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Bewegen statt ballern am PC

Fast jeder fünfte Jugendliche in Deutschland sitzt täglich mindestens sechs Stunden vor dem Computer oder dem Fernseher, zeigt eine Studie der Krankenkasse DAK. Dieser Bewegungsmangel schlägt sich früher oder später in Krankheiten nieder. Bewegung tut also not, rät die Deutsche Sporthochschule - und will auch die Eltern in der Pflicht sehen.

Von Renate Rutta | 06.03.2012
    "Also, es kann bis zu 10 Stunden sein, Videos schauen, chatten."

    "Facebook den ganzen Tag. Eine Stunde eingeloggt sein und den Rest des Tages Computer anlassen."

    "Ein bis drei Stunden, da bin ich bei Facebook oder bei MSN oder ich spiele ab und zu was, Egoshooter, ja, zum Abreagieren ist das manchmal gut."

    Das sagen Kölner Gymnasiasten über ihren täglichen Medienkonsum. Offenbar gehört das für sie zum modernen Lebensstil. Sie machen Sport am Computer: E-Sport.

    "E-Sport, da sitzt man, guckt man auf einen Bildschirm und das, was bewegt wird, ist die Maus und natürlich die Augenbewegung. Das ist natürlich kein Sport. Das ist definitiv nicht das, was wir mit Sport meinen und verbinden."

    So Prof. Christine Graf. Sie leitet an der Deutschen Sporthochschule in Köln die Abteilung für Bewegung und Gesundheitsförderung. Doch eigentlich haben Kinder ein natürliches Bedürfnis nach Bewegung, Laufen, Toben. Was ist da passiert?

    "Man bewegt sich nicht mehr so selbstverständlich draußen. Die Kommunikationswege der Kinder und Jugendlichen sind anders geworden und das belastet die Kinder in vielerlei Hinsicht."

    Wenig Bewegung im Alltag, zu viel Süßigkeiten und kalorienreiche Mahlzeiten führen dazu, dass inzwischen 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen zwischen drei und 17 Jahren übergewichtig sind. Dr. Karla Graf von der Universität Konstanz:

    "Insgesamt kann man sagen, dass die Inaktivität nicht nur bei Erwachsenen vorherrscht, sondern auch bei Kindern und Jugendlichen und somit auch Beschwerden, die diese Inaktivität mit sich bringt; wie zum Beispiel erhöhte Blutfettwerte oder Kreislaufbeschwerden, Adipositas, Übergewicht, sind auch schon bei Kindern und Jugendlichen zu finden.
    Durch die Inaktivität wird das vorverlagert, also nicht nur Erwachsene haben diese Beschwerden, sondern bereits Kinder und Jugendliche."

    Viele Kinder werden heute mit dem Auto überall hingefahren, sie gehen kaum noch zu Fuß, fahren selten mit dem Rad zur Schule. Experten stellen fest, dass ihre motorischen Fähigkeiten heute schlechter sind als die von Kindern früher. Auch deshalb verletzen sie sich leicht oder stürzen eher. Prof. Christine Graf von der Deutschen Sporthochschule:

    "Wenn weniger Muskulatur da ist, haben wir weniger Stoffwechselorgan, das bedingt dann die Entstehung eines Alterszuckers. Dass dann auch die Koordination schlechter wird, ist klar, weil wenn keine Muskeln da sind oder keine Bewegungsabläufe geübt werden, heißt das eventuell im hohen Alter, man stürzt und hat einen Oberschenkelhalsbruch."

    Auch das zeigt den Stellenwert von körperlicher Aktivität – lebenslang.
    Anfangen im Sinne von Prävention, also Vorbeugen, Verhindern und möglichst gute Lebenschancen für die Kinder schaffen – sollte man schon früh.

    "Man erreicht es am besten durch einen frühen Beginn. Wenn für Schwangere schon wichtig ist, sich zu bewegen. Das kriegt das Kind mit. Das Kind wird dadurch auch mit angeregt, es wird dadurch mitgeprägt, wie wir heute auch wissen, auch in den Gehirnregulierungen wird es entsprechend geprägt durch Ernährung aber auch durch körperliche Aktivität. Eigentlich ist es der Lebensstil über kurz oder lang, der Kinder davon abbringt, Spaß zu haben. Wenn sie lernen, es ist angenehm vor dem Fernseher zu sitzen und das ist meine Entspannungsform und nicht, ich lerne mich zu entspannen, indem ich im Garten rumhüpfe, deswegen muss man früh einsteigen. Und wenn man im Jugendalter anfängt, dann muss man ihnen das wieder beibringen und das ist sehr viel schwerer, weil man dann ganz andere Muster erlernt hat."

    Also: Eltern sollten auch Grenzen setzen bei der Zeit, die Computer und Fernseher im Leben der Kinder einnehmen.

    "Da gibt's ein Wort, das ganz schlagkräftig ist, das ist Medienkompetenz."