Freitag, 19. April 2024

Archiv

Betrugsfall beim "Spiegel"
Preisgekrönter Journalist räumt Fälschungen ein

Ein Journalist des Nachrichtenmagazins "Spiegel" ist als Fälscher enttarnt worden. Der mehrfach ausgezeichnete Claas Relotius hat zugegeben, Geschichten massiv manipuliert zu haben - in welchem Ausmaß, ist noch unklar.

Stefan Fries im Gespräch mit Christoph Sterz | 19.12.2018
    Der "Spiegel"-Artikel "Jaegers Grenze" vom November 2018
    Der "Spiegel"-Artikel "Jaegers Grenze" vom November 2018 führte wenige Wochen später zur Entlarvung von Claas Relotius. (Deutschlandfunk/Annika Schneider)
    Er war CNN-"Journalist of the Year", gewann vier Deutsche Reporterpreise, den European Press Prize und zahlreiche weitere Auszeichnungen. Jetzt ist Claas Relotius als Fälscher enttarnt worden. Der Redakteur des "Spiegel" soll in großem Umfang eigene Geschichten manipuliert haben, indem er Protagonisten erfand und Szenen hinzudichtete.
    Den Fall hat der "Spiegel" inzwischen selbst publik gemacht. Demnach ist ein Kollege dem 33-jährigen Relotius auf die Schliche gekommen - bei der Recherche für eine gemeinsame Geschichte über die Grenze zwischen den USA und Mexiko. Inzwischen hat Relotius beim "Spiegel" seine Kündigung eingereicht.
    Auch andere Medien saßen schon Fälschern auf
    Es ist nicht der erste Fall, in dem Journalisten auffliegen, nachdem sie gefälschte Artikel veröffentlicht hatten. Der Schweizer Journalist Tom Kummer prägte den so genannten "Borderline-Journalismus" – ein Euphemismus für frei erfundene journalistische Inhalte. Seine Pseudo-Interviews mit Hollywood-Stars waren unter anderem im Magazin der "Süddeutschen Zeitung" erschienen.
    Der Filmemacher Michael Born verkaufte in den 1990er-Jahren erfolgreich mehrere gefälschte Reportagen an deutsche Fernsehsender, unter anderem über angebliche Machenschaften des Ku-Klux-Klan in der Eifel. Er wurde zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt.
    Prominente Fälle in den USA
    In den USA gelang es dem Journalisten Jayson Blair mehrere Jahre lang, gefälschte Berichte und Interviews zu veröffentlichen – bis Internet-Blogger ihn entlarvten. 2003 mussten deswegen der Chefredakteur der "New York Times" und sein Stellvertreter zurücktreten, die die Artikel veröffentlicht hatten.
    Auch die Zeitung "USA Today" saß einem Fälscher auf. Wie eine Untersuchungskommission herausfand, hatte der Journalist Jack Kelley in dem Blatt zwischen 1993 und 2003 mindestens acht teilweise gefälschte Reportagen veröffentlicht. Vorher war er bereits fünfmal für den Pulitzer-Preis nominiert worden. Unter anderem hatte er das Foto einer Hotelangestellten verwendet, um damit die erfundene Geschichte einer bei einer Flucht ums Leben gekommenen Frau zu bebildern.