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Betreuung nach Pflanzenwunsch

Agrartechnik. - Wann genau braucht ein Obstbaum, wenn er dort oder dort steht, wie viel Wasser? Wie reif sind die Früchte des Baumes wirklich? Wann ist der beste Erntezeitpunkt gekommen, oder wann müsste wie viel nachgedüngt werden? Diese und andere Parameter wurden im 3D-Mosaic-Projekt des EU-Forschungsnetzwerkes ICT-Agri untersucht. Im Wesentlichen ging es im Projekt um Innovationen für den Erwerbsobstanbau, also neue Technologien für die optimale Bewässerung und Ernte. Das soll Ressourcen schonen und bessere Managemententscheidungen ermöglichen.

Von Peter Kaiser | 10.10.2013
    "Das sind silberfarbene, auf vier Reifen stehende Plattformen, die werden über Satellit gesteuert. Zumeist sind da ein bis zwei Arme dran, auf denen sich dann die Sensoren befinden, die dann an die Bäume rangefahren werden, über Abstandssensoren automatisch."

    Ortstermin im Leibniz-Institut für Agrartechnik in Potsdam-Bornim, kurz ATB. Die Biologin Manuela Zude zeigt zum ersten Mal 1,20 Meter großen Plattform auf Rädern, die die Apfelbaumreihen im Versuchsgelände langsam entlang fährt.

    "Da sind jede Menge Computer, die sind mehr oder weniger abgedeckt, manchmal auch frei, dass die Drähte raushängen, also das sieht schon recht futuristisch aus."

    Ob es die genau dosierte Wasserzufuhr, die richtige Düngergabe oder der exakte Erntezeitpunkt ist: Hätten Obstbauern einen Wunsch frei, dann wohl jenen, dass die Bäume ihnen mitteilen könnten, was sie gerade brauchen. Dieser Vision ist man im 3D-Mosaic-Projekt, dessen Wissenschaftlerteam aus sieben europäischen Nationen stammte, ein großes Stück näher gekommen. Manuela Zude vom ATB und deutsche Projekt-Koordinatorin erläutert, wie die Bäume zum "Sprechen" gebracht wurden.

    "Wir sind mit verschiedenen Sensoren durch die Anlage gefahren und haben dauerhaft geguckt, wie sich die Bäume entwickeln, und haben mit Laserscannern, mit verschiedenen Kamerasystemen, mit einem akustischen System, mit verschiedenen optischen Systemen geguckt, was sagen uns die Bäume eigentlich."

    Bei den In-situ-Messungen sollten Parameter wie Fruchtstand, Bewässerungssituation und Düngung erfasst werden. Dazu hefteten die Forscher optische Sensoren an die Früchte. Die Sensoren, so groß wie eine Pflaume etwa und im Aussehen einem schwarzen Mini-Kopfhörer ähnlich, messen im nahen Infrarotbereich die Fruchtreife-Entwicklung anhand der Abnahme des Chlorophyllgehaltes. Doch es wird noch mehr erfasst. Manuela Zude:

    "Wir können zum Beispiel die Deckfarbe bestimmen, da sind Qualitätsparameter. Den Wassergehalt der Früchte können wir sehr schön mit optischen Systemen bestimmen."

    Die mit Hyperspektral-, 3D- und Thermographiekameras bestückte Roboter-Plattform bekam die Sensordaten beim Vorbeifahren übertragen und zeichnete sie dann auf.

    "Das heißt, die Bäume liefern ihren physiologischen Zustand direkt auf den PC, und dann kann man das wieder für die ressourcenschonende Bewirtschaftung verwenden."

    Ressourcenschonung war generell eine wichtige Zielvorgabe im Projekt. Dabei sind die zu schonenden Ressourcen global jeweils unterschiedlich. Zude:

    "Je nach dem, an welchen Standort ich mich befinde. wenn ich so was in Israel einsetze, kann ich tatsächlich die Produktion erst ermöglichen, ohne geht es dort gar nicht. Wir hatten einen Versuch in Kalifornien laufen, da sagte der Farmer: 'Farming with Sensors ist so much easier.' Und das ist eben das: Die Pflanzen sagen uns, was sie brauchen. Und dementsprechend können wir dann handeln."

    Für das Ziel der optimalen strategischen Plantagenbewässerung wurden die Bäume außerdem einem begrenzten Trockenstress ausgesetzt.

    "Man muss die Bewässerungsstrategie richtig einsetzen, und das können Strategien sein, dass man nur einen Teil der Wurzel bewässert überhaupt, das ist dann Partial Root Drying, der vordergründige Ansatz ist selbstverständlich, dass wir Ressourcen sparen. Also wenn ich zum Beispiel in Richtung Bewässerung denke: im Moment läuft es so, die gesamte Anlage wird gleichförmig bewässert, für einige Bäume ist das zu viel, für andere Bäume ist das zu wenig. Das heißt, wir vergeuden entweder Wasser oder wir verhindern, dass wir genug Ertrag haben."

    Auch wenn der zukünftige Obstanbau wohl eher nicht vollautomatisch werden wird; der Einsatz von Sensorsystemen wie im 3D-Mosaic-Projekt wird helfen, Ressourcen - besonders Wasser - einzusparen. Bei einem so genannten Foot-Print von, laut BUND, 13 Litern für eine andalusische Tomate zum Beispiel wäre das mögliche Einsparpotential groß. Wie groß genau, können die Forscher aber derzeit noch nicht sagen, ein Folgeprojekt soll diese und andere Fragen klären.