Archiv


Besuch beim Pfandleiher

Seit der Lehman-Pleite im September 2008 schwindet das Vertrauen in Bankprodukte und den Euro. Gold hingegen ist hoch im Kurs - auch beim Pfandleiher Friedrich Werdier KG in Düsseldorf.

Von Mirko Smiljanic |
    Düsseldorf, Liesegangstraße 18, Leihhaus Werdier. Große rote Lettern signalisieren von Weitem, dass im Erdgeschoss ein Pfandleiher residiert. Drei Schaufenster, ein paar Pflanzen, der Blick von außen ins Innere ist versperrt. Immerhin werden hier Geschäfte von erheblichem Wert abgewickelt. Der Innenraum des Pfandhauses wirkt denn auch wie eine Bank: Kein Prunk, aber doch geschmackvoll eingerichtet, helle, freundliche Farben dominieren, was sicher der Seele mancher Kunden entgegenkommt. Wer hier an einen der separaten Schalter auftaucht, braucht Geld - und zwar möglichst unkompliziert.

    "Wir geben Kredite nur gegen dingliche, gegen Sachsicherheiten, die wir auch selbst als Pfand in Verwahrung nehmen","

    erzählt Joachim Struck, Mitinhaber der Friedrich Werdier KG und Vorsitzender des Zentralverbandes des Deutschen Pfandkreditgewerbes e.V.:

    ""Da unterscheiden wir uns eben von Banken, die lieber ein Recht abgetreten bekommen wollen, wir nehmen das Pfand selbst, wir lagern es."

    Die Friedrich Werdier KG zählt mit Filialen in Hamburg, Bochum, Essen, Düsseldorf und Berlin zu den Großen der Branche. Sie beschäftigt 50 Vollzeitmitarbeiter und einige Auszubildende. 2009 lag der Umsatz bei 30 Millionen Euro. Als Konzerchef sieht sich Joachim Struck aber nicht.

    "Es ist ein reines Familienunternehmen, der Firmengründer ist Friedrich Werdier gewesen, mein Urgroßvater, mein Bruder und ich, die jetzt den Betrieb führen, sind die vierte Generation."

    Das Geschäftsmodell von Pfandleihern ist einfach und folgt klaren Regeln: Der Kunde bringt ein Pfand, dafür bekommt er Geld. Zahlt er die Kreditsumme, die aufgelaufenen Zinsen von einem Prozent pro Monat und die Bearbeitungsgebühr zurück, wird ihm das Pfand wieder ausgehändigt. Wobei sich die Pfänder im Laufe der Jahre dramatisch in Richtung Gold verschoben haben:

    "Die Masse der beliehenen Gegenstände sind bei uns goldene Gegenstände, wo das Material, das Gold, absolut im Vordergrund steht, das macht 80, vielleicht sogar 90 Prozent unserer Geschäftstätigkeit aus, so gering sind eben die Umsätze mit Brillanten und Nobeluhren geworden, dass hier eben das Gold ganz entscheidend ist."

    Der Run ins Gold spiegelt den stetig steigenden Wert des Edelmetalls wider, wobei Joachim Struck aber auch das stetige Auf und Ab des Goldpreises im Blick hat:

    "Anfang der 80er-Jahre hatten wir einen Goldpreis, der höher war, da lagen wir mit dem Goldpreis bei ungefähr 40 DM oder 20 Euro. Im Moment liegen wir bei 30 Euro. Diesen Wert haben wir aber erst im letzten Jahr wieder überschritten, dazwischen waren über 25 Jahre, wo der Goldpreis niedriger war, als Anfang der 80er-Jahre."

    Die Preise beziehen sich auf ein Gramm Gold, die international übliche Einheit "Feinunze" sei bei Pfandleihern unpraktisch und deshalb unüblich, sagt Struck. Internationale Wirtschaftszusammenhänge spielen gleichwohl eine wichtige Rolle in der Branche, vor allem die aktuelle Finanzkrise.

    "Gold wird weltweit in Dollar notiert, das ist maßgeblich. Insofern hat die Relation Euro-Dollar auch noch einen ganz großen Einfluss auf unsere Beleihungshöhe. Durch den schwachen Euro ist das Gold in Euro gerechnet noch stärker gestiegen als im Dollarbereich. Der Euro liegt jetzt bei 1,20 und hat bei 1,50 gelegen, das sind annähernd 20 Prozent oder 18 Prozent, die das Gold in Euro mehr gestiegen ist als in Dollar im Laufe der letzten 12 oder 24 Monate."

    Die meisten "Beleihungen" liegen im Bereich zwischen 100 und 5.000 Euro, durchschnittlich zahlen Pfandleiher 400 bis 500 Euro aus: Minikredite für Menschen in aktueller Finanznot, viele Ausländer zählen zu den Kunden, außerdem Menschen, die den bürokratischen Aufwand für Bankkredite scheuen. Die meisten Gegenstände werden nach einigen Monaten wieder eingelöst, nur etwa sechs Prozent kommen in die Versteigerung versteigert. Daran hat auch die aktuelle Finanzkrise nichts geändert, als deren Gewinner sich die Pfandleiher ohnehin nicht sehen:

    "Wir haben im letzten Jahr eine Steigerung von etwa fünf Prozent gehabt, da können wir sagen, der Goldpreis ist im letzten Jahr 2009 um etwa zehn Prozent gestiegen, mehr war das im Jahre 2009 nicht, und wir haben fünf Prozent mehr ausgeliehen. das heißt, wir haben unseren Kunden, die wir üblicherweise haben, mehr Geld geben können, wir haben durch die Krise, quasi nichts dazu gewonnen."

    Große Probleme, sagt Struck, habe man mit Plagiaten. Von Rolex-Uhren über Dupont-Feuerzeuge bis hin zu Montblanc-Füllhaltern, alles würde gefälscht. Ständig müsse man die Mitarbeiter auf Schulungen schicken, um die Ausfälle möglichst gering zu halten. Pures Gold sei da ausgesprochen hilfreich, seine Echtheit lasse sich leicht prüfen. Wie bei diesem Kunden, der ein paar Münzen mitgebracht hat. 850 Euro bekommt er dafür. Vors Mikrofon möchte er aber nicht, das Schmuddelimage haben die Pfandleiher eben doch noch nicht ganz abgebaut - was Joachim Struck aber relativieren möchte.

    "Wir meinen, wir haben auf diesen Bereich schon vieles getan, dass man uns heute eher als Exot, denn als Schmuddelbetrieb ansieht."