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Betreuung aus dem Internet

Das Unternehmen "BesserBetreut" bringt im Internet hilfesuchende Familien mit qualifizierten Betreuern von der Tagesmutter bis zum Leihopa zusammen. Mehr als 400.000 Familien und etwa 250.000 Betreuer in ganz Deutschland nutzen die Vermittlungsdienste.

Von Klaus Deuse | 29.07.2011
    Dass es nicht einfach ist, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, das muss man insbesondere Frauen nicht großartig erklären. Zu betreuen und versorgen gilt es nicht nur Kinder, sondern auch alte, mitunter kranke Verwandte; außerdem nicht zu vergessen, wenn Frauchen oder Herrchen arbeiten gehen, auch Haustiere. Und jemand muss sich auch um Haus und Garten kümmern, wenn man selbst entweder keine Zeit findet oder dazu nicht in der Lage ist. Die Nachfrage nach qualifizierten Betreuungskräften ist groß, quer durch die Republik.

    Ein Bedarf, den auch Manuel Nothelfer erkannt hat:

    "Der Engpass in diesem Markt sind ganz klar die Betreuungskräfte. Es gibt Unmengen von Familien in Deutschland, wir reden hier von circa 600.000 Geburten im Jahr, die Betreuungskräfte suchen. Als Beispiel: Circa 70 Prozent dieser Familien suchen externe Hilfe bei der Betreuung und sind auch mit ihrer jetzigen nicht unbedingt zufrieden, was Studien belegen."

    Was aus Sicht von Manuel Nothelfer und Steffen Zoller fehlte, das war eine nationale Vermittlungsplattform für Familien, die Betreuer suchen - und umgekehrt. Und zwar auf direktem Weg: im Internet.

    Eine Marktlücke, die der Diplom-Ökonom von der Uni Witten/Herdecke und der Diplom-Kaufmann von der Handelshochschule Leipzig entdeckt und seit 2007 erschlossen haben. "Besser Betreut" haben sie ihr Unternehmen getauft, das am Stammsitz Berlin mittlerweile 75 Mitarbeiter beschäftigt. Steffen Zoller:

    "Wir sind ursprünglich mit dem Bereich Kinderbetreuung gestartet und haben dann entlang eines Zyklus' einer Familie angefangen, unser Dienstleistungssegment zu erweitern. Neben Kinder- haben wir angefangen Seniorenbetreuung anzubieten, Nachhilfe, Tierbetreuung, Haushalt und Garten."

    Rund um Familien gibt es reichlich zu tun. Natürlich habe man das Rad nicht neu erfunden, sondern einfach die Zeichen der Zeit rechtzeitig erkannt. Oder wie es Manuel Nothelfer formuliert:

    "Das Problem war eigentlich immer dahin gehend: Wo finde ich eigentlich die passenden Betreuungskräfte. Auf der anderen Seite gab's dann die Betreuer, die ähnliche Probleme hatten. Wo bekomm ich eigentlich die Familien her, wenn ich nicht gerade die Nachbarhäuser abklingeln möchte, ob nicht jemand Bedarf hat. Und so merkte man sehr zügig, dass die Nachfrage von beiden Seiten, sowohl im Web als auch außerhalb da war. Nur sie wurde nirgendwo gebündelt."

    Inzwischen nutzen über 400.000 Familien die Vermittlungsdienste der BesserBetreut GmbH. Von Aachen bis Zwickau. Auf der anderen Seite finden sich auf dieser Plattform rund 250.000 Betreuerinnen und Betreuer, die eine Beschäftigung suchen. Großen Wert legen die beiden geschäftsführenden Gesellschafter Nothelfer und Zoller dabei auf nachgewiesene Qualifikationen und kooperieren gezielt mit Wohlfahrtsverbänden wie der Arbeiterwohlfahrt, den Maltesern oder Johannitern:

    "Das heißt: Einerseits empfehlen wir Betreuern, die wir schon auf unserer Plattform haben, sich fortzubilden bei eben diesen Wohlfahrtsverbänden. Die bieten Lehrgänge an wie beispielsweise erste Hilfe am Kind, das 'Babysitterdiplom' etc. Auf der anderen Seite sind viele bei diesen Wohlfahrtsverbänden, die auf der Suche sind anschließend nach einer Anstellung oder einer Tätigkeit. Und wiederum werden wir dort empfohlen, dass man über uns einen solchen Job finden könnte."

