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Betriebskita in Hamburg
Ein klarer Standortvorteil im Wettbewerb

Kinderbetreuungsmöglichkeiten im eigenen Betrieb sind heute vielen jungen Eltern wichtig, aber auch Unternehmensleitungen haben ein Interesse daran, weil es sie im Kampf um Fachkräfte attraktiv macht - den Hamburger Chemiekonzern Helm schon seit 1969.

Von Axel Schröder | 01.05.2015
    Farbige Wände, runde Holztische, Spielzeug in den Regalen. Auf den ersten Blick eine ganz normale Kita. Allerdings untergebracht im riesigen Bürokomplex der Helm AG an einer Hamburg Ausfallstraße. In der betriebseigenen Kita des Chemiekonzerns arbeiten oben die Mütter und Väter, unten spielen die Kinder. Diese Nähe ist ein Gewinn, findet Nina Kunitzsch aus dem Leitungsteam der Kita: "Das Schöne ist, dass die Eltern quasi vor Ort sind. Dass, wenn was mit dem Kind ist oder wir spontan irgendwas von den Eltern wollen, dass wir sie über das Haustelefon oder per E-Mail erreichen können. Das sie entweder direkt nebenan sind oder über uns in dem Gebäude und dass die dann jederzeit hier sein können. Das ist ganz schön."
    Und auch für die Personalreferentin Lucia Wolfrum und ihre Tochter Stella macht das dichte Nebeneinander von Arbeits- und Kita-Platz das Leben leichter: "Es ist für mich ein großer Gewinn. Allein schon weil es für Stella als Kind wichtig zu wissen ist, dass ich ganz in der Nähe bin. Die Mädels kommen mich auch ab und zu besuchen. Und das finde ich auch sehr angenehm, dass da einfach so eine Nähe ist. Auch, wenn irgendwas mit Stella ist – in zwei Minuten bin ich hier im Kindergarten."
    Entstanden ist die Betriebskita schon 1969. Der einstige Chef der Helm AG setzte das Modell durch. Vor allem, um junge Frauen als Ganztagskräfte einstellen zu können.
    Heute ist die Helm AG der letzte Hamburger Großbetrieb mit einer reinen Betriebskita, also nur mit Kindern aus der Belegschaft. Die Nutzung ist kostenfrei, pro Jahr gibt der Konzern dafür rund 370.000 Euro aus, erklärt Thomas Gartz, der Personalchef des Unternehmens: "Also, es ist ein erhebliches Investment, was wir tätigen. Wir kriegen 7, 8 Prozent Zuschüsse von der Stadt Hamburg. Also minimal. Im Wesentlichen ist das unser Investment. Aber ich glaube, es ist ein gutes Investment. Nach wie vor, gestern wie heute."
    Die Identifikation der Beschäftigten mit ihrem Unternehmen werde gestärkt, so Personalchef Thomas Gatz. Und im Wettbewerb um qualifiziertes junges Personal sei die Betriebskita ein klarer Standortvorteil. So hat es Erwina Hadowicz erlebt. Sie stammt aus Bosnien und ist zuständig für Technisches Projektmanagement bei der Helm AG:
    OT Hadowicz (Voice-Over [mache ich, oder…?]): Als ich gehört habe, dass Helm einen Kindergarten hat, war das ein großer Pluspunkt. Wenn man aus einem anderen Land kommt und das wird für einen organisiert, ist das, denke ich, großartig.
    Die Schulkinder der Beschäftigten werden vom Kita-Personal nach Schulschluss abgeholt und im Hort betreut. Und auch um Besuche bei Ergotherapeuten oder Logopäden müssen sich die Eltern nicht kümmern. Der Betreuungsschlüssel in der Betriebs-Kita ist etwas besser als in anderen Hamburger Einrichtungen. Vier Erzieherinnen kümmern sich zurzeit um 20 Kinder. Einziger Makel: untergebracht in einem weitläufigen Bürokomplex an einer sechsspurigen Ausfallstraße gibt es keinen Garten, in dem getobt werden könnte. Dafür müssen sich die Eltern um Streiks des Kita-Personals keine Sorgen machen. Ein beruhigendes Gefühl, erzählt der Kita-Vater und Leiter der Qualitätssicherung bei der Helm AG, Holger Knobelspies: "Das ist natürlich auch nochmal schön. Wenn man das in den Nachrichten hört, denkt man: 'Oh je, die armen Eltern…!' Aber selber hat man die Sicherheit, dass man sein Kind hier eigentlich jeden Tag abgeben kann und es ist gut versorgt und in der Nähe. Das ist ein Vorteil!"
    Und natürlich profitiert auch das Unternehmen davon, so Personalchef Thomas Gartz: "Das ist sensationell! Ich glaube, dass unsere drei, vier Kolleginnen, die das hier für uns betreiben an der Stelle, auch ganz entspannt sind. Weil wir auch hier sehr fair und angemessen die Bezahlung, Vergütung sicherstellen. Und insofern können beide Seiten ganz entspannt auf das gucken, was hier so passiert."