Es ist schon dunkel, als unsere drei Geländewagen nach einer holprigen Strecke in das Dorf Rhumsiki einfahren. Über Felsgestein geht es rumpelnd bergan. Längs der Straße die Umrisse flacher Häuser, vor denen junge Männer in Gruppen beieinander stehen und palavern. Hier und da flackern Lichter auf, ein Feuer brennt irgendwo. Wir sind im tiefsten Afrika angekommen. Ein kurzer Halt, um Wasser zu kaufen. Doch der Laden ist verschlossen. Hinter der dunklen Straße ein Tor, die Einfahrt ins Gelände des Campements - eine einfache Herberge, in der wir übernachten werden.
Früh am nächsten Morgen beginnt das Abenteuer: ein dreitägiges Trekking durch die Mandaraberge. Das große Gepäck bleibt in der Herberge. Zelte, Vorräte, Küchenutensilien, Wasser werden Esel und Träger transportieren. Das Dorf Rhumsiki liegt über 1000 Meter hoch, umgeben von bizarr aufragenden Felsnadeln aus erkalteter Lava.
Es ist noch kühl, als wir ins Tal hinuntersteigen. Halbwüchsige Jungen laufen hinter uns her, streiten darum, unsere Tagesrucksäcke tragen zu dürfen. Wir sind sechs Deutsche und drei Schweizer, unterwegs mit dem Afrikakenner Klaus Fenger und Tour-Guide Dabala Dji. An der Spitze geht der lokale Führer Charles. Er kommt aus Rhumsiki und hat sich für die Tour fein gemacht: Hose, Jacke und Schirmmütze ganz in Weiß. Vor einem Vulkanschlot, über dem Geier kreisen, bleibt er stehen.
"Wir sind hier nur fünf Kilometer von der Grenze nach Nigeria entfernt."
Als die Araber kamen, um unsere Vorfahren in den Mandara-Bergen zu islamisieren, kamen sie von dieser Seite aus Nigeria. Doch mit ihren Pferden schafften sie es nicht, die Berge zu erklimmen und gegen die Animisten dieser Region zu kämpfen. So sind die meisten Bewohner der zwölf Dörfer dieser Gegend Animisten geblieben.
Es ist die Heimat der Kapsiki, Anhänger eines traditionellen Geisterglaubens und Ahnenkults, die einst in den Felsen Schutz vor den kriegerischen Reiterscharen der Fulbe-Nomaden suchten. Ihre Lehmhütten schmiegen sich fast unsichtbar an karge Berghänge, wo die Kapsiki in Terrassen Hirse anbauen. Wir passieren das Gehöft eines Holzschnitzers. Figuren, Fetische und gebogene Holzinstrumente stellt er her. Danach geht es steil bergauf. Es ist sengend heiß geworden. Oben, im Schatten vereinzelter Bäume, rasten wir. Und wie ist die Aussicht?
"Grandios. Diese großen Felsentürme, diese Schlote, die sich nach obenhin entweder abgestumpft haben oder so richtig aufgereiht Spitzen präsentieren. Und die bieten sich ja auch an hier in diesem Rund: eins, zwei, drei, vier, fünf, dass man da so Kultplätze anlegt, aber keine Siedlungen. Die liegen weit ab. Und hier kommen die nur hin, um vielleicht kleine Felder zu bestellen."
" Mich erinnert es ein bisschen ans Tassili. Ah, mir gefällt es. Ich bin glücklich."
Und Charles spaziert im trockenen Gras umher und singt. Es ist ein Hochzeitslied auf Kapsi für die Auserwählte.
"Wenn in unserem Dorf ein junger Mann 20 Jahre alt ist und heiraten möchte, muss sein Vater dem Vater des Mädchens einen großen Krug Hirsebier bringen. Alle Familienmitglieder werden zusammengerufen und müssen davon trinken. Ist der Vater des Mädchens nicht einverstanden, verweigert er das Bier. Sind die Eltern des Mädchens einverstanden, muss der Vater des Jungen eine Kuh oder zehn Schafe oder Ziegen dem Vater des Mädchens geben. Mein Vater gab zehn Ziegen und fünf Schafe."
Charles sieht aus wie Mitte zwanzig, ist aber schon 37 und hat fünf Kinder. Er sei Bauer, sagt er. Sein Englisch ist ungewöhnlich. Im Norden Kameruns spricht man Französisch, die Bauern meist nur die lokale Sprache ihrer Ethnie. Wir kommen an Feldern mit roter und weißer Hirse vorbei, das Grundnahrungsmittel; an Erdnussfeldern, Maisfeldern, Süßkartoffeln, Guinea-Rosen. Auf allen Feldern arbeiten nur Frauen, ihre Kleinkinder um sie herum, oft ein Baby auf dem Rücken. Manchmal sieht man einen Mann am Rande des Feldes unter einem Baum dösen. Frauen kochen. Frauen holen Wasser. Frauen zerstampfen Hirse und Bohnen. Vor einem Gehöft aus mehreren Lehmhütten schlagen vier Frauen in bunten Kleidern gemeinsam die Körner von Maiskolben aus. Die Kapsiki leben in Polygamie.
