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Betrugsbekämpfung oder Schmusekater

Die Anti-Betrugsbehörde Olaf wurde gegründet, um Korruption und Betrug innerhalb der EU-Institutionen zu erschweren. Zur Zeit diskutieren in Brüssel Parlament, Mitgliedsstaaten und Kommission über eine Reform der 1999 geschaffenen Behörde. Denn einiges ist verbesserungswürdig.

Von Ruth Reichstein |
    Siim Kallas sitzt im 13. Stock der EU-Kommission. Der Kommissar hat den Auftrag; die interne Verwaltung zu verbessern. Dazu gehört auch die Reform der Antibetrugsbehörde Olaf:

    "Es geht darum, Olaf zu einer Vertrauenssäule zu machen. Bis jetzt war die Behörde eher eine Quelle für politische Turbulenzen. Aber das sollte jetzt anders werden. Wir brauchen mehr Vertrauen in die Institutionen. Und ich hoffe, dass diese Idee in der überarbeiteten Verordnung umgesetzt wird."

    Siim Kallas hat sich Transparenz auf die Fahnen geschrieben. Er möchte die Bürger wieder näher an die EU-Institutionen bringen. Und dabei soll auch die Anti-Betrugsbehörde Olaf helfen.

    Zur Zeit diskutieren in Brüssel Parlament, Mitgliedsstaaten und Kommission über eine Reform der 1999 geschaffenen Behörde. Denn einiges ist verbesserungswürdig, sagt der sozialdemokratische Europa-Abgeordnete Herbert Bösch:

    "Man darf Entstehungsgesichte von Olaf nicht vergessen. Das hatte mit internen Fällen zu tun. Wir müssen darauf bestehen als Parlament, dass die internen Fälle weiterhin eine große Relevanz haben. Es muss etwas klar sein: Mit einer 300-Mann-Einheit können wir nicht die ganze EU vor Betrug retten und deshalb müssen wir Schwerpunkte setzen. "

    Bösch befürchtet, dass sich die EU-Kommission künftig weniger mit den eigenen Beamten und Korruptionsvorwürfen beschäftigen will. Schon jetzt kümmert sich Olaf mehr und mehr um Schmuggel an den EU-Grenzen und Betrug bei der Verwendung von europäischen Subventionen in Drittländern.

    Für EU-Kommissar Siim Kallas ist das aber kein Widerspruch:

    ""Beide Säulen sind wichtig. Aber wir müssen auch verstehen, dass – als Olaf gegründet wurde – es andere Mechanismen noch nicht gab. Deshalb musste Olaf am Anfang alles machen. Jetzt haben wir aber andere interne Untersuchungsmöglichkeiten, zum Beispiel Disziplinarverfahren. Wenn Olaf sich jetzt um interne Fälle kümmert, bedeutet das, dass schon etwas Schlimmes passiert ist. Wir versuchen aber, genau das zu verhindern."

    Olaf hat in den vergangenen Jahren viele neue Wege beschritten, um Korruption und Betrug innerhalb der EU-Institutionen zu erschweren. Olaf-Direktor Franz-Herrmann Brüner ist darauf durchaus stolz:

    "Einmal hat man natürlich aus den Problemen, die Ende der 90er Jahre bekannt geworden sind, gelernt. Aber natürlich hat auch die Tatsache eine Rolle gespielt, dass man weiß, die Wahrscheinlichkeit, dass etwas auffällt, ist wesentlich größer geworden, so dass dieses bekannte Phänomen, man kehrt mal alles unter den Tisch und hofft, dass es nicht auffällt, sich nicht als wahr erwiesen hat, weil doch irgendjemand kommt und mit dem Staubsauger unterm Tisch arbeitet."

    Seit der Eurostat-Affaire vor fünf Jahren ist es tatsächlich ruhig geworden um Olaf. Damals entkam die Prodi-Kommission nur knapp dem Rücktritt. Im europäischen Statistik-Amt hatte Olaf schwarze Kassen und zahlreiche Betrugsfälle bei Ausschreibungen entdeckt.
    Aber, so ist die einhellige Meinung in Brüssel, die fehlenden Skandale bedeuten nicht, dass Olaf nicht gut arbeitet. Der CDU-Abgeordnete Markus Ferber, der im EU-Parlament im Haushaltskontroll-Ausschuss sitzt:

    "Olaf ist nicht geschaffen worden, um jeden Tag einen Skandal zu generieren, sondern Olaf ist geschaffen worden, um Verwaltungsabläufe in der Kommission so zu gestalten, dass Betrügereien nicht mehr stattfinden können. Und der Erfolg von Olaf liegt eigentlich darin, dass die Zahl der Skandale oder der Problemfälle zurück gegangen ist, weil Olaf nicht nur ermittelt, sondern auch Arbeitsmethoden entwickelt, um effiziente Kontrollmechanismen aufzubauen. Der Erfolg von Olaf ist also nicht in der Zunahme, sondern in der Abnahme zu messen. Und daran gemessen, hat Olaf eine perfekte Arbeit geleistet, weil eine ganz andere Kultur der Verantwortung eingezogen ist."

    Trotzdem fordern die Abgeordneten einige Verbesserungen: Die Unabhängigkeit Olafs muss weiterhin sichergestellt werden. Der Überwachungsausschuss, der zwischenzeitlich selbst Ermittlungen leitet, soll wieder zu einem reinen Kontrollorgan werden und die internen Fälle sollen eine größere Aufmerksamkeit bekommen. Außerdem soll die Zusammenarbeit mit den nationalen Justizbehörden verbessert werden. Markus Ferber:

    "Das zweite Problem, dass wir mit Olaf haben, ist dies, dass Olaf praktisch interne Ermittlungen soweit abschließt, dass sie dann ein komplettes Dossier an die Staatsanwaltschaft der jeweils betroffenen Länder übergeben kann. Und wir haben natürlich das Problem, dass diese Staatsanwaltschaft viele andere nationale Sachen zu tun haben, so dass diese europäischen Dossiers eher etwas langsam bearbeitet werden."