibt. Er wird noch als Offizier der Roten Armee in den letzten Kriegstagen 1945 wegen angeblicher Kritik an Stalin verhaftet und zu acht Jahren Haft mit anschließender Verbannung verurteilt. Seine Mithäftlinge sollen ihm die besten Lehrer werden.
Angehörige aller Gesellschaftsschichten finden sich unter ihnen. Der Archipel GULag, eine dunkle Spiegelversion von Stalins Reich mitsamt seinen rechtlosen Sklaven, ein bizarres Kaleidoskop: Enteignete, aus ihren Hütten vertriebene Bauern sind darunter. Angehörige der Intelligenz, Kommunisten, die auf einmal Abweichler sein sollen. Aus dem Westen verschleppte ehemalige Weißgardisten lernt er ebenso kennen wie aus deutschen KZs befreite sowjetische Kriegsgefangene, deren Verbrechen darin besteht, sich der Wehrmacht ergeben zu haben, Ostarbeiter, die nach Deutschland gezwungen worden waren, Überläufer aus Not oder tiefer antisowjetischer Überzeugung wie viele Wlassow-Soldaten, die ebenso auf deutscher Seite gekämpft hatten wie ukrainische oder baltische Nationalisten.
Abschnitte wie diese lassen den "Archipel GULag" heute noch genau so aktuell, informativ und lesenswert erscheinen wie schon vor dreißig, 35 Jahren. Wer wissen möchte, weshalb bis heute Esten, Litauer, Letten, Polen oder Ukrainer mit dem offiziellen, affirmativen Geschichtsbild in Putins und Medvedevs Russland ihre Probleme haben, dem sei Solzhenicyns "GULag" sehr ans Herz gelegt - Antworten oder Einsichten zu vielen dieser Konfliktwurzeln lassen sich dort recht rasch finden. - Theorie und Praxis des Sowjetsystems - für den nicht unkritischen aber insgesamt loyalen Artillerie-Hauptmann Solschenizyn hatte das Schicksal plötzlich einen Blitz-Lehrgang parat:
"Ich saß 1945/46 zunächst ein paar Monate im Gefängnis. Gestritten, diskutiert habe ich mit meinen Zellennachbarn. Und dann merkte ich bald: Wie ein kleiner Junge stand ich vor ihnen, verlor gegen sie und ihre Lebenserfahrung. Philosophen waren das. Sie haben mich überzeugt, umerzogen. Sie haben mich vorbereitet auf den GULag."
"Gefängnisindustrie", "Ewige Bewegung" hin zu immer neuen, oft sinnlosen Projekten, "Arbeit und Ausrottung", die Lageraristokratie der kriminellen Häftlinge als so genannte "der Ideologie nahestehende Elemente" oder "Seele und Stacheldraht" - diese kurze Aufzählung kreist ein, wie Solschenizyn das Ausbeutungssystem mit Namen Sowjetunion einer röntgen-gleichen Untersuchung unterzieht. Dieses Buch bleibt unter allen seinen anderen Büchern das Wichtigste - wohl auch für Solschenizyn selbst:
"Mit Blut ist das alles geschrieben worden, im Gefängnis, im Lager, als ich schon nicht mehr daran glaubte, jemals zurückzukehren. Damals dachte ich nur: Wie kann ich das Material aufheben? Ich hab's in eine Flasche versteckt. Vergraben. Das Versteck kannte nur ein Mensch, dem ich vertraute."