Im Dorf Rufta begrüßt uns der Clanchef eines großen traditionellen Gehöfts. Sein Name ist Dellevoi. Er sitzt unter einem knorrigen Baobab, einem Affenbrotbaum, in dem Kuhreiher nisten. Der Chief trägt einen fleckigen ärmellosen Kittel und ein rot gemustertes Käppi. Wenn er lacht, sieht man über dem grauen Kinnbart seine stumpfen abgekauten Zähne. Tour-Guide Dabala übersetzt die Fragen. Wie alt ist er?
"Und wie viele Familienmitglieder leben hier?"
Ungefähr 20 Leute leben im Haus. Der Clanchef hat fünf Frauen, eine ist im letzten Jahr gestorben.
Über die Zahl der Kinder des Chiefs wird länger diskutiert. Man kommt auf etwa 16 Kinder. Schließlich bedankt sich der Clanchef, und wir dürfen uns auf dem Gehöft umschauen. Es ist von einer hohen Mauer umgeben. 23 runde Lehmhütten mit spitzen Strohdächern zählen wir. Es gibt eine Hütte für den Clanchef, eine Hütte für die ganze Familie, Hütten für die Frauen, in der Mitte mehrere Lehmspeicher, die mit einem korbähnlichen Deckel verschlossen werden. Einer der Bewohner demonstriert, wie man von oben in die schmale runde Öffnung des Speichers hinabsteigt. Auch auf dem Dach einer offenen Versammlungshalle lagern Vorräte. Im Gehöft ist keine Frau zu sehen, sie arbeiten auf den Feldern.
Mittagspicknick in den mit Strohmatten abgedeckten Marktständen des Dorfes Gova. Einmal in der Woche ist Markttag, und den haben wir erwischt. Unser Koch Bernard hat ein schattiges Plätzchen frei gehalten und serviert uns seinen Salat inmitten des Trubels, während die vier Esel hinter den Ständen friedlich grasen. Jacques, der Gehilfe des Kochs, kommt mit einer Kalebassenschale Hirsebier, damit wir das traditionelle Getränk probieren. Es schmeckt erfrischend säuerlich.
Eine Schale Bier kostet 100 CFA-Francs - umgerechnet 15 Cent. Die Bierverkäuferin - ein Kind auf dem Rücken, zwei Kinder am Rockzipfel - schöpft es aus einem großen Plastikeimer. Hinter ihr wird in der sengenden Sonne Fleisch gebraten. Jacques führt mich herum.
"Das ist ein traditionelles Restaurant unter freiem Himmel. Die Leute bieten Fleisch an, Ziegenfleisch. Der Mindestpreis ist 200 Francs - etwa 30 Cent."
Ein Treffpunkt vor allem ist dieser Marktstand. Es wird gegessen, getrunken, geschwatzt, gehandelt. Auch der Dorfchef von Gova ist da. Sein Name ist Biba Karé. Jacques übersetzt.
"Ich bin 70 Jahre alt und habe fünf Söhne und sechs Töchter. Fünf Töchter sind im Dorf verheiratet, eine Tochter ist noch im Haus. Vier Frauen habe ich. Alle meine Frauen arbeiten auf dem Feld."
"Hat er auch eine Arbeit? - Ja, ich bin Händler, ich verkaufe Zwiebeln in der Stadt Garoua."
Natürlich will er ein "Cadeau"- zwei Kugelschreiber für seine Söhne. In der brütenden Nachmittagshitze geht es weiter. Einen steilen, gerölligen Pfad hinauf und auf rutschigem, trockenen Gras wieder hinunter. Dann an einem Bach entlang. Jacques trägt jetzt meinen Rucksack. Ich frage ihn, wie viele Geschwister er hat. Siebzehn, antwortet er. Auch sein Vater, ein Bauer, hat vier Frauen. Jacques, 27, ist der drittälteste Sohn. Er hat seinen Bachelor in Tiermedizin gemacht, aber keine Arbeit gefunden. Nun jobbt er für die Touristik-Agentur von Dabala. Unterwegs versucht Jacques, englische Wörter zu lernen und schleppt ein enorm dickes Lexikon mit sich herum. Ist er verheiratet? Noch nicht, sagt er, aber seine Freundin und er haben schon ein Baby.
Plötzlich stockt die Gruppe vor uns. Einer der Träger hat auf dem Pfad die gefährlichste Giftschlange Afrikas entdeckt, eine Schwarze Mamba. Er hat sie mit dem Stock erschlagen. Beklommen betrachten wir das tote Schuppentier. Seine Haut ist gar nicht schwarz, sondern grau.