    Ergänzt werden diese Qualifikationsnachweise durch Referenzen der Familien, bei denen die Betreuer schon gearbeitet haben. Mit anderen Worten: Man kauft keinesfalls die Katze im Sack wie bei einem anonymen Inserat im Anzeigenteil einer Zeitung. Im Bereich Kinderbetreuung etwa vermittelt "BesserBetreut" Babysitter, Kinderfrauen, Erzieherinnen sowie Au-Pair-Kräfte. Aber auch Tagesmütter, wobei Steffen Zoller nicht ohne Stolz feststellt:

    "Dort haben wir mittlerweile das größte Netz in Deutschland aufgebaut an Tagesmüttern. Bei Tagesmüttern ist es ja so, dass die Betreuung nicht im eigenen Haushalt stattfindet, sondern in den Räumlichkeiten der Tagesmutter selbst. Auch das wird abgebildet, und auch dort reden wir von einer längerfristigen Betreuung."

    Im Angebot haben Nothelfer und Zoller aber auch Leihomis- und Leihopis, die aber nicht nur Gute-Nacht-Geschichten vorlesen:

    "Das ist zum Beispiel für Familien, die in eine andere Stadt ziehen und dort nicht das normale familiäre Umfeld haben. Und da gibt es da die Ersatzoma oder Leihoma. Grundsätzlich können es auch Babysitter sein, die zum Beispiel schon 60 sind oder 60 Plus."

    Das Vermittlungsangebot von "BesserBetreut" richtet sich aber nicht nur an Familien. Auch für Firmen, Kommunen, Universitäten oder Versicherungen entwickelt man Lösungen, bis hin zu Betriebskindergärten. Über Firmenlizenzen, die einen Zugriff auch auf eine Datenbank mit über 45.000 Kitas einschließt. Die aufgebaute Datenbank macht es möglich. Ebenso wie für Privathaushalte die soziale Betreuung von Senioren oder auch die Beratung und Vermittlung von Pflege-Dienstleistungen. Auf diesem Sektor reicht das Angebot vom Ambulanten Pflegedienst bis zum Bereich "Mehrgenerationenhaus". Der Lebenszyklus einer Familie erschließt ein breites Geschäftsfeld, zu dem neben der Tierbetreuung auch die Gartenpflege gehört. Steffen Zoller:

    "Ich hab zum Beispiel den Bedarf Rasen zu mähen oder Beete zu pflanzen oder Bäume zu verschneiden. Regelmäßig oder nur einmal im Jahr. Und dann bewerben sich Gärtner oder garten-affine Leute bei Ihnen. Und dann können sie auswählen, welcher bei Ihnen am besten passt."

    "BesserBetreut" versteht sich als Vermittlungsagent zwischen Nachfrage und einem dafür zuvor qualitativ überprüften Angebot. Unter marktwirtschaftlichen Konditionen natürlich nicht zum Nulltarif. So auch im Fall der Kinderbetreuung: "Familien sind bereit, für diesen Mehrwert zu wissen, dass ihre Kinder von ausreichend vertrauensvollen, qualifizierten Personen betreut werden, einen gewissen Geldbetrag zu zahlen. Eben für diese Sicherheit. Das heißt: für die Betreuungskräfte ist die Benutzung dieser Plattform völlig kostenfrei. Die Familien zahlen in dem Augenblick, wo sie sich entscheiden, mit einem Betreuer in Kontakt zu treten, eine gewisse Gebühr, ein Entgelt für diesen Service. Bis dahin ist es eben kostenfrei."

    Und da kommt für die Ideenväter einer nationalen Vermittlungsplattform für familiennahe Betreuungsdienste unter dem Strich inzwischen einiges zusammen:

    "Der Umsatz ist im mittleren siebenstelligen Bereich aktuell."

    Also im Millionenbereich. Tendenz steigend. Junge Unternehmer wie Nothelfer und Zoller, die die Möglichkeiten des Internet und der darin schlummernden Möglichkeiten erkannt haben, blicken in globalisierten Zeiten darum über den nationalen Tellerrand hinaus. Tendea haben sie ihre Marke genannt, mit der sie ihre Dienstleistungen nun auch in über zehn anderen EU- Ländern offerieren. Denn dort haben Familien schließlich ähnliche Betreuungsprobleme wie in Deutschland.
    Steffen Zoller ist Mitbegründer der "BesserBetreut GmbH".
    Steffen Zoller ist Mitbegründer der "BesserBetreut GmbH". (BesserBetreut GmbH)