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Betonklötze zum Staunen

Materialforschung. - Der Bürger von Schilda versuchten einst, mit Hilfe von Säcken Licht in ihr fensterloses Rathaus zu tragen und scheiterten bekanntlich. Eine Innovation im Betonbau könnte den Schildbürgern heute aus dem Dilemma helfen: lichtdurchlässiger Beton. Nur eine Handvoll Unternehmen in Deutschland, Österreich und Ungarn stellt überhaupt den ungewöhnlichen Werkstoff Lichtbeton her.

Von Philipp Graf |
    Grau, kalt, und klotzig - so kennt man den Baustoff Beton. Doch der Bauingenieur Marijan Barlé und sein Kollege Andreas Roye wollen dieses Image aufbrechen und einen neuartigen Werkstoff für Designer herstellen. Im letzten Jahr gründeten sie dazu die Firma robatex. Im Werk in Stolberg verwandeln sie massiven Beton zu einem Material, das Licht durchlässt. Der Effekt ist magisch, sagt Marijan Barlé:

    "Lichtbeton ist genau das Gegenteil von normalem Beton, er ist hell, er strahlt , es begeistert die Leute, sobald man sieht, ist es kaum zu glauben, dass durch so einen schweren Betonstein Licht durchdringen kann."

    Der Trick: Statt Stahlstreben arbeiten die Tüftler optische Glasfasern in den Feinbeton ein. Ob meterdick oder nur wenige Zentimeter tief: Sonnenlicht oder künstliches Licht dringt ohne Verluste durch solche Blöcke hindurch. Die Wirkung demonstriert Marijan Barlé in einem kleinen, abgedunkelten Raum:

    "Hier ist mal so eine Lichtbetonwand aufgebaut mit etwas Abstand zur Lichttechnik und man kann genau sehen, wie Schatten sichtbar werden, die sich zwischen Lichtquelle und Betonwand befinden, zum Beispiel wenn ich meine Hand hier hinten dran halte, dann wird diese sichtbar als Schatten auf der Vorderseite."

    Das sieht dann aus wie eine Gardine aus hellgrauen Stein. Ähnlich einer Baumrinde zeichnen sich im Licht die abwechselnden Strukturen aus Fasern und Feinbeton ab. Dieser diffuse Effekt lässt sich mit farbigem Licht noch verstärken. Die haarfeinen Glasfasern machen nur fünf Prozent des Lichtbetons aus. Mit einer speziellen Technik werden sie lose gebündelt und dann zu einem Textil verarbeitet:

    "Wir haben Millionen von Kilometern von solchen Glasfaserkabeln in einem solchen Block drinnen, es ist wirklich unglaublich, was an Material da reingeht, das ist auch der Grund für den hohen Preis von circa 1000 Euro pro Quadratmeter Platte."

    Lichtbeton ist deshalb ein Luxusprodukt für Architekten und Designer. Teuer machte den Baustoff bislang auch die aufwendige manuelle Herstellung. Doch mit der neuen teilautomatischen Maschine lassen sich nun große Blöcke in Serie herstellen, erklärt Barlé in der Werkshalle der Firma robatex:

    "Das ist das Herzstück der Produktion, das ist eine Betonieranlage, auf der einen Seite werden die Fasern vorgelegt, da kommen die Fasern von der Rolle, dann in der Mitte eine Wanne wo der Beton drin ist, dann werden die Fasern mit Beton beschichtet und am Ende eine Förderwalze, da wird das Ganze wieder herausgezogen und hier in der Schalung abgelegt Das muss man sich so ähnlich vorstellen wie in einer Pizzafabrik, da kommt der Teig auf einem Förderband auch auf einer Seite hinein, dann wird die Tomatensauce draufgemacht und am Schluss kommt das ganze in den Ofen. "

    Schicht um Schicht wächst so ein Lichtbetonblock. Nach dem Aushärten kann er dann in besonders dünne Scheiben geschnitten werden. Steinmetze schleifen und polieren die Oberflächen, um den Werkstoff für verschiedenste Anwendungen zu veredeln:

    "Lichtbeton bietet sich für Innenraumdesign an, zum Beispiel, um eine Wandverkleidung zu machen, um in Hotels Lobbys, Bars zu verkleiden oder Tresen, also immer um Akzente zu setzten, das was mit herkömmlicher Lichttechnik jetzt auch schon gemacht wird, jetzt mit einem Werkstoff, nämlich Beton, eine neue Oberfläche zu generieren."

    Auch Duschwände, Waschbecken und sogar Vasen lassen sich aus dem Beton fräsen. Da die Hersteller besonders feine Zemente verwenden, ist der Lichtbeton sehr fest. Deshalb eignet sich das Material auch zum Bauen tragender Außenmauern. Zwar braucht es dazu zusätzlich eine transparente Wärmedämmung- aber durch das hindurch dringende Sonnenlicht kann man mit dem Designer-Werkstoff letztlich auch Energie sparen.