Die Sonne steht schon tief, als wir die Katholische Mission Saint Paul de Hila am Rande eines Dorfes erreichen. Auf dem kleinen Vorplatz werden dicht beieinander unsere Zelte aufgeschlagen. Jeder erhält eine Schale Wasser. Während der Abendtoilette strömt das halbe Dorf zusammen und schaut den Fremden beim Waschen, Zähneputzen und Umkleiden zu, als wär's eine spannende Filmvorführung.
Kurz nach sechs bricht abrupt die Dunkelheit herein. Mit unseren Stirnlampen sitzen wir am Klapptisch, löffeln Bernards Suppe und danach Spaghetti mit einer leckeren Fleisch-Gemüse-Soße. Dabala hat zwei Nachtwächter engagiert: Der eine im löchrigen Sweatshirt hat seine gestreifte Pudelmütze tief ins Gesicht gezogen; der andere ist in einen Kapuzenumhang gehüllt. Nachts wird im Chor geschnarcht.
Es ist fünf Uhr und noch dunkel. Beim Frühstück kurz nach Sonnenaufgang kommen wieder Scharen von Kindern und Jugendlichen herbeigelaufen.
" Wenn wir fertig sind, marschieren wir auch los."
Am dritten Trekkingtag gegen Mittag erreichen wir das Gehöft des Gelbgießers von Amsa. Sein Name ist Sini Koda.
"Meine Familie kam vor 100 Jahren aus Nigeria nach Amsa in Kamerun. Wir arbeiten anders als Gelbgießer sonst in Afrika. Bei uns dürfen auch Frauen dieses Handwerk ausüben. Ich habe zwei Frauen und acht Kinder. Ich bin 55 Jahre alt, meine Frauen sind 40 und 35 und gerade mit der Ernte beschäftigt."
Der Gelbgießer trägt ein elfenbeinfarbenes Gewand, bestickt mit gelben Streifen und Symbolen, und eine beige-braune Zipfelmütze. In einer langen komplizierten Prozedur, der sogenannten "verlorenen Form", fertigt er eine Glocke aus Bronze. Er hockt am Boden, ummantelt ein Modell aus Bienenwachs mit einer Lehmschicht und erhitzt die Form überm offenen Feuer.
"Das Bienenwachs wird ausgeschmolzen. Anschließend wird flüssiges Metall in die Form gegossen."
Ein paar Gehminuten vom Hof entfernt hat der Gelbgießer seinen Schmelzofen gebaut, ebenerdig, aus Steinbrocken und Lehm.
Glühende Holzkohle und Stroh schüttet er in den Ofen, und mit zwei Blasebälgen aus Ziegenleder, die er mit den Füßen bedient, entfacht er die Glut. Es klingt wie das rhythmische Schlagen einer Trommel. Und tatsächlich fängt Jacques zu singen an, immer lauter, und dann tanzt er auch. So sei es im Dorf Tradition, sagt er.
Bei unserm letzten Trekking-Picknick unter einem Tamarindenbaum rennen von irgendwoher über 50 Kinder herbei, viele in zu großen Altkleider-Sweatshirts aus Europa. Hungrig machen sie sich über unsere Essensreste her. Dabala zelebriert eine Schulstunde. Wie heißt der Präsident von Kamerun? -Paul Biya. - Wie heißt unser größter Fußballspieler? - Sami Eto'o Fils. - Wer kennt unsere Nationalhymne? Und die Kinder schmettern los.
Dabala will den Kindern vermitteln, wie wichtig es sei zu lernen. Auch er ist Kapsiki, in den Mandarabergen geboren und aufgewachsen mit neun Geschwistern. Als Kind hatte er das Glück, von einer Schweizerin gefördert zu werden, die für ihn jahrelang Schulgeld bezahlte. Er verbrachte einige Jahre in Europa, baute eine Touristikagentur auf und hat den Ehrgeiz, eines Tages in Kameruns Parlament gewählt zu werden.
Inzwischen sind unsere drei Geländewagen eingetroffen, startbereit für die Fahrt durchs Gebirge zu entlegenen Dörfern, auf extrem schlechten Pisten.
Auf einer steinigen, steilen Strecke entlang der nigerianischen Grenze, gesäumt von der Kette der Mandaraberge, passieren wir kleine Baumwollfelder vor Lehmhüttendörfern und machen Halt auf dem Markt von Tourou.
Hier tragen viele Frauen rotbraun bemalte Kalebassen wie Sturzhelme auf dem Kopf. An den geometrischen Mustern ist der Familienstand zu erkennen. Manche schmücken sich auch mit Metallstäbchen in der Nase oder Unterlippe. Sie gehören dem Volk der Goudour an, beheimatet diesseits und jenseits der Grenze zu Nigeria. Die Anwohner kreuzen die Grenze frei zu Fuß, Autopisten hinüber gibt es nicht, offenbar auch kaum Grenzposten. Auf diesem außergewöhnlichen Markt, wo Hirsebier, traditionelle Medizin, Feldfrüchte, kleine Salzpyramiden und auf offenem Feuer frittierte Köstlichkeiten angeboten werden, gilt als einzige Währung der nigerianische Naira.
