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"Between the Sky and My Head"

Sie wird immer die Witwe von John Lennon bleiben, dabei ist sie selber eine bekannte Konzeptkünstlerin. Jetzt hat die Bielefelder Kunsthalle Yoko Ono eine Ausstellung gewidmet. Und da sieht man nun Werke aus 47 Jahren, seit 1961. "Between The Sky And My Head" ist der Titel und Christiane Vielhaber hat die Schau gesehen.

Christiane Vielhaber im Gespräch mit Beatrix Novy | 23.08.2008
    Beatrix Novy: Sie ist die Witwe. Und wie alle Witwen hat es Yoko Ono nicht leicht. Immer wird sie angefeindet und nie kommt es vor, dass ihr Name ohne den ihres Ehemannes erwähnt wird. Dabei war sie die Ältere und die in ihren Ideen längst Verankerte, als John Lennon, Beatles-Musiker, sie kennenlernte. Jetzt hat die Bielefelder Kunsthalle ihr eine Ausstellung gerichtet, die in Europa bisher größte, wie es heißt. Und da sieht man nun Werke aus 47 Jahren, seit 1961. "Between The Sky And My Head" ist der Titel. Und die Frage an Christiane Vielhaber lautet jetzt, lohnen sich diese drei Etagen in der Bielefelder Kunsthalle denn.

    Christiane Vielhaber: Yoko Ono ist ja ganz eindeutig eine Konzeptkünstlerin. Keine, die Bilder, Ölbilder malt oder die großartige Zeichnungen macht, obwohl in dieser Ausstellung ganz schöne Zeichnungen zu sehen sind. Wie gesagt, es sind visualisierte Ideen, die sie schon ganz früh, 1964, in ihrem Vermächtnis, in ihrem künstlerischen Vermächtnis veröffentlich hat, damals namens "Grapefruit". Und da ist ja auch schon so eine Zwitterstellung. Grapefruit ist nicht Orange und ist nicht Zitrone, es ist irgendwas dazwischen. Und ihre Ausbildung war auch so. Sie hat Komposition studiert. Sie hat aber auch kreatives Schreiben studiert. Und das merken Sie an den Stellen, wo es um Bilder geht. Da ersetzt Sprache das eigentliche Bild. Es ist eine Art Mitmachkunst, die wir eigentlich so eher für Kindergarten oder Schulklassen erwarten. Aber sie fordert uns Erwachsene heraus. Wenn Sie zum Beispiel eine Serie von Bildern hat, das sind leere Rahmen beziehungsweise in diesen Rahmen ist von ihrer kleinen zierlichen Handschrift, ist die Anleitung, was wir tun sollen. Nimm einen Nagel und schlag ihn in ein Glas hinein und verschicke die Splitter an deine Freunde. Es gibt dann aber doch, Frau Novy, auch so Räume, wo ich denke, die Spielerei mit Sprache macht da Sinn. Wenn man weiß, dass "Irrgarten" auf Englisch "Maze" heißt und die Arbeit heißt "A Maze" - "Erstaune".

    Novy: Das klingt jetzt alles sehr respektvoll, neutral. Bei Konzeptkunst kommt es ja immer darauf an, wie stark das wirkt, was es für einen Eindruck auf uns macht, ob sich was vermittelt. Den Eindruck machen Sie nicht.

    Vielhaber: Es gab so einen Raum, wo ich gedacht habe, da ist so eine Mischung aus Pathos und dann, die ganze Ausstellung heißt ja "Imagine Peace". Das kann eben Erinnerungsstück sein, das kann aber heißen, stell dir vor, es sei Friede. Und Friede spielt ja eine große Rolle in ihrer gesamten Arbeit. Es gibt einen Raum, da hängen Wehrmachtsstahlhelme von der Decke wie so kleine Körbe und in diesen Stahlhelmen sind Puzzle-Teile, hellblaue und weiße Puzzleteile. Und sie will damit andeuten, dass wir natürlich alle unter demselben Himmel leben und dass die deutschen Soldaten nicht nur Aggressoren waren, sondern auch Opfer. Und das traut sich ja wirklich keiner laut zu sagen. Ich habe dann reingegriffen und habe ich wirklich zwei Puzzleteile gefunden, die zueinander passen. Wie gesagt, es ist hart am Pathos, es ist hart am Kitsch, dass man sagt, wir gehören praktisch alle zu einer Welt. Im Grunde genommen, was uns ausmacht, ist alles dasselbe, nur was wir draus machen, ist dann unsere Sache.

    Novy: Und Ihrem Thema Friede, und gegen Gewalt zu sein, ist sie ja immer treu geblieben, von der Wirkungslosigkeit unbeeindruckt, die das ja haben muss, wenn man so was in der Kunst zum Thema macht.

    Vielhaber: Ja, ich denke, das ist das wirklich Positive. Sie haben recht mit ihrer Einschätzung, der Funke will nicht so richtig rüberspringen. Es bleibt dann doch eine Konzeptkunst, die sehr in so einem Korsett der 60er-, 70er-Jahre gefangen ist und wie sich das jetzt vermittelt. Sie können zum Beispiel für fünf Euro mit einem 32 Jahre alten Leichenwagen durch die Stadt fahren mit einem Chauffeur. Ihr Gedanke dabei ist, dass wir uns vorstellen sollen, das ist wieder diese Vorstellkunst, Mitmachkunst, wie geht es einem zum Tode Verurteilten bei seiner Henkersmahlzeit. Ich glaube, dass meine Lust, mit diesem Leichenwagen durch die Stadt zu fahren, nicht besonders groß ist. Auf der anderen Seite ist meine Lust groß, irgendeinen Wunsch an diese beiden Wunschbäume zu hängen, die Sie vor der Kunsthalle in so Kübeln installiert hat. Da gibt es dann so kleine Anhängerchen und da kann man was drauf schreiben, insofern, dass uns Menschen etwas eint, was wir als Wünsche haben, ist dann wieder kindlich aber auch ganz schön als Mitmachidee.

    Novy: Christiane Vielhaber über die Ausstellung "Between The Sky And My Head". Die Konzeptkunstpionierin Yoko Ono wird in der Kunsthalle Bielefeld vorgestellt.