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Bewerbungsflut für Jobs in Krisengebieten

Ob Jurist, Ingenieur oder BWLer, für die Entwicklungshilfe und Friedensarbeit werden Absolventen aus den unterschiedlichsten Fachrichtungen gesucht. Jobs bei den UN und anderen internationalen Organisationen sind heiß begehrt, und das trotz der zunehmenden Gefahr.

Von Michael Mühlberger |
    "Wenn ich irgendwo in eine Schießerei gerate und ich nicht weiß, woher die Schüsse kommen, dann verhalte ich mich so, als ob ich beschossen werde, ich geh erst mal in Deckung, denn ich weiß nicht: Gilt es jetzt mir oder nicht.."

    Beim UN-Ausbildungszentrum der Bundeswehr in Hammelburg werden angehende Entwicklungshelfer erstmals so richtig auf die Berufsrisiken aufmerksam gemacht. Ohne Sicherheitstraining darf niemand in die Mission. Eine Studentin aus Berlin will sich von den Gefahren nicht abschrecken lassen. Die Wirtschaftswissenschaftlerin träumt von einer Karriere bei den UN.

    "Ich gehe gerne in solche Krisengebiete, oder gerne ist jetzt vielleicht das falsche Wort. Aber das bringt der Job mit sich, das ist eine Herausforderung, das macht dann Spaß. Wenn man nach 17 Uhr nicht mehr alleine vor die Tür gehen kann oder man muss immer in Kolonne zum Arbeitsplatz fahren, ja dann ist das sicherlich eine Lebenseinschränkung auf der andern Hand muss man sagen, da kann man aktiv noch am meisten bewegen."

    Demokratie, Gleichberechtigung, fairer Handel das sind ihre Lieblingsthemen. Die größte Hürde für die 26-jährige ist aber der Einstieg. Nach 20 Bewerbungen ohne eine Antwort sucht sie Tipps bei einer Jobmesse im Auswärtigen Amt.

    Michael Emery, Chef der Personal Abteilung bei dem United Nations Development Programme, verrät, wie man seine Chancen erhöht.

    Sein Rat an junge Deutsche, die meinen, dass sie nicht genug Berufserfahrung haben, ist: "Holt sie euch irgendwie. Es ist egal, woher man sie bekommt, durch Forschung, durch ehrenamtliche Arbeit, bei Nichtregierungsorganisationen, man braucht einen gewissen Erfahrungsschatz, um mit den vielen internationalen Bewerbern mithalten zu können."

    Insbesondere empfiehlt er deutschen Bewerbern im Lebenslauf nicht nur ihre bisherigen Stellen und Praktika aufzuzählen, sondern gleich auf der ersten Seite ihre Kernkompetenzen hervorzuheben. Der Lebenslauf muss deutlich machen, was man im jeweiligen Job oder Praktikum erreicht hat, das nennt Emery ein success-orientated CV, alles andere wandert bei ihm direkt in den Papierkorb.

    Interkulturelle Kompetenz und Sprachkenntnisse sind mindestens so wichtig wie fachliche Kompetenz. Das rät auch Almunt Wieland-Karimi, Direktorin des Zentrums für Internationale Friedenseinsätze. Flexibilität und Ausdauer gehören ebenfalls zum Profil. Nur wer sich auch an kleinen Fortschritten erfreuen kann, lässt sich nicht zermürben.

    "Also die Schule, die eröffnet werden kann, die Kinder, die vielleicht neues Lernmaterial bekommen, die Stammesführer, die miteinander verhandelt haben, obwohl sie jahrelang verfeindet waren. Das heißt: Die Erfolgserlebnisse gibt es durchaus, aber sicherlich muss man eine hohe Toleranzschwelle mitbringen."

    Das ZIF hat einen Expertenpool von über 1000 Fachkräften für Friedens- und Wahlbeobachtungsmissionen. Juristen etwa, die bereit sind nach Afghanistan zu gehen, haben derzeit die besten Chancen. Michael Emerys Rat an alle, die noch in diesem Jahr bei den UN landen wollen, ist einfach. Follow the money.

    ""Damit meint er nicht große Gehälter, sondern man soll den Entwicklungshilfe-Geldern folgen. Dort, wo große Gelder hinfließen, da entstehen auch Jobs. Das ist zurzeit in Somalia, dem Irak, Afghanistan, Kongo und Ost-Timur der Fall. In ein paar Monaten werden auch in Haiti viele neue Stellen entstehen, wenn der Wiederaufbau beginnt.”"

    Die Berliner Studentin wird so schnell nicht ihre Koffer packen. Sie folgt dem Rat, erst ein paar Jahre Berufserfahrung zu sammeln in der freien Wirtschaft, bevor sie es noch mal versucht.

    Die Vereinten Nationen