Die Route über den 1100 Meter hohen Col de Koza bringt uns in das Land der Mafa in einer atemberaubenden Gebirgslandschaft. Ihre Rundhüttendörfer mit spitzen Dächern kleben an den steilen Flanken der Hänge wie steinzeitliche Festungen. Mafa Matakam, die "Unbekleideten", werden ihre Bewohner auch genannt. Die meisten sind Animisten. Wir erhalten die Erlaubnis, uns in einem dieser Gehöfte umzuschauen.
"Hier ist die Küche, in der sie auch ihr Hirsebier zubereiten. Und dort ist die Hütte des Ehemanns. Das Besondere ist, dass die Tiere hier drinnen mit den Menschen zusammenleben. Auch der Speicher ist im Haus. Und die Leute schlafen dort in der Hütte, ebenso die Tiere."
Dabala und seine Frau sind Christen. Was Dabala aber keineswegs davon abhält, weiterhin animistische Riten zu praktizieren. Sollte er für das Parlament kandidieren, erzählt er mir, brauche er ein Gris-Gris, das ihn unverletzlich macht. Die Zeremonie beginne am Tag und dauere die ganze Nacht bis zum nächsten Morgen. Der Féticheur mixt das Gris-Gris aus allen möglichen Stoffen zusammen. In der Nacht wird es ins Feuer geworfen, das von zwei Wächtern bewacht wird, jeder an einer Seite, damit das Feuer nicht ausgeht. Wenn von der Mixtur etwas übrig bleibt, ist es ein schlechtes Zeichen.
Dabala überlegt, sich dieser Zeremonie zu unterziehen. Aber dann könne er keine Kinder mehr kriegen, sagt er. Auch der Féticheur kann keine Kinder kriegen. Er will das mit seiner Frau besprechen.
Kurz vor dem Städtchen Mora in der Ebene windet sich in steilen Serpentinen eine Piste in die Mandaraberge hinauf. Abgeschottet von der Außenwelt lebt hier das Volk der Podoko, das einst vor den Fulbe-Reitern ins Gebirge floh. Wie bei den Mafa schmiegen sich ihre Lehmhütten mit noch spitzeren Strohdächern an die Hänge, wo auf handtuchschmalen Terrassen Hirse angebaut wird. Auf einem Berg in 800 Meter Höhe thront das Dorf Oudjilla, der Sitz des Oberhauptes der Podoko.
Häuptling Mazougou empfängt uns mit seinen Notabeln auf einem ummauerten Platz mitten im Dorf. Er ist in ein weites prächtiges Gewand aus goldenem Brokat gehüllt, und eine Mütze mit hellblauen Streifen schmückt den kahlen Schädel des betagten, wohlgenährten Herrschers. Seine Füße sind nackt. Er spricht zu uns in Podoko, einer der Ratgeber übersetzt für Dabala.
"Er ist der einzige animistische Häuptling in ganz Kamerun. Sein Volk zählt 18.000 Menschen, und er entscheidet über sie, was er will. Er hat 50 Frauen und 112 Kinder."
Durch einen schmalen Gang betreten wir den von hundertjährigen Lehmmauern umschlossenen Palast - ein riesiges, sehr eng und verwinkelt bebautes Gehöft mit unzähligen Rundhütten.
"Also hier wird - mit andern Worten - Rat gehalten und zu Gericht gesessen."
In eng beieinander stehenden Hütten leben sechs bis acht Ehefrauen des Häuptlings. Jede hat vier Hütten: eine zum Kochen, eine zum Schlafen und zwei Speicher. Die anderen Frauen des Chiefs wohnen außerhalb des Palastes. Auf abgewetzten Stufen geht es hinunter in einen dunklen engen Gang.
" Hier in diesem Bereich ist der heilige Ochse eingesperrt, der im April zum höchsten Feiertag der Pódoko geschlachtet wird."
Aus einer finsteren Koje streckt der Ochse seinen weißen Kopf heraus, als ihm Dabala ein bisschen Heu vors Maul hält.
"Es sind zwei Ochsen, die immer hier drinnen bleiben, weil sie heilig sind. Nach zwei Jahren wird ein Ochse geschlachtet. Dann müssen 18.000 Leute von seinem Fleisch essen."
"Bleibt da immer in der Dunkelheit. Wie grausam!"
Durch den verschachtelten Palast führen Treppen zu einem höher gelegenen stockdunklen Raum, in dem der Vater des Häuptlings begraben wurde. So sieht es der Ahnenkult vor. Nebenan der Gebetsraum und eine Ecke mit fünfzehn verschieden großen Terrakottakrügen, die die verstorbenen Chiefs der Podoko symbolisieren. Beim Aprilfest sind sie mit Hirsebier gefüllt, und die Dorfbewohner werden eingeladen, daraus zu trinken.
