Mittwoch, 01. Mai 2024

Archiv


Besuch

Auf seiner Chinareise im vergangenen Jahr hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder ein besonderes Gastgeschenk mit im Gepäck. Als er von der Tongij-Universität in Shanghai die Ehrendoktorwürde verliehen bekam, revanchierte er sich mit 15 Studien-Stipendien. Bis 2007 werden nun jedes Jahr drei chinesische Studierende eine deutsche Hochschule ihrer Wahl besuchen können.

19.08.2003
    Ein Beitrag von Birgit Fenzel

    Die Tongij-Universität verbindet schon seit Jahren eine Partnerschaft mit der Münchner Uni – daher ist es auch keine Überraschung, dass sie ihre ersten Kanzlerstipendiaten an die LMU schickt. Einen Monat lang können die drei Auserwählten den Sommerkurs des Internationalen Universitätsclubs München besuchen. Das Stipendium beträgt 1300 Euro –Flug, Kursgebühren und Taschengeld inklusive. Das Geld stammt allerdings nicht aus des Kanzlers Kasse, sagt der Geschäftsführer des Universitätsclubs Kai Wede:

    Die Studenten haben ein ganz normales DAAD-Stipendium bekommen – so wie andere Stipendiaten auch. Der einzige Unterschied ist, dass die Studenten von der Universität selber ausgewählt wurden. Die Höhe bestimmt sich aber nach den normalen Sätzen des DAAD – insofern sind sie nichts Besonders – außer, dass sie direkt von der Tongij kommen und von der Uni als beste Studenten nach Deutschland geschickt wurden.

    Anfang August sind die drei im Studentenwohnheim im Olympiazentrum eingezogen. Die Zimmer in dem Hochhaus sind klein und eher schlicht, bieten aber dafür eine schöne Aussicht weit über die Stadt.

    München ist eine schöne Stadt – ich glaube, es gibt viele Gegensätze in München wie zum Beispiel Tradition und High-Tech, Pinakotheken und Patentamt, ja so wie Biergarten und Kunstpark.

    Die Dialektik von Laptop und Lederhose hat die Fahrzeugbaustudentin Mingyuan Hu in der kurzen Zeit seit ihrer Ankunft in München schon Kennen gelernt. Denn im Oberstufenkurs, den sie gemeinsam mit dem Germanistik-Studenten Wu Jun und der angehenden Elektrotechnik-Ingenieurin Li Jiang besucht, werden nicht nur Grammatik und Vokabeln gebüffelt.

    Es ist ein Deutschkurs, der vom Inhalt her ein bisschen mehr auf Landeskunde – in dem Fall in der Oberstufe ein bisschen mehr auf Redewendungen, Umgangssprache und auf Diskussionen - geht.

    Doch grau ist alle Theorie – deshalb absolvieren die Teilnehmer überdies ein strammes Sightseeing-Programm mit Museums- und Firmenbesuchen, Alpenexkursion, einer zünftigen Brauerei-Visite und Neuschwanstein natürlich. So lernen die drei nicht nur Land und Leute kennen, sondern können auch ihre Konversationskunst erproben. Allerdings wird die im Direktkontakt mit den Ureinwohnern manchmal auf eine harte Probe gestellt.

    Als wir nach Salzburg fuhren, haben wir im Zug einen alten Mann begegnet, der auch in Bayern lebt. Er redet ganz spezielles Deutsch und 80 Prozent konnte ich nicht verstehen. Wir haben über Salzburg geredet und auch über die Bundesliga.

    Wu Jun hat noch ein bisschen Zeit, um sich an das Bayerische zu gewöhnen. Bevor es Ende August zurück nach China geht, steht noch der Besuch beim Bundeskanzler in Berlin als Highlight im Programm. Die Stipendiaten freuen sich darauf, ihren edlen Spender persönlich Kennen zu lernen.

    Aber ich kann mir die Situation nicht vorstellen - wie lange dauert das Interview, das Begegnen mit dem Bundeskanzler? Wenn es über eine halbe Stunde dauert, da würde ich mit ihm sicher etwas sprechen. Aber soviel ich weiß, ist das Begegnen nur ein Fototermin.

    Auch die Fahrzeugtechnikerin Mingyuan Hu wüsste schon ein Thema, über das sie mit dem Bundeskanzler plaudern würde.

    über die Auto-Industrie in China und Deutschland diskutieren.

    Heimweh nach China plagt die drei Kanzlerstipendiaten in Bayern bislang noch nicht. Etwas vermissen sie allerdings schon:

    Es hat uns auch sehr gewundert, dass das Nachtleben in München ist sehr sehr langweilig - nichts zu tun in der Nacht – aber in Shanghai in China man liebt das Nachtleben.