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Bezahlkarten in Fußballstadien
Verbraucherschützer wollen gegen Bundesligavereine vorgehen

Seit Jahren gibt es unter deutschen Fußball-Fans ein großes Diskussionsthema: Das Bezahlen von Essen und Getränken im Stadion. In einigen Bundesligastadien ist dies nur mit einer Bezahlkarte, einer Plastik-Prepaidkarte, möglich – unter teils dubiosen Nutzungsbedingungen. Jetzt schlagen Verbraucherschützer Alarm.

Von Sebastian Krause | 17.11.2016
    In der Bundesliga haben von den 18 Mannschaften allein zwölf ein bargeldloses Bezahlsystem. Die Begründung: Durch die Plastik-Bezahlkarten gehe der Kauf von Essen und Trinken schneller und es sei hygienischer als Bargeld. Nach Angaben der Vereine konnten dadurch die Umsätze beim Stadion-Catering zum Teil um bis zu 25 Prozent gesteigert werden. Doch bei den Fans sind die Bezahlkarten umstritten.
    "Für eine Heim-Mannschaft, wenn man öfter hingeht, ist es total in Ordnung, auch in Ordnung wenn zum Schluss noch Restgeld drauf ist, aber für Gäste ist es immer blöd", sagt ein Fan. Andere meinen:
    "Zu kompliziert, bei den ganzen Tausend Menschen, die Karte danach wieder zurückgeben."
    " Ja, ja, bleibt immer ein bisschen was auf der Karte geh, kann man auch anders machen. Aber dass da ein Geschäftsmodell dahinter steht, das ist ja auch klar."
    Verbraucherzentralen wollen rechtlich gegen Vereine vorgehen
    Jetzt gibt es erstmals rechtliche Schritte gegen die Abzocke. Auslöser ist ein Undercover-Test der ARD-Radio-Recherche Sport. Das Recherche-Team hat gemeinsam mit Verbraucherschützern die bargeldlosen Bezahlsysteme in mehreren Bundesligastadien getestet. Die Ergebnisse waren zum Teil so negativ und fanunfreundlich, dass die Verbraucherzentralen jetzt gegen die Betreiber in den Arenen in München, Schalke und Augsburg mit Abmahnungen rechtlich vorgehen wollen. Sie wollen unter anderem verbieten lassen, für die Rücküberweisung von Kartenguthaben Gebühren zu verlangen.
    "Meines Erachtens ist es sowohl unrechtmäßig, dass drei Euro Gebühr verlangt werden, weil es eben eine Pflicht des Vereins ist, das Geld auszubezahlen", kritisiert Thomas Bradler von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen die Regelungen beim FC Schalke 04. "Wenn der Kunde das möchte, kann ich keine Gebühr dafür verlangen. Zum anderen ist es unrechtmäßig, dass das Geld eineinhalb Jahre später erst ausgezahlt wird. Es ist eine Zahlungsfrist bis zum 1. Juli des kommenden Jahres vereinbart, also wer Pech hat, muss ungefähr eineinhalb Jahre auf sein Geld warten."
    "Verbraucher wird systematisch Geld aus der Tasche gezogen"
    Auch die Verbraucherschützer in Hessen prüfen rechtliche Schritte gegen den Betreiber des Bezahlsystems in Frankfurt: lange Warteschlange, zu wenig Personal und zu wenig Rückgabestationen, um das Restguthaben nach dem Spiel wieder zu bekommen. Peter Lassek von der Verbraucherzentrale Hessen findet nach seinem Test klare Worte.
    "Natürlich sieht es so aus, als würde ein System dahinter stecken. Auch mit den ungerade Preisen", sagt Lassek. "Ich muss sie mindestens mit 10 Euro aufladen und dann geht es weiter in Fünfer-Schritten. Sehr glatte Beträge. Die Getränkepreise und Essenspreise sind hingegen sehr krumm. Da kostet die Wurst dann 3,90 Euro, das Getränk 4,30 Euro, so dass immer eine gewisse Differenz auf der Karte zurückbleibt. Ich nehme die mit nach Hause, lege sie in die Schublade, vergesse sie vielleicht, irgendwann ist sie nicht mehr gültig, oder der Betrag ist verjährt. Und dann sind dann die sogenannten Schlummergroschen. Auf die Art wird dem Verbraucher systematisch das Geld aus der Tasche gezogen."
    Verweise weisen Kritik zurück
    Damit konfrontiert kündigt die Betreiber-Firma des Bezahlsystems in Frankfurt an, den aufgeführten Missständen sofort entgegenzuwirken. Die Betreiber-Firmen des FC Bayern, von Schalke 04 und in Augsburg weisen die Kritikpunkte zurück.
    Auch die bargeldlosen Bezahlsysteme in Dortmund und dem Berliner Olympiastadion sind laut den Verbraucherschützern nicht hundertprozentig fair und in Ordnung. Sie werden aber nicht abgemahnt, weil dort inzwischen auch wieder Barzahlen möglich ist.
    Insgesamt fünf Vereine haben wegen der Unzufriedenheit der Fans nämlich ihre Bezahlsysteme schon wieder umgestellt. Sie bieten ihren Zuschauer unter anderem auch die Möglichkeit, mit dem Geldkartenchip der eigenen EC-Karte zu zahlen, wie in Leverkusen, Köln, Mainz, Bremen, Ingolstadt und Wolfsburg. Hoffenheim hat seine Plastik-Bezahlkarten sogar ganz eingestampft. Dort heißt es wieder: Bares ist Wahres.