Dann geleitet uns der Ratgeber des Häuptlings aus dem Labyrinth des Palastes hinaus und verabschiedet sich höflich. Wir steigen in die Geländewagen und rumpeln im Schritttempo auf den Haarnadelkurven wieder hinunter, vorbei an hohen spitzen Strohdächern, die dunkel gegen den Himmel stehen wie die Hüte von Zauberern in einer archaischen Welt.
Früh am nächsten Morgen beginnt das Abenteuer: ein dreitägiges Trekking durch die Mandaraberge. Das große Gepäck bleibt in der Herberge. Zelte, Vorräte, Küchenutensilien, Wasser werden Esel und Träger transportieren. Das Dorf Rhumsiki liegt über 1000 Meter hoch, umgeben von bizarr aufragenden Felsnadeln aus erkalteter Lava.
Es ist noch kühl, als wir ins Tal hinuntersteigen. Halbwüchsige Jungen laufen hinter uns her, streiten darum, unsere Tagesrucksäcke tragen zu dürfen. Wir sind sechs Deutsche und drei Schweizer, unterwegs mit dem Afrikakenner Klaus Fenger und Tour-Guide Dabala Dji. An der Spitze geht der lokale Führer Charles. Er kommt aus Rhumsiki und hat sich für die Tour fein gemacht: Hose, Jacke und Schirmmütze ganz in Weiß. Vor einem Vulkanschlot, über dem Geier kreisen, bleibt er stehen.
"Wir sind hier nur fünf Kilometer von der Grenze nach Nigeria entfernt."
Als die Araber kamen, um unsere Vorfahren in den Mandara-Bergen zu islamisieren, kamen sie von dieser Seite aus Nigeria. Doch mit ihren Pferden schafften sie es nicht, die Berge zu erklimmen und gegen die Animisten dieser Region zu kämpfen. So sind die meisten Bewohner der zwölf Dörfer dieser Gegend Animisten geblieben.
Es ist die Heimat der Kapsiki, Anhänger eines traditionellen Geisterglaubens und Ahnenkults, die einst in den Felsen Schutz vor den kriegerischen Reiterscharen der Fulbe-Nomaden suchten. Ihre Lehmhütten schmiegen sich fast unsichtbar an karge Berghänge, wo die Kapsiki in Terrassen Hirse anbauen. Wir passieren das Gehöft eines Holzschnitzers. Figuren, Fetische und gebogene Holzinstrumente stellt er her. Danach geht es steil bergauf. Es ist sengend heiß geworden. Oben, im Schatten vereinzelter Bäume, rasten wir. Und wie ist die Aussicht?
"Grandios. Diese großen Felsentürme, diese Schlote, die sich nach obenhin entweder abgestumpft haben oder so richtig aufgereiht Spitzen präsentieren. Und die bieten sich ja auch an hier in diesem Rund: eins, zwei, drei, vier, fünf, dass man da so Kultplätze anlegt, aber keine Siedlungen. Die liegen weit ab. Und hier kommen die nur hin, um vielleicht kleine Felder zu bestellen."
" Mich erinnert es ein bisschen ans Tassili. Ah, mir gefällt es. Ich bin glücklich."
Und Charles spaziert im trockenen Gras umher und singt. Es ist ein Hochzeitslied auf Kapsi für die Auserwählte.
"Wenn in unserem Dorf ein junger Mann 20 Jahre alt ist und heiraten möchte, muss sein Vater dem Vater des Mädchens einen großen Krug Hirsebier bringen. Alle Familienmitglieder werden zusammengerufen und müssen davon trinken. Ist der Vater des Mädchens nicht einverstanden, verweigert er das Bier. Sind die Eltern des Mädchens einverstanden, muss der Vater des Jungen eine Kuh oder zehn Schafe oder Ziegen dem Vater des Mädchens geben. Mein Vater gab zehn Ziegen und fünf Schafe."
Charles sieht aus wie Mitte zwanzig, ist aber schon 37 und hat fünf Kinder. Er sei Bauer, sagt er. Sein Englisch ist ungewöhnlich. Im Norden Kameruns spricht man Französisch, die Bauern meist nur die lokale Sprache ihrer Ethnie. Wir kommen an Feldern mit roter und weißer Hirse vorbei, das Grundnahrungsmittel; an Erdnussfeldern, Maisfeldern, Süßkartoffeln, Guinea-Rosen. Auf allen Feldern arbeiten nur Frauen, ihre Kleinkinder um sie herum, oft ein Baby auf dem Rücken. Manchmal sieht man einen Mann am Rande des Feldes unter einem Baum dösen. Frauen kochen. Frauen holen Wasser. Frauen zerstampfen Hirse und Bohnen. Vor einem Gehöft aus mehreren Lehmhütten schlagen vier Frauen in bunten Kleidern gemeinsam die Körner von Maiskolben aus. Die Kapsiki leben in Polygamie.
Im Dorf Rufta begrüßt uns der Clanchef eines großen traditionellen Gehöfts. Sein Name ist Dellevoi. Er sitzt unter einem knorrigen Baobab, einem Affenbrotbaum, in dem Kuhreiher nisten. Der Chief trägt einen fleckigen ärmellosen Kittel und ein rot gemustertes Käppi. Wenn er lacht, sieht man über dem grauen Kinnbart seine stumpfen abgekauten Zähne. Tour-Guide Dabala übersetzt die Fragen. Wie alt ist er?
"Und wie viele Familienmitglieder leben hier?"
Ungefähr 20 Leute leben im Haus. Der Clanchef hat fünf Frauen, eine ist im letzten Jahr gestorben.
Über die Zahl der Kinder des Chiefs wird länger diskutiert. Man kommt auf etwa 16 Kinder. Schließlich bedankt sich der Clanchef, und wir dürfen uns auf dem Gehöft umschauen. Es ist von einer hohen Mauer umgeben. 23 runde Lehmhütten mit spitzen Strohdächern zählen wir. Es gibt eine Hütte für den Clanchef, eine Hütte für die ganze Familie, Hütten für die Frauen, in der Mitte mehrere Lehmspeicher, die mit einem korbähnlichen Deckel verschlossen werden. Einer der Bewohner demonstriert, wie man von oben in die schmale runde Öffnung des Speichers hinabsteigt. Auch auf dem Dach einer offenen Versammlungshalle lagern Vorräte. Im Gehöft ist keine Frau zu sehen, sie arbeiten auf den Feldern.
Mittagspicknick in den mit Strohmatten abgedeckten Marktständen des Dorfes Gova. Einmal in der Woche ist Markttag, und den haben wir erwischt. Unser Koch Bernard hat ein schattiges Plätzchen frei gehalten und serviert uns seinen Salat inmitten des Trubels, während die vier Esel hinter den Ständen friedlich grasen. Jacques, der Gehilfe des Kochs, kommt mit einer Kalebassenschale Hirsebier, damit wir das traditionelle Getränk probieren. Es schmeckt erfrischend säuerlich.
Eine Schale Bier kostet 100 CFA-Francs - umgerechnet 15 Cent. Die Bierverkäuferin - ein Kind auf dem Rücken, zwei Kinder am Rockzipfel - schöpft es aus einem großen Plastikeimer. Hinter ihr wird in der sengenden Sonne Fleisch gebraten. Jacques führt mich herum.
"Das ist ein traditionelles Restaurant unter freiem Himmel. Die Leute bieten Fleisch an, Ziegenfleisch. Der Mindestpreis ist 200 Francs - etwa 30 Cent."
Ein Treffpunkt vor allem ist dieser Marktstand. Es wird gegessen, getrunken, geschwatzt, gehandelt. Auch der Dorfchef von Gova ist da. Sein Name ist Biba Karé. Jacques übersetzt.
"Ich bin 70 Jahre alt und habe fünf Söhne und sechs Töchter. Fünf Töchter sind im Dorf verheiratet, eine Tochter ist noch im Haus. Vier Frauen habe ich. Alle meine Frauen arbeiten auf dem Feld."
"Hat er auch eine Arbeit? - Ja, ich bin Händler, ich verkaufe Zwiebeln in der Stadt Garoua."
Natürlich will er ein "Cadeau"- zwei Kugelschreiber für seine Söhne. In der brütenden Nachmittagshitze geht es weiter. Einen steilen, gerölligen Pfad hinauf und auf rutschigem, trockenen Gras wieder hinunter. Dann an einem Bach entlang. Jacques trägt jetzt meinen Rucksack. Ich frage ihn, wie viele Geschwister er hat. Siebzehn, antwortet er. Auch sein Vater, ein Bauer, hat vier Frauen. Jacques, 27, ist der drittälteste Sohn. Er hat seinen Bachelor in Tiermedizin gemacht, aber keine Arbeit gefunden. Nun jobbt er für die Touristik-Agentur von Dabala. Unterwegs versucht Jacques, englische Wörter zu lernen und schleppt ein enorm dickes Lexikon mit sich herum. Ist er verheiratet? Noch nicht, sagt er, aber seine Freundin und er haben schon ein Baby.
Plötzlich stockt die Gruppe vor uns. Einer der Träger hat auf dem Pfad die gefährlichste Giftschlange Afrikas entdeckt, eine Schwarze Mamba. Er hat sie mit dem Stock erschlagen. Beklommen betrachten wir das tote Schuppentier. Seine Haut ist gar nicht schwarz, sondern grau.
Die Sonne steht schon tief, als wir die Katholische Mission Saint Paul de Hila am Rande eines Dorfes erreichen. Auf dem kleinen Vorplatz werden dicht beieinander unsere Zelte aufgeschlagen. Jeder erhält eine Schale Wasser. Während der Abendtoilette strömt das halbe Dorf zusammen und schaut den Fremden beim Waschen, Zähneputzen und Umkleiden zu, als wär's eine spannende Filmvorführung.
Kurz nach sechs bricht abrupt die Dunkelheit herein. Mit unseren Stirnlampen sitzen wir am Klapptisch, löffeln Bernards Suppe und danach Spaghetti mit einer leckeren Fleisch-Gemüse-Soße. Dabala hat zwei Nachtwächter engagiert: Der eine im löchrigen Sweatshirt hat seine gestreifte Pudelmütze tief ins Gesicht gezogen; der andere ist in einen Kapuzenumhang gehüllt. Nachts wird im Chor geschnarcht.
Es ist fünf Uhr und noch dunkel. Beim Frühstück kurz nach Sonnenaufgang kommen wieder Scharen von Kindern und Jugendlichen herbeigelaufen.
" Wenn wir fertig sind, marschieren wir auch los."
Am dritten Trekkingtag gegen Mittag erreichen wir das Gehöft des Gelbgießers von Amsa. Sein Name ist Sini Koda.
"Meine Familie kam vor 100 Jahren aus Nigeria nach Amsa in Kamerun. Wir arbeiten anders als Gelbgießer sonst in Afrika. Bei uns dürfen auch Frauen dieses Handwerk ausüben. Ich habe zwei Frauen und acht Kinder. Ich bin 55 Jahre alt, meine Frauen sind 40 und 35 und gerade mit der Ernte beschäftigt."
Der Gelbgießer trägt ein elfenbeinfarbenes Gewand, bestickt mit gelben Streifen und Symbolen, und eine beige-braune Zipfelmütze. In einer langen komplizierten Prozedur, der sogenannten "verlorenen Form", fertigt er eine Glocke aus Bronze. Er hockt am Boden, ummantelt ein Modell aus Bienenwachs mit einer Lehmschicht und erhitzt die Form überm offenen Feuer.
"Das Bienenwachs wird ausgeschmolzen. Anschließend wird flüssiges Metall in die Form gegossen."
Ein paar Gehminuten vom Hof entfernt hat der Gelbgießer seinen Schmelzofen gebaut, ebenerdig, aus Steinbrocken und Lehm.
Glühende Holzkohle und Stroh schüttet er in den Ofen, und mit zwei Blasebälgen aus Ziegenleder, die er mit den Füßen bedient, entfacht er die Glut. Es klingt wie das rhythmische Schlagen einer Trommel. Und tatsächlich fängt Jacques zu singen an, immer lauter, und dann tanzt er auch. So sei es im Dorf Tradition, sagt er.
Bei unserm letzten Trekking-Picknick unter einem Tamarindenbaum rennen von irgendwoher über 50 Kinder herbei, viele in zu großen Altkleider-Sweatshirts aus Europa. Hungrig machen sie sich über unsere Essensreste her. Dabala zelebriert eine Schulstunde. Wie heißt der Präsident von Kamerun? -Paul Biya. - Wie heißt unser größter Fußballspieler? - Sami Eto'o Fils. - Wer kennt unsere Nationalhymne? Und die Kinder schmettern los.
Dabala will den Kindern vermitteln, wie wichtig es sei zu lernen. Auch er ist Kapsiki, in den Mandarabergen geboren und aufgewachsen mit neun Geschwistern. Als Kind hatte er das Glück, von einer Schweizerin gefördert zu werden, die für ihn jahrelang Schulgeld bezahlte. Er verbrachte einige Jahre in Europa, baute eine Touristikagentur auf und hat den Ehrgeiz, eines Tages in Kameruns Parlament gewählt zu werden.
Inzwischen sind unsere drei Geländewagen eingetroffen, startbereit für die Fahrt durchs Gebirge zu entlegenen Dörfern, auf extrem schlechten Pisten.
Auf einer steinigen, steilen Strecke entlang der nigerianischen Grenze, gesäumt von der Kette der Mandaraberge, passieren wir kleine Baumwollfelder vor Lehmhüttendörfern und machen Halt auf dem Markt von Tourou.
Hier tragen viele Frauen rotbraun bemalte Kalebassen wie Sturzhelme auf dem Kopf. An den geometrischen Mustern ist der Familienstand zu erkennen. Manche schmücken sich auch mit Metallstäbchen in der Nase oder Unterlippe. Sie gehören dem Volk der Goudour an, beheimatet diesseits und jenseits der Grenze zu Nigeria. Die Anwohner kreuzen die Grenze frei zu Fuß, Autopisten hinüber gibt es nicht, offenbar auch kaum Grenzposten. Auf diesem außergewöhnlichen Markt, wo Hirsebier, traditionelle Medizin, Feldfrüchte, kleine Salzpyramiden und auf offenem Feuer frittierte Köstlichkeiten angeboten werden, gilt als einzige Währung der nigerianische Naira.
Die Route über den 1100 Meter hohen Col de Koza bringt uns in das Land der Mafa in einer atemberaubenden Gebirgslandschaft. Ihre Rundhüttendörfer mit spitzen Dächern kleben an den steilen Flanken der Hänge wie steinzeitliche Festungen. Mafa Matakam, die "Unbekleideten", werden ihre Bewohner auch genannt. Die meisten sind Animisten. Wir erhalten die Erlaubnis, uns in einem dieser Gehöfte umzuschauen.
"Hier ist die Küche, in der sie auch ihr Hirsebier zubereiten. Und dort ist die Hütte des Ehemanns. Das Besondere ist, dass die Tiere hier drinnen mit den Menschen zusammenleben. Auch der Speicher ist im Haus. Und die Leute schlafen dort in der Hütte, ebenso die Tiere."
Dabala und seine Frau sind Christen. Was Dabala aber keineswegs davon abhält, weiterhin animistische Riten zu praktizieren. Sollte er für das Parlament kandidieren, erzählt er mir, brauche er ein Gris-Gris, das ihn unverletzlich macht. Die Zeremonie beginne am Tag und dauere die ganze Nacht bis zum nächsten Morgen. Der Féticheur mixt das Gris-Gris aus allen möglichen Stoffen zusammen. In der Nacht wird es ins Feuer geworfen, das von zwei Wächtern bewacht wird, jeder an einer Seite, damit das Feuer nicht ausgeht. Wenn von der Mixtur etwas übrig bleibt, ist es ein schlechtes Zeichen.
Dabala überlegt, sich dieser Zeremonie zu unterziehen. Aber dann könne er keine Kinder mehr kriegen, sagt er. Auch der Féticheur kann keine Kinder kriegen. Er will das mit seiner Frau besprechen.
Kurz vor dem Städtchen Mora in der Ebene windet sich in steilen Serpentinen eine Piste in die Mandaraberge hinauf. Abgeschottet von der Außenwelt lebt hier das Volk der Podoko, das einst vor den Fulbe-Reitern ins Gebirge floh. Wie bei den Mafa schmiegen sich ihre Lehmhütten mit noch spitzeren Strohdächern an die Hänge, wo auf handtuchschmalen Terrassen Hirse angebaut wird. Auf einem Berg in 800 Meter Höhe thront das Dorf Oudjilla, der Sitz des Oberhauptes der Podoko.
Häuptling Mazougou empfängt uns mit seinen Notabeln auf einem ummauerten Platz mitten im Dorf. Er ist in ein weites prächtiges Gewand aus goldenem Brokat gehüllt, und eine Mütze mit hellblauen Streifen schmückt den kahlen Schädel des betagten, wohlgenährten Herrschers. Seine Füße sind nackt. Er spricht zu uns in Podoko, einer der Ratgeber übersetzt für Dabala.
"Er ist der einzige animistische Häuptling in ganz Kamerun. Sein Volk zählt 18.000 Menschen, und er entscheidet über sie, was er will. Er hat 50 Frauen und 112 Kinder."
Durch einen schmalen Gang betreten wir den von hundertjährigen Lehmmauern umschlossenen Palast - ein riesiges, sehr eng und verwinkelt bebautes Gehöft mit unzähligen Rundhütten.
"Also hier wird - mit andern Worten - Rat gehalten und zu Gericht gesessen."
In eng beieinander stehenden Hütten leben sechs bis acht Ehefrauen des Häuptlings. Jede hat vier Hütten: eine zum Kochen, eine zum Schlafen und zwei Speicher. Die anderen Frauen des Chiefs wohnen außerhalb des Palastes. Auf abgewetzten Stufen geht es hinunter in einen dunklen engen Gang.
" Hier in diesem Bereich ist der heilige Ochse eingesperrt, der im April zum höchsten Feiertag der Pódoko geschlachtet wird."
Aus einer finsteren Koje streckt der Ochse seinen weißen Kopf heraus, als ihm Dabala ein bisschen Heu vors Maul hält.
"Es sind zwei Ochsen, die immer hier drinnen bleiben, weil sie heilig sind. Nach zwei Jahren wird ein Ochse geschlachtet. Dann müssen 18.000 Leute von seinem Fleisch essen."
"Bleibt da immer in der Dunkelheit. Wie grausam!"
Durch den verschachtelten Palast führen Treppen zu einem höher gelegenen stockdunklen Raum, in dem der Vater des Häuptlings begraben wurde. So sieht es der Ahnenkult vor. Nebenan der Gebetsraum und eine Ecke mit fünfzehn verschieden großen Terrakottakrügen, die die verstorbenen Chiefs der Podoko symbolisieren. Beim Aprilfest sind sie mit Hirsebier gefüllt, und die Dorfbewohner werden eingeladen, daraus zu trinken.
Dann geleitet uns der Ratgeber des Häuptlings aus dem Labyrinth des Palastes hinaus und verabschiedet sich höflich. Wir steigen in die Geländewagen und rumpeln im Schritttempo auf den Haarnadelkurven wieder hinunter, vorbei an hohen spitzen Strohdächern, die dunkel gegen den Himmel stehen wie die Hüte von Zauberern in einer archaischen